Wie, ich bin schon wieder sechs Wochen zurück? Teil 2A
Eine Woche zwischen bogenschießenden Kelten, flaggenstehlenden Indianern, špekáčky, Bahn- und Küchengeschichten, kurzum es ist Campsaison bei DDM Horažďovice.
Tag 1
Frustriert ließ ich mich auf meine Tasche sinken und starrte wütend die große Anzeigetafel an, wegen der ich meinen letzten Zug verpasst hatte. Es war schon fast 15 Uhr und ich war um kurz nach 7 mit zwei weiteren Freiwilligen vom Midterm-Training in den Bus gestiegen. Dafür hatten wir das Frühstück sausen lassen und unseren Schlaf, der wegen der Party, die ich in keinem Fall missen wollten, nur 3 Stunden gedauert hatte und auch sich nochmal richtig von allen zu verabschieden.
Eigentlich sollte mich jemand in einer Stunde vom Supermarktparkplatz abholen und ins Camp bringen, tja daraus würde nichts mehr werden. Wie immer wenn irgendwas schieflief war ich jetzt erstmal in Plzen gestrandet.
,, České dráhy, mit uns lernen sie zu warten, sie kommen schon irgendwie an, nur wann, das ist eine andere Frage“, murmelte ich meinen selbstausgedachten Slogan über die tschechische Bahngesellschaft vor mich hin um meinem Ärger Luft zu machen.
Ich wusste da noch nicht, dass das nicht die letzte Bahn gewesen sein würde die ich an diesem Tag verpasste.
Schlussendlich brauche ich neun Stunden statt fünf nach Hause, wo schon der nächste gepackte Rucksack auf mich wartete,
den ich mir schnappte und mit zum Bahnhof schleppte, wo ich dann von Honza, einem weiteren Betreuer abgeholt wurde und mich erstmal über meine Bahnstory aufregen konnte.Mit Honza hatte ich mich schon beim Aufbauen gut verstanden. Er selber hatte seine 3 Kinder mit im Camp und würde in den kommenden Tagen ebenfalls Teil der Küchencrew werden.
Nach meiner Ankunft im Lager der Kelten (das Motto dieser Woche) und der Verstauung meiner Sachen in einem der schönen Zelte von denen jeder Erwachsene eins ganz für sich alleine hatte, was für ein Luxus, schnippelte ich auch schon zusammen mit Petra, der Hauptverantwortlichen für die Küche Zwiebeln und Gurken für den abendlichen Nudelsalat.
Lachend half sie mir später meine ständig runterrutschenden Jackenärmel hochzuschieben, da ich bis zur Hälfte meiner Unterarme im Nudelsalat steckte um die Riesenportion aus Majonäse, Hähnchenfleich, Gurken und Nudeln irgendwie vermixt zu bekommen.
Bei der Essensausgabe bin ich dann das erste Mal wirklich auf die zwischen 7 und 15-jährigen Kinder getroffen, die unter einander tuschelten und mir ganz neugierige Blicke zuwarfen.
Nach einer Tätigkeit, die ich in den nächsten Wochen über hundert Mal ausführen würde, dem Abwasch, wurden dann alle zum Abendappel (Nástup) zusammengerufen, dass von dem tiefen, übers ganze Feld hallende, Hornsignal angekündigte wurde. ,,Taurískové tady!“ (,,Tauris-clan hierher) rief ein Mädchen durch die Gegend um ihren Clan hinter sich zu versammeln.
Die Gruppe aus etwas über 30 Kindern war in unterschiedliche Clans aufgeteilt worden, die alle einen eigenen Namen und eine eigene selbstgebastelte Flagge bekamen und von einem der jugendlichen Betreuer, die etwa in meinem Alter waren geleitet wurden. Sogar die Küchencrew hatte eine eigende Flagge, die Petra mit einem riesigen Kochlöffel verziert hatte und jedes Mal mit zum Apell brachte.
in Schlangen hinter den jeweiligen Schlangen standen die Kinder vor ihren Betreuern und lauschten Tomáš dem Leiter des Camps was am nächsten Tag so passieren wird. Danach stellte er mich seien Kelten als germanische Kriegerin aus dem Norden vor und erklärt das die Germanen ja sogar die Römer besiegt hatten, was mich laut lachen ließ, nachdem ich die korrekte Übersetzung von Petra neben mir bekommen hatte.
Später trollten wir uns wie jeden Abend zum Lagerfeuer und sobald es dämmerte wurde mir klar wie verdammt kalt es hier nachts werden konnte.
Mit Wollsocken an den Füßen und in einen dicken Pullover plus Jacke eingehüllt bibberte ich irgendwann so sehr, dass nicht mal mehr half, dass ich so nah wie möglich am Feuer auf einem der Steine im Kreis hockte und mir schon ernsthaft Sorgen um die Gummisohlen meiner Schuhe machte, die leicht mal schmelzen konnten.
Trotzdem liebte ich es, die gute Atmosphäre im Betreuerteam zu genießen, über tschechische Witze zu lachen, die gut waren obwohl ich nur die Hälfte verstand, den Flammen beim Tanzen zuzusehen, dem Knistern zu lauschen und so eingelullt immer müder zu werden, bis ich schließlich entschied ins Bett zu gehen.
