Wie Irlands Straßenverkehr funktioniert
Ein kleiner Einblick in die Verkehrsgewohnheiten der Grünen Insel ...
Man mag es kaum glauben, aber in mancher Hinsicht ist Irland anders als Deutschland und nicht nur in Hinblick auf das Wetter. Dass man das Gefühl hat, mit dem Regenschirm und der Regenkleidung geboren und verwachsen zu sein, ist ja schon normal. Umso mehr können dann wenigstens die schönen warmen Sonnenscheintage gewürdigt werden … Ansonsten wird das speziell irische Wetter eben mit der Phrase: „It's a lovely day, isn't it?“ schön geredet, was mittlerweile ebenso selbstverständlich wie der Linksverkehr und die zweispurigen Kreisverkehre zum Alltag gehört. Das ist eben Irland. Mittlerweile stellt beides für mich nicht mehr das Problem dar und im Auto zucke ich auch nicht mehr mich jedes Mal panisch im Beifahrersitz verkriechend zusammen, wenn der Fahrer nach links abbiegt und vermeintlich in den Gegenverkehr hineinfährt. Im Gegenteil, ich habe jetzt eher ein klitzekleines in Deutschland verkehrsgefährdendes Problem mit dem Rechtsverkehr. Ich hätte nicht gedacht, dass das so schnell geht … Interessant ist, dass hier lediglich eine theoretische Führerscheinprüfung lange Zeit verlangt wurde. Den praktischen Teil hat man sich selber angeeignet … Was das für ein Chaos war, kann man sich vorstellen. Doch das Auto ist hier überlebenswichtig nd darum kommen auch viele Schüler mit laut aufjaulendem Motor zur Schule gefahren. Das ist nicht verwunderlich, da die meisten auf Hinterstraßen im Nirgendwo wohnen und das Auto die einzige Chance bietet, irgendwo hin zu kommen.
So weit so gut. Was aber dem vorsichtigen Deutschen dann doch befremdlich anmutet ist, wenn sowohl Bus- als auch Autofahrer irgendwie das bemerkenswerte Kunststück fertig bringen, auf diesen engen kurvigen Straßen (und das sind hier fast alle, eng und kurvig meine ich, sogar die angeblich besser ausgebauten), also auf diesen Straßen neben der ununterbrochenen Rumrührerei mit dem Lenkrad auch noch ganz entspannt im Faradayschen Käfig Auto sitzend mit irgendjemandem erstaunlich strahlend zu telefonieren, während ich zitternder Beifahrer uns schon irgendwo in einem Straßengraben liegen bzw. an einer die Straße begrenzenden Steinmauer kleben sehe. Da wird einem doch ganz schön anders und man betrachtet die deutschen Gesetze plötzlich mit ganz anderen Augen. Doch die Unterschiede zwischen Irland und Deutschland beschränken sich ja nicht nur auf den Verkehr an sich. Man stelle sich vor, einmal gemütlich vor sich her träumend mit dem Bus die Weltreise von der West- an die Ostküste Irlands auf einer Autobahn zu unternehmen. Doch plötzlich wird der Blick schärfer, das Gehirn stutzt und braucht einen Moment, um die vom Auge empfangenen Daten auszuwerten. Die Häuser stehen erstaunlich dicht an der – wohlbemerkt – Autobahn(!) und eine extra Zufahrtsstraße gibt es nicht. Sprich, wenn der Bewohner einmal einkaufen möchte, ist die einzige Möglichkeit – richtig, auf dem Standstreifen der Autobahn zu beschleunigen und sich gemütlich in den fließenden Verkehr einzureihen. Das einzig ungünstige daran ist jedoch, dass er somit nur immer in ein und dieselbe Richtung starten kann, um Nachrichten von Geisterfahrern zu vermeiden...
Nee, Busfahren ist schon ein Erlebnis, schon deshalb, da oftmals einfach nicht die einzelnen Stationen angesagt werden. Das hat für den ungeübten Irlandreisenden nun zur Folge, ab einer gewissen Zeit unruhig auf seinem Sitz hin- und herzurutschen und verzweifelt aus dem Fenster starrend zu identifizieren, in welch beschaulicher, gleich aussehender Ortschaft man den nun gerade ist und wann der optimale Zeitpunkt zum Verlassen des Busses gekommen sei. Das macht besonders viel Spaß im Dunkeln und da die Busse hier auf bestimmten Routen auch nicht gerade sooo häufig gesichtet werden, könnte sich das Aussteigen an der falschen Station durchaus als fataler Fehler mit weitreichenden Folgen erweisen. Zudem kommt hinzu, dass die Busfahrpläne im Internet – typisch irisch eben – auch nicht gerade mit ihrer Aktualität prahlen können, sodass der arme Reisende durchaus einmal statt 10 gerne 70 Minuten sich die Beine in den Bauch stehend Erfrierungen holt oder schließlich in den benachbarten Supermarkt inmitten der Einöde flüchtet, weil es auf den Anschluss warten muss. Und da hat er noch Glück. Manchmal fährt der sehnlichst erwartete Bus nämlich erst wieder am nächsten Tag. Aber mit der in Irland erlernten Ruhe übersteht man auch solche unvorhergesehenen Herausforderungen ohne nennenswerte Aneinanderreihungen überaus ausdrucksstarker Worte mit abreagierender Wirkung ...
Übrigens möchte ich noch erwähnen, dass sich am Ende von Busfahrten beim Aussteigen immer beim Fahrer bedankt wird, eine Geste, die im unpersönlicheren Deutschland durchaus auch einmal eingeführt werden sollte. Wir betrachten viele Dienste mittlerweile als viel zu selbstverständlich und denken gar nicht mehr darüber nach. Doch ab und zu ein freundliches warmes „Dankeschön“ mehr lässt doch gleich das ganze Miteinander deutlich angenehmer und die Welt ein winziges bisschen besser werden, meiner Meinung nach jedenfalls …
So, soweit also mein kleiner subjektiver Einblick in den irischen Straßen- und Busverkehr. Ich sollte vielleicht ergänzen, das es in Irland kaum Radwege bei den Straßen gibt und Warnwesten somit zur Pflichtausstattung eines jeden nicht motorisierten Verkehrsteilnehmers gehören. Ich möchte damit jetzt niemanden abschrecken, sagen wir lieber, man sollte sich schon einmal mental auf solche Eigenheiten einstellen, die eben genauso zu Irland gehören wie die Cliffs of Moher, die traditionelle Pub-Musik oder das Grün der Landschaft