Zehn Monate auf Reisen – Ein Rückblick
Zehn Monate Schottland, was sollte das nur werden? Ich hatte gerade mal das Abitur bestanden und die Frage, gleich weiter zu studieren, war gar nicht erst diskussionswürdig. Doch gleich ZEHN Monate soweit weg und ohne alles und mit 18 Jahren schon auf eigenen Beinen stehen? JA!
Zehn Monate Schottland, was sollte das nur werden? Ich hatte gerade mal das Abitur bestanden und die Frage, gleich weiter zu studieren, war gar nicht erst diskussionswürdig. Doch gleich ZEHN Monate soweit weg und ohne alles und mit 18 Jahren schon auf eigenen Beinen stehen? JA!
Genau dafür war der Europäische Freiwilligendienst (EVS) der beste Rahmen, den ich hätte finden können. Mit der Unterstützung meiner Entsende-Organisation sowie der Aufnahmeorganisation im Gastland und der EU gab es für mich als Freiwilligen nur noch ein Rest-Risiko, dessen man sich in meinem Alter wahrscheinlich einfach noch nicht scheut -jedenfalls noch nicht bei den Vorbereitungen des Ganzen.
Bei der Ankunft im Gastland bemerkte ich dann doch, wie ich die ersten Wochen verstärkt gegen das Gefühl der Sehnsucht nach dem Vertrauten in der Heimat anzukämpfen hatte. Jeder Brief von daheim war fast eine Qual, weil er alles wieder neu in mir aufrührte, mir aber dadurch ermöglichte, mich selbst besser kennen zu lernen. Ebenso hilfreich, wenn nicht gar hilfreicher noch als ZEIT, war die Unterstützung der anderen Freiwilligen, welche Gedanken und Gefühle teilten und den Anfang enorm erleichterten.
Der Job war zu Beginn nicht wirklich das, was ich mir vorgestellt hatte. Verständigungsprobleme machten die Arbeit zur doppelten Herausforderung, befand ich mich doch in einem Shop, in dem ich tagtäglich das Gespräch mit Kunden, Mitarbeitern und Personen am Telefon zu suchen hatte. Auch hier war es sehr unterstützend, dem abendlichen Gespräch in unserer Sechs-Leuten-WG sicher zu sein, in dem sich über die Erlebnisse des Tages ausgetauscht und Mut zugesprochen wurde.
Probleme, die man als Freiwilliger in so einer Großstadt wie Edinburgh hat, sind wahrscheinlich fast offensichtlich: Durch die Größe wird alles reichlich anonym, man ist eben einer unter Vielen und ohne feste Bezugsnetze kommt man sich da schon mal recht alleine vor.
Eben darum bewies es sich immer und immer wieder, dass das Leben in einer Freiwilligen-WG das Passendste für mich war, da es das gegenseitige Verständnis, sowie den Enthusiasmus für das Projekt fördert und fordert.
Die Arbeit an sich füllte mich - nachdem ich mich langsam in die sprachlichen Gegebenheiten eingefügt hatte - nicht aus. Die unterschiedliche Interpretation des Arbeitseinsatzes und seiner Richtigkeit bzw. Angemessenheit störte das persönliche Verhältnis mit meiner Managerin, was sich zwischenzeitlich als sehr schwierig für mich und meine Mitbewohnerin herausstellte, die mit mir arbeitete.
Jene Probleme im Arbeitsalltag sprach ich bei dem von meiner Aufnahmeorganisation „TimeForGod“ vorgesehenen, zweimaligen Treffen mit meiner persönlichen Betreuerin an, die mir zwar verbale Hilfestellung, jedoch keine wirkliche Problemlösung erteilen konnte. Dafür empfand ich die kurz nach Weihnachten stattfindende Konferenz mit dem Thema „Drama“ als äußerst hilfreich, hatte sie den gegenseitigen Austausch über Erfahrungen mit anderen Freiwilligen im Programm, was nicht nur Trost, sondern auch Reflexion brachte und ich mit neuer Motivation zurück nach Edinburgh fuhr.
Meine in Edinburgh ansässige Organisation, „Bethany Christian Trust“ beschäftigt sich mit Obdachlosen und Drogenabhängigen. Die in Edinburgh verteilten Shops, in denen wir Freiwilligen arbeiteten, waren wichtige Finanzierungshilfen für die von Bethany ausgerichteten sozialen Programme. Von jener Organisation wurde dann gleich nach der Konferenz ein persönliches Gespräch mit den Managern eingeleitet, bei dem es hauptsächlich darum ging, aufgetretene Probleme aufzuzeigen, zu analysieren und in Folge dessen beheben zu können.
Eben dieses Gespräch war es auch, das das einzige und dennoch im Arbeitsalltag schwerwiegende Problem zwischen mir und meiner Managerin löste, da wir feststellten, wie gleich unsere Einschätzungen meiner Arbeit im Projekt waren und welche Ansprüche ich in der weiteren Arbeit gerne noch realisiert hätte.
Die Arbeit mit gelegentlichen Einblicken in die sozialen Hintergründe der Organisation war somit sehr angenehm und reichte sogar zu dem Gedanken, länger in Edinburgh zu bleiben und in der Organisation auf Assistent-Manager- Position aufzusteigen, nachdem ich das Angebot bekam.
Der kulturelle Teil meines Jahres in Edinburgh war sehr vielseitig, allein von unserer Organisation wurden Weihnachtsfeiern organisiert, schottland-typische „Ceilidhs“ veranstaltet und Angebote in mehrere andere kulturellen Richtungen, wie auch Kirche angeboten, wobei ebenso die Stadt wie auch Umland Edinburghs alle kulturellen und jugendlichen Bedürfnisse zu befriedigen imstande waren.
Durch weitere Aktionen unserer Organisation, wie das Geschenke-Einpacken zu Weihnachten aus Spendenzwecken, oder der freiwillige „Sleep-out“, eine Nacht auf den Straßen Edinburghs, an dem man freiwillig teilnehmen oder helfen konnte, wurde die Zeit im fremden Land bestmöglich genutzt und mit der Teilnahme an den Konferenzen auch der Kontakt zu anderen Freiwilligen weitaus stabil gehalten.
Im Gesamtresultat hat mir lediglich der soziale Aspekt bei der Arbeit im Allgemeinen etwas gefehlt, wurde jedoch durch die Erfahrungsvielfalt während der gesamten Dauer meines Aufenthaltes eher in den Hintergrund gedrängt und ich ging schließlich aus dieser Zeit mit einer Menge an neuen Erfahrungen, Kenntnissen sowie Kontakten und bin mir sicher: Ich kehre wieder dorthin zurück!!!
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