Zum Glück zurück
Johannson hat Glück: Sein Fahrrad ist wieder aufgetaucht und er war für ein paar Tage in Torun. Dabei stellt er fest, dass die Liebe, die ihn mit der Stadt verbindet, nicht erloschen ist.
1. On the Road again
Ich hatte mich ja von Anfang an gewundert, wie man bei Tageslicht und an einem Busbahnhof voller Menschen ein Fahrradschloss durchschneiden kann. Außer natürlich niemand denkt sich etwas dabei... weil man eine Uniform trägt. Die in Lodz kaum existenten Gebrauchtangebote ließen mich dann nach diesem letzten Strohhalm greifen, und ich fragte auf dem Bahnhof noch mal, ob das Gelände vielleicht unter Überwachung steht. Und tatsächlich, diesmal wusste die Schalterdame sofort Bescheid. Die Sicherheit hatte es abgeschnitten, und nun stand es neben ihrem Büro in der nahen Postfiliale. Zum Glück hatte ich noch den Schlüssel um meinen Besitz zu beweisen, dann hatte ich es endlich wieder. Gott sei Dank, denn zwei Tage im Stau mit den Öffentlichen hatten mir bereits Amokfantasien gegeben.
2. Kampf der Kulturen
Früher waren Döner eine deutsche oder eine türkische Angelegenheit. In Polen waren sie selten, und wenn dann ungenießbar. Heute ist an jeder Ecke ein Kebab und inzwischen kann man da sogar essen. Trotzdem verdrängen sie meine traditionellen Zapiekankas, Pizza-Baguettes. Gar nicht schön.
3. Alte Liebe
Am Wochenende war ich wieder in Torun. Einmal ohne Druck, alles und jeden sehen zu wollen. Einmal, nur um mit Freunden zu quatschen, einige entspannte Tage zu verbringen, die Stadt zu genießen. Denn endlich weiß ich, dass ich nicht frühestens in einem halben Jahr wieder kommen werde.
Geschlafen habe ich wieder in meinem alten Zimmer bei Ewa. Der habe ich erstmal den Flur unter Wasser gesetzt, weil ich die Eigenheiten der Waschmaschine vergessen hatte... wirklich zu lange nicht mehr da. Ich besuchte wieder das Kopernikus Haus, zurzeit gibt es eine Ausstellung zu seinem "De revolutionibus...". Kopernikus war schon ein verdammt cooler Typ. Aber eben auch aus Torun.
Ewa bewies mir wie immer meine völlige moralische Korruption, Hedonismus und Komplexbeladenheit und dann sind wir endlich wieder ins Kino gegangen. Abends stieß Ewa Glodowska im Zentrum zu uns. Was man nicht alles machen kann. Sieht man die Kneipen, blutet einem das Herz. Lodz ist in der Hinsicht wirklich ok, aber wenn Toruns Altstadt orange leuchtet über der schwarzen Weichsel... Zapiekankas für drei Zloty, ein Bier für vier. Ich laufe durch die Straßen mit einem debilen Lächeln wie frisch verliebt. Denn es stimmt einfach alles. Die richtigen Kneipen, die richtigen Leute, die richtige Atmosphäre, die richtigen Konzerte und Ausstellungen an den Litfasssäulen. So einfach ist das gar nicht mit der Entspanntheit. Steht man erstmal vor den Kneipen kriegt man doch wieder diesen Drang, überall auf einmal rein zu wollen, und denkt, dass jeder Tag, den man nicht hier ist, verloren ist. In Torun gibt es kaum Kebabs.
Nachts schlief ich wieder auf meinem alten Sofabett ein und dachte, eigentlich muss man wieder hier leben.
Sonntag ging ich mit Ewa in die Kirche und wir besuchten alte Bekannte, die inzwischen verheiratet und Eltern sind. Einfach nur ein wunderschöner, entspannter Novembersonntag, mit warmen Brötchen am Morgen und Nudeln nachmittags, während draußen der Sturm die Bäume vor dem Balkon beugte. Torun, die Stadt, meine alte Wohnung, die Gesichter... egal wie nah ich wohne und wie oft ich hinfahren kann, wenn der Zug zurück sich in Bewegung setzt, ist man doch wieder traurig.
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