Zwischen schwarz und weiß
Zwischen Gehen und Bleiben. Zwischen Glück und Pech. Zwischen Herz und Verstand. Zwischen Stolz und Faulheit. Zwischen Falling Slowly und Sunny Day.
Ich hatte eine Pechsträhne vom Feinsten.
Hatte dermaßen die Nase voll, dass ich schon ernsthaft übers Abbrechen nachgedacht habe, ich hab Zugpreise gecheckt nach Berlin und nach Wien. Im Moment geht’s wieder besser. Aber so läuft das hier eben auch seit Jahresanfang – gut, schlecht, gut, schlecht... Wobei ich oft den Eindruck habe, dass man sich an gute Dinge festkrallen muss und ganz sparsam so lange wie möglich davon zehren.
Für meine Arbeit kann ich eh keine große Motivation mehr aufbringen, da kamen die 6 Tage Südfrankreich mal wieder ganz recht. Das Halbzeitseminar (für mich kommt es verspätet, ja) auf einer Halbinsel in der Nähe von Montpellier war abgesehen von den fiesen Einmischungen meiner Pechsträhne einfach unglaublich unglaublich!
Die große Ferienanlage lag, wie wir sehr schnell feststellten, DIREKT neben dem (Sandsandsand-)Strand und wir hatten Dreierzimmer zu zweit, mit Bad komplett dran und einem großen Balkon! Die Sonne strahlte auch vom Himmel und so gings erstmal direkt schnell runter ans Meer und ab ins Wasser! Zu gut um wahr zu sein.
Beim Abendessen gings dann aber los: Ich will meine Tasche ein bisschen näher zu mir ran ziehen, zieh zu dolle und Claudi meint noch: „Denk an die Weinflasche“! … Und schon ertrinkt alles in meiner Tasche im Wein. Schlüssel, Portmonnaie, beide Handy, Kamera, …
Es folgten elende Minuten, zwischen Bangen und Hoffen, dass alles noch funktionieren möge und den Boden saubermachen, Glassplitter einsammelt, eine Tüte für meine triefende Tasche besorgen... Bestandsaufnahme später: Nach Wein stinken tat eh alles. Meinem alten Handy ging es super (wie immer!), meine Kamera informierte mich immerhin mit einem Störgeräusch, dass sie nicht mehr ging und mein Smartphone tat keinen Mucks mehr.
Unabhängig davon waren die Seminartage eine supergute Zeit, gutes Essen, eine tolle Gruppe, genug Freizeit für eine kurze Abkühlung im Meer und laue Sommerabende am Strand, mit Gitarre und vielen europäischen Geschichten.... Sehr schön auch am letzten Tag, „Auswertung“ am Strand, als wir entdeckten, dass trashige Lieder aus den 90ern praktisch überall in Europa bekannt sind. Und dass es wirklich viele davon gibt. Und noch erschreckender, dass man wirklich viele Texte kennt! Doch leider ging auch dieses Seminar wieder zu Ende...
Für den Restsamstag, Sonntag und Montagmorgen fuhr ich mit Claudi noch nach Montpellier. Meine Austauschschülerin vom letzten Frankreichaustausch studiert dort, holte uns also vom Bahnhof ab, wir gingen was essen und was trinken und erhielten dann die Schlüssel zu ihrer (total schicken und mitten im Zentrum gelegenen) Wohnung, während sie für die Woche zu ihren Eltern fuhr!
Der Sonntag wurde dann wirklich perfekt... Morgens aufwachen, das Bett neben dir leer, ein Zettel von Claudi, dass sie Frühstück holen ist. Barfuß durch die sonnenbeschienene Wohnung tapsen, Tisch decken, dann saftige Melone und sonnenwarme Aprikosen zu Croissants und pain au chocolat... Und dann in den Bus und ab an den Strand! Endlich mal für den ganzen Tag...
Resumé im Zug nach Hause: Montpellier ist nach Strasbourg unsere zweitliebste Stadt in Frankreich. Neben dem guten Wetter ist die Stadt echt schön und vor allem wirkt sie sauberer als gewisse andere Städte, sie strahlt irgendwie... :) Und es gibt echt viele junge Leute. Gefühlt mehr als in Nancy, der ja angeblich fünftgrößten Studentenstadt hier.
Tja, und zu Hause folgte dann die Ernüchterung: Mein nigelnagesneues 250€-Handy ist kaputt, meine Kamera ebenso, meine neuen Lieblingsjeans sind zerrissen (eine leidenschaftliche Partie Strand-Völkerball am letzten Seminarabend), mein Internetstick funktioniert aus einem mysteriösen Grund auch nicht mehr, die Kinder können dich immernoch in den Wahnsinn treiben und tun dies auch so efektiv, dass du nach einer Stunde jede Sekunde Urlaub wieder vergessen hast. Prompt folgte natürlich auch schlechtes Wetter, Regen, frühe Anrufe, dass ich heute in der Grundschule arbeiten soll (wo alles noch dreimal schlimmer wird) und das Ende meiner kleinen französischen histoire d'amour.
Und dann denkt man daran, dass von den 5 Personen vom Vorbereitungsseminar, die nach Frankreich wollten, nur noch zwei – nämlich Claudi und ich – in Frankreich weilen und noch nicht wieder verfrüht nach Hause geflüchtet sind, und dass man ja eh keine Lust, keinen Anreiz und keine Kraft hat, die Ferienbetreuung im Juli zu machen und dann überlegt man sich mal wieder... „Was mach ich eigentlich hier“? Eine nicht unbedeutende Frage, die sich wohl viele EVSler regelmäßig fragen...
Wenn man sich gerade nicht selbst in diesem Zustand befindet, fällt es schwer nachzuvollziehen, wie man einfach so „aufgeben“ wollen kann, mir fällt es gerade im Augenblick auch schwer, aber es ist eben ein großer Reiz, einfach abhauen, sich nicht mehr rumärgern, „woanders ist alles besser“...
Zudem Claudi ja für zwei Wochen nach Hause gefahren ist und auf mich noch Riesenberge von Anträgen für Bafög, weitere finanzielle Unterstützung, Immatrikulationangelegenheiten und eine Wohnungssuche in einer überfüllten Studentenstadt warten...
Aber just im rechten Augenblick kickt jemand vom Seminar meiner Motivation in den Arsch, ein smarter SFR (praktisch Telekom) -Boy findet nach 45min das Problem meines Internetsticks und das allergrößte Wunder:
MEIN HANDY KEHRT UNTER DIE LEBENDEN ZURÜCK!
Nach zwei Tagen in einer Schüssel Reis versenkt, ging es zwar immernoch nicht an, aber spaßeshalber versuchte ich es nochmal ans Ladegerät zu hängen und auf einmal... Lebenszeichen! Es bleiben ihm anscheinend kleine Macken beim Anschalten und das Datum hat er auf 1980 zurückgesetzt, aber ich habe es wieder... Das hat mich auch die horrenden Mittagsstunden mit 2 Kindern „in rot“ (sehr schlimmes Benehmen) und 3 „in orange“ (schlimmes Benehmen) vergessen lassen.
Tja.
Und ich warte wieder auf schwarz.
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