Winterimpressionen
Bei Meister ist es eiskalt: "Belfast erlebt zehn Zentimeter Schnee - alle sind super glücklich, es gibt Schneeballschlachten und Schneeengel". Und dennoch gab es große Aufregung im Städtchen...
Der Winter hat Irland derzeit ganz gut im Griff. Belfast erlebte zehn Zentimeter Schnee und da das hier schon etwas ungewöhnlich ist, sind alle super glücklich, es gibt Schneballschlachten und Schneeengel - bis allen eiskalt ist.
Wir waren jedoch gut gerüstet am Mittwoch in die Mournes losgezogen, um dann durch knöchelhohen Puderschnee zu stapfen und die weiße Pracht so richtig zu genießen. Trotzdem war die Tour eine frostige Angelegenheit, das Gesicht eingefroren, die Zehen nicht mehr spürbar, und pünktlich zur Eiseskälte ist natürlich unsere Heizung ausgefallen.
Jetzt haben wir aber wieder Öl und anstelle von drei brauche ich nur noch zwei Decken zum Schlafen.
Wir sind übrigens richtig berühmt. Vor ein paar Tagen begannen Bauarbeiter, wie berichtet, das Nachbarhaus niederzureißen. Trotz Arbeitspause (der Bagger war eingebrochen und musste wieder freigelegt werden) ist vom Gebäude nun wirklich nichts mehr übrig. Der Abriss war, wie sich herausstellte, illegal, das Haus ist von schützenzwerter Architektur und es lag keine Genehmigung vor.
Das hat den Besitzer aber wenig interessiert. Er will nämlich Appartments bauen und gut Geld verdienen und weiß ganz genau was er treibt. Auf einen Anruf hin, als ihm erzählt wurde, sein Haus wurde gerade dem Erdboden gleich gemacht antwortete er nur "ach wirklich?".
Es gab eine große Aufregung im Städtchen und in der ganzen Provinz wurde über die Nacht und Nebelaktion in den Tageszeitungen berichtet, die Nachbarn auf der anderen Seite befragt, ja, sogar ein BBC Filmteam war vor Ort und auch unser Haus war für eine oder zwei Sekunden in den sechs Uhr Nachrichten zu sehen.
Inklusive nicht abgeschmücktem Weihnachtsbaum und Winterdekoration. Die ganze Geschichte wurde auf Bildzeitungsniveau ausgeschlachtet. Von Abrissterror war die Rede, die Familie im Nachbarhaus fühlte sich "wie in Gaza" und hatte die schrecklichste Nacht ihres Lebens. Es ging weiter mit Politikergeheul und Strafandrohungen, das 110 Jahre alte Haus originalgetreu wiederzuerrichten. Uns hat keiner interviewt obwohl durch die Erschütterungen ein weiteres Stück Decke herunterkam. Wir können nur hoffen, das unser Häusle noch ein wenig durchhält.
Das Ganze ist übrigens nachzulesen unter anderem auf
http://www.downdemocrat.com/tabId/289/itemId/491/DAWN-DEMOLITION-AT-TERRACE-OF-TERROR.aspx
ansonsten einfach nach Newcastle Demolition googlen.
Im Moment sind wir am Packen, morgen fahren wir mit André in die Wicklow Mountains, einem Gebirge südlich von Dublin. Wandern, Nachtnavigieren und in den Bergen zelten (wohl im Schnee).
Bin schon ganz gespannt.
Euch allen ein mindestens genauso schönes Wochenende,
Richard