Wochenendausflug
In Estland wird es langsam richtig eisig und JuliBi muss sich seelisch wie physisch auf wahrhaft arktische Temperaturen einstellen. An ihrem freien Wochenende war sie in der Gegend unterwegs und hat dabei einiges über die Ausmaße von Bibern und die Zuverlässigkeit von wasserdichten Schuhen erfahren.
Hey, here I go again. Während ich bei meinem letzten Eintrag, als ich in Tallinn war, Gebrauch vom wireless Internet machte, dass in Estland so verbreitet ist wie die "Bild" in Deutschland, sitze ich nun im kleinen Imastu.
Da haben wir einen, nennen wir es mal "internet room" - cool, was? Ja, im wahrsten Sinne des Wortes - total kalt. Die Esten haben nämlich ganz allgemein gesagt ein verdammt großes Fensterproblem. Es gibt riiiesige Fenster, was man ihnen bei der schönen Landschaft ja auch nicht verübeln kann; jedoch haben diese dann überall irgendwelche Ritzen und Spalten, so dass der grausige Nordwind mit Freude in die Zimmer pfeift... bibber, bibber. Aber ich habe mir mittlerweile eine der tollen energieverschwendenden Elektroheizungen für mein Zimmer besorgt :-)
Um mal eben bei der hiesigen Temperatur zu bleiben: Seit drei Tagen haben wir wieder Schnee. Ich wage sogar die Behauptung aufzustellen, dass wir diesen Schnee nun bis März nicht mehr loswerden und quasi der Winter eingeläutet wurde. Bin ja echt mal gespannt wie das wird, -30 Grad Celsius. So die Prognose für diesen Winter! Das liegt offen gestanden jenseits meiner Vorstellungskraft.
Die zu erwartende Dunkelheit kann ich mir nach dem heutigen Tag bestens vorstellen. Obwohl ich mir ein "Nichts-tu-Wochenende" in Imastu (wo man eh nur nichts tun kann...) vorgenommen hatte, landete ich im größten Nationalpark Estlands: Lahema. Wie's kam? Imastu Koolkodu hat die beste und netteste Physiotherapeutin der Welt. Diese hat uns (mich und die anderen Freiwilligen Marjon und Celina) nämlich ganz spontan am Mittag zu eben jenem Trip eingeladen. Toll, toll, toll, dachte ich mir, so etwas Liebes kann man ja gar nicht ablehnen, und so machten wir vier Frauen uns zusammen mit dem Hausmeister Tõnu auf in die Natur.
Dort habe ich dann zum ersten Mal einen Biberbau gesehen. Richtig faszinierend. Biber habe ich nicht gesehen. Man kann ja nicht alles haben. Außerdem kenne ich ja das OBI-Männchen, nicht wahr? So sehen Biber aus. Aber wusstet Ihr, dass die Männchen (also die von den Bibern, nicht die vom Obi...) bis zu 80 Kilogramm schwer werden können? So viel wiegt ein hübsches Menschen-Männchen, aber doch kein Biber!
Auf diesen Schock sind wir dann weiter an die Küste gefahren - Kopf durchpusten lassen! Richtig idyllisch war's da. Und Marjon hat ihren stetigen Idealismus und Hang zum Weltverbessern mal wieder unter Beweis gestellt. Unter vollem Körpereinsatz rettete sie zwei verzweifelte Fröschchen, deren Versuch, aus dem eiskalten Meerwasser an den Strand zu gelangen, permanent scheiterte. Nun hüpfen die beiden hoffentlich glücklich bis an ihr Lebensende munter durch den warmen Waldsumpf.
Aber zurück zur Dunkelheit. Da wir an einem sehr malerischen See vorbei kamen, hielten wir gleich mal am Straßenrand, um uns diesen schönen Ort genauer anschauen zu können. Es war fünf Uhr nachmittags. Ich bin noch nie, nie, nie in meinem Leben aus einem Auto gestiegen und alles, ich betone, alles, war dunkel. Es gab keinen Mond, keine Sterne, keine hellen Wolken. Nur dunkel. Ich habe echt auf das UFO von "Akte X" gewartet, in der Hoffnung, dass Mulder und Scully schnell hinterher kämen.
Den See konnten wir folglich auch nicht sehen, so dass ich erstmal prompt hineingelaufen bin. Danke an die genialen Köpfe, die einmal GoreTex-Schuhe erfunden haben!
So viel für heute, wird langsam zu kalt hier. Außerdem kommt gleich "Robin Hood, Helden in Strumpfhosen" auf einem der zwei estnischen Fernsehsender, die wir hier empfangen können. Da Filme hier immer in der Originalsprache mit Untertitel sind, dürfen wir uns das natürlich nicht entgehen lassen, denn TV, das wir auch verstehen ist rar.