„Wollen wir tanzen, Liebling?“
Über die Effektivität mancher Sprachlehrbücher ließe sich gar trefflich streiten, doch Julika nimmt’s mit Humor. Denn es kann manchmal äußerst nützlich sein, zumindest so zu tun, als verstünde man nichts…
Ja, ich mache Fortschritte, was meine Polnisch-Kenntnisse betrifft. "Polnisch in vier Wochen" heißt der viel versprechende Titel des Buches, das mir die ersten Tage beim Nachbarn erleichtern soll. Allerdings zweifle ich noch stark an der Nützlichkeit eines manches Satzes. Eine kleine Kostprobe: "To co, kochanie, zatanczymy?" - "Na, Schatz, wollen wir tanzen?" "Czyj to parasol?" - "Wessen Regenschirm ist das?" "Czy to jest notes?" - "Ist das ein Notizbuch?" Aber gut, ich sollte mich wahrscheinlich gedulden, immerhin liegen noch 26 (!) Lektionen vor mir.
Hinter mir liegen eine Woche Prag (eine der schönsten Städte, die ich bis jetzt erleben durfte!) und drei Wochen Frankreich. Auch wenn ich in Paris mehr Japaner, Chinesen und Amerikaner getroffen habe als echte Franzosen...
Aber ich war ja auch offiziell nicht zum Vergnügen da, sondern um einen Bericht über die Situation der jugendlichen Immigranten in den französischen Vororten zu schreiben. Das stellte sich jedoch schwieriger als erwartet heraus. Der Grund: Ich war allein unterwegs, bin weiblich und blond. Also hatte ich mir innerhalb kürzester Zeit eine (fast) unschlagbare Strategie zurecht gelegt: Ich erklärte meinen Interview-Partner einfach, ich sei verlobt. Das hat sie irgendwann dann leider auch nicht mehr beeindruckt. Bis mir dann alles zu blöd wurde und ich es aufgegeben habe, junge Immigranten interviewen zu wollen. Weil man allerdings auch auf der Straße nicht vor dreisten Anmachen verschont bleibt, behauptete ich einfach, ich würde weder Französisch noch Englisch sprechen und damit hatte ich dann meine Ruhe.
Die nächsten Tage heißt es jetzt für mich von einem Arzt zum anderen zu jagen, um auch perfekt organisiert auf die bisher größte Reise meines Lebens zu gehen. Groß im Sinne von "lang", denn wirklich weit weg fahre ich nicht. Nach Gdingen (Gdynia) wird es für mich gehen, eine – wie ich gehört habe – relativ hässliche Stadt in der Nähe von Danzig. Hässlich deshalb, weil sie keine alte Stadt ist, sondern innerhalb kürzester Zeit hochgezogen wurde. Aber sie liegt am Wasser! In der Danziger Bucht, genauer gesagt. Und Danzig ist auch nicht weit! Ich freue mich auf Gdingen. Und natürlich auf mein Projekt und die Kinder, mit denen ich arbeiten werde.
Mitte September geht’s los, vorher steht ein Ausreiseseminar in Wustrow an.