Was für eine Anreise!
Ein bisschen stressig war die Reise nach Oslo für Nordlandreporter schon. Zuerst im falschen Flugzeug, und welches Gate ist jetzt eigentlich das richtige? Nur gut, dass dann doch alles geklappt hat...
Norwegen, Norwegen. Viel hat mich bis jetzt mit diesem Land verbunden und nun bin ich da. Ich werde zehn ganze Monate hier verbringen. Ich werde den Winter überstehen. Ich werde dunkle Tage erleben - aber auch Zeuge werden wie es keine Nacht mehr gibt.
Endlich. Meine letzte Zeit in Deutschland war ereignisreich und gleichzeitig anstrengend. Im Hinterkopf wusste ich, dass ich bald weg bin, dass ein anderes Leben hier anfängt. Nun ist es schön angekommen zu sein. Auch wenn hier viel vor mir liegt, die nächsten Wochen sicher anstrengend und herausfordernd werden und danach eine Art Arbeitsalltag startet, bin ich erleichtert hier zu sein. Ich lebe nun nicht mehr zwischen den Welten, sondern bin in der neuen endlich angekommen.
Und das war gar nicht so einfach. Nach einem letzten Abschiedsumtrunk mit Franz, Franzi und Peter, einer kurzen Nacht und der Unruhe noch nicht gepackt zu haben, stopfte ich meine Wäsche aus dem Trockner in meine Riesenkraxe, konnte auch meine gesamte Campingausrüstung für eventuelle Touren in Norwegen unterkriegen, hatte aber das unangenehme Gefühl etwas zu viel zu wiegen als ich auf der Wage stand. 100 Kilo, eine schreckliche Kombination des leckeren Essen Südostasiens und meines zu schweren, nur 20-Kilo-wiegen-dürfenden Rucksacks. Egal, es war eh schon zu spät. Fürs Notizbuch: Besser einen Tag vor der Abreise packen als einen Stunde vorher. In der Not wichtige Sachen wie Jeans und externe Festplatte rausgeschmissen und ab nach Göttingen zum Zug.
Trauriger Abschied von meiner Familie, die jetzt schon das dritte Kind innerhalb eines Monats temporär ans Ausland verliert. Im Zug unglaubliche Ruhe, im Frankfurter Flughafen Erleichterung nach der Sicherheitskontrolle, die zum Glück keinen Wert auf Übergepäck beim Handgepäck legte. Die zwei Stunden bis Oslo konnte ich beruhigt schlafen.
Dann der Hammer im Flieger nach Trondheim. Mein Platz ist besetzt, ich werde umgesetzt, Diskussionen mit den Stewardessen bis sie feststellen, dass ich im falschen Flieger sitze. Na klar, ich war so doof in den falschen Flieger zu steigen, aber beim boarden müsste so was beim Scannen des Tickets eigentlich auffallen. Leider war die nette Frau etwas zu ungenau und hat wohl nicht auf das grüne Licht geachtet.
Ist eigentlich schon mal euer Name auf einem Flughafen ausgerufen worden? Nein?
Ich hatte nach dem Verlassen des Flugzeugs diese zweifelhafte Erfahrung. Sie spielt sich ungefähr zwischen Panik und des seltsamen Gefühls wichtig zu sein ab. Allerdings mit einem leichten Übergewicht der Panik. Ha!
Meine im Flieger vergessene Jacke wurde zum Glück an einem anderen Gate abgelegt, welches leider nicht ausgeschildert war. Und ständig mein Name über die Lautsprecher! Ich bin hin- und her geirrt, weil ich wusste, dass mein richtiger Flug auch in wenigen Minuten geht. Gleiche Fluggesellschaft, gleiches Ziel, nur eine halbe Stunde später. Und wer vergleicht schon die Flugnummern?
Einmal falsch abgebogen, die Rollbänder lang gerannt und plötzlich bin ich wieder draußen. Also noch mal Check-In, durch die Sicherheitskontrolle. Noch dazu in voller Wintermontur, damit mein Gepäck nicht so schwer ist. Ich bin mir sicher dass die Norweger mich für total durchgeknallt gehalten haben, so wie ich schwitzend, dick eingepackt im zick-zack mehrmals durch den gesamten Flughafen rannte. Gate 32, endlich. Die Frau muss mich schon von weitem erkannt haben. Ausländer! Gate war zu, ich konnte trotzdem noch durch und hörte nur noch "boarding completed