Beim Zelt angelangt angelte ich mir noch meine Taschenlampe, die ich mir vorsorglich schon mal auf dem obersten Regalbrett platziert hatte und machte mich auf dem Weg zum Klo. Wobei ich dann sehr froh über das kleine Licht war, denn zu den Plumsklos musste man ca. 50 Meter durch den Wald laufen. Die Schatten und das Knacken verursacht durch den Wind und Tierchen, sowie das Gefühl aus der Dunkelheit beobachtet zu werden, machten mich jedes Mal ganz kirre wenn ich alleine im Dunkeln in den Wald musste, weswegen ich auf dem Rückweg auch meistens den Weg bis zur Waschstation am Waldrand zurückgerannt bin zu meinem Glück sogar ohne über Wurzeln zu stolpern. Angekommen beim Zelt galt es dann immer möglichst schnell aus den Klamotten raus und in den Schlafsack zu kommen, da wir Nachts meistens nur um die sechs Grad hatten.
Tropische Nächte gibt es in den Höhen um die 500 Meter über dem Meeresspiegel bei uns einfach nicht.Was dazu führt, dass man sich tagsüber so fühlen kann wie ein Softeis das schmilzt und Nachts seine Winterjacke vermisst.
Tag 2
Am nächsten Morgen stand ich dann schon kurz vor sieben mit noch ganz kleinen Augen in der Küche vor der Gulaschkanone (großer bewegbarer Herd auf Rädern, der mit Feuer betrieben wird, früher vor allem beim Militär zum Einsatz kam und deswegen auch zusammen mit dem Gericht, was halt häufig gekocht wurde, diesen Namen trägt) und habe beim Umrühren eines riesigen Topfes Porridge meine Armmuskeln trainiert.
Das Mittagessen brachte Simona, eine Kollegin von der Köchin der Organisation, zum Camp.
Abends schmierten wir dann zum ersten Mal 60 Brötchen im Akkord und lachen gemeinsam über die Jungs die selbst nach dem vierten Nachschlag immer noch nicht satt zu bekommen waren. Gestaunt habe ich immer wieder über den riesigen Eimer Honig, welchen wir gut versteckt im Kühlen gelagert haben um keinen Armeisenhaufen zu provoziern und über die Mengen an Quark die wir verbraucht haben.
Später habe ich dann auch endlich mal gecheckt, warum immer zwei Kinder zusammen im stündigen Wechsel mit anderen in der Nacht bis Mitternacht das Camp bewachen mussten. Es gab nicht nur uns, sondern auch ein Indianercamp zwei Kilometer entfernt und es war Tradition, dass uns die Indianer in einer Nacht versuchten die Flaggen zu klauen, weshalb unser Lager besonders vor diesen Eindringlingen geschützt werden musste.
Um zu testen ob sie diese Aufgabe auch ernst nahmen, sollten sie sich diese Nacht ein bisschen gruseln, weswegen wir Betreuer uns gegen elf in den dunklen Wald schlichen um ordentlich Lärm zu veranstalten um sie auf uns aufmerksam zu machen.
Nicht viel später sahen wir die Taschenlampenlichter kreisen. Richtig zu uns getraut haben sie sich zwar nicht, aber zumindest registriert, dass da irgendwas im Busch war, was als Aktivität auch im Wachlogbuch vermerkt wurde.
Tag 3
Die Freude war groß als am nächsten Tag verkündet wurde, dass wir dem Badesee einen Besuch abstatten würden.
Der See lag etwa einen eine Stunde langen Fußmarsch von uns entfernt, wunderschön zwischen Felsklippen gelegen mit glitzerndem türkisem Wasser. Nur das Wetter wollte nicht so richtig mitspielen, wovon wir uns aber nicht die Laune vermasseln ließen, gegenseitig mit Grashalmen ärgerten und wie verrückt Blau- und Erdbeeren im Wald sammelten.
Das Wasser im See war dann doch fast wärmer als die Lufttemperatur, was uns Mädels nach dem Baden große Kuschelkreise bilden und gemeinsam um die Wette mit den Zähnen klappern ließ.
Später wurden zwei Lagerfeuer angezündet, an denen man sich wärmen und Würstchen (špekáčky) oder Käse aufgespießt auf langen Stöcken grillen konnte.
Zusammen mit Tomáš und Kati begab ich mich dann noch auf eine etwas abenteuerliche Geocachesuche, mit ein paar Kletterpassagen, die dann aber erfolgreich abgeschlossen werden und mein Name im Logbuch verewigt werden konnte.
Während des Zurücklaufens ließ ich mir von Kati mit der ich mich angefreundet hatte ein bisschen mehr Tschechisch beibringen und versuchte endlich nochmal die 7 !!! (Ich frag mich ehrlich wer sich diesen Mist ausgedacht hat) Fälle zu verstehen.
Sie war ebenfalls eine Betreuerin im Camp und hatte ein Schuljahr in Deutschland verbracht, weswegen sie immer noch super Deutsch spricht, einige im Lager konnten Deutsch.
Ola ein anderer Betreuer zum Beispiel hatte so einen lustigen Akzent, dass ich mich sobald er den Mund aufmachte jedes Mal halbtot lachte, was wir beide ziemlich witzig fanden.
Am Abend des Ausflugs durfte ich dann zum ersten Mal Bogenschießen. Es hat sich mega cool angefühlt da mit einem Bogen zustehen, nur war es nicht ganz so cool, dass ich wirklich fast jeden Pfeil nicht mal die Zielplatte getroffen habe, während die Leute aus der AG von DDM darum wetteiferten wie viele Pfeile pro Minute sie genau in die Mitte schießen konnten.
Weitere Geschichten gibt es im Teil B,
denn es sind noch längst nicht alle erzählt.