Zwischen Goethe, Schiller und Schnaps
In diesem Beitrag erzähle ich Dir von meinem unvergesslichen Einführungstraining in Weimar.
Montagmorgen, mein letzter Wecker klingelt. Nur sehr langsam öffne ich meine Augen und blicke um mich: die ersten Sonnenstrahlen, die in mein Fenster fallen, das Sofakissen, das am Boden liegt, ein gepackter Koffer. Oh, 24. Februar – erstmal wach werden.
Nach einer kalten Dusche und einer Tasse Kaffee packte ich hastig meine restlichen Sachen und lief, so schnell es mein überdimensionaler Koffer zuließ, zum Bus. Auf dem Weg dorthin fragte mich eine Angestellte, ob ich denn schon nach Hause zurückkehren würde. „Nein“, antwortete ich lächelnd, „ich fahre für 10 Tage nach Weimar, zum Einführungstraining.“
Die Zugfahrt war sehr entspannt. Ich verbrachte sie mit einer jungen Frau, die ich am Gleis kennen lernte. Sie war auch auf dem Weg zu einem Seminar in Weimar. Ihren Worten konnte ich aber kaum lauschen, weil mich die vorbeiziehende Landschaft zu sehr mitriss. Die weiten Felder, die vereinzelten Häuser, die ersten blühenden Blumen. Magisch.
Nächste Haltestelle: EJBW. Ich muss raus. Ich sehe ein großes Netzwerk von Häusern. Wo muss ich hin?
Ehe ich mich versah, befand ich mich in einem großen Seminarraum, in einem Kreis mit 17 anderen Freiwilligen, aus 12 Ländern. Verrückt. Die Atmosphäre war angespannt, dennoch beobachteten wir einander sehr interessiert. Ich blickte in viele Gesichter, alle zeigten mir dasselbe: ehrliche Freude. Ich lächelte. 10 Tage Weimar – ich bin bereit.
Rückblickend muss ich zweifellos sagen: Das waren wirklich 10 der schönsten Tage meines Lebens. Selten sind mir so warmherzige, intelligente, offene Menschen begegnet, selten teilte ich so wundervolle Momente wie diese. Ich könnte so viele Anekdoten teilen. Die vielen Nachtspaziergänge im Goethepark, der Ausflug ins KZ Buchenwald und nach Erfurt, die Nächte in der Disco, die Niederlagen im Airhockey und im Tischfußball. Unvergessliche Erinnerungen. Die magischsten Augenblicke waren jedoch die der tiefgründigen, ehrlichen Gespräche. Ich werde nie vergessen, wie Tschutschu’s (liebevoller Spitzname) Augen leuchteten, als er von seiner Heimat sprach. Wie ich in einer kalten Nacht mit Cedric übers Reisen philosophierte, wie der wundervolle Orhan mein „Abi“ wurde, wie verstanden ich mich mit Blaga fühlte, deren wundervolle Seele mich schmelzen lässt, welche Verbundenheit mich Senni empfinden ließ, als wir von Bärten und Indie Konzerten schwärmten.
Ich versuchte all die positiven Gefühle, die mich durchströmten, tief in mich aufzusaugen und mitzunehmen. Dennoch gelang es mir auch so oft im Moment zu leben. Natürlich verstrichen die Tage wie im Flug – die Zeit ist gegen die Genießenden. Der Abschied fiel erschreckend schwer. Wir mussten die kleine, heile, vollkommene Welt, die wir uns hier aufgebaut hatten, wieder verlassen. Natürlich planten wir baldige Wiedersehen, die nie stattfinden werden, um uns zu trösten. Doch der Gedanke wie viel ich hier gewonnen habe, wie viel ich für mich mitnehmen kann, ließ mich all das verkraften. Ich bin unendlich dankbar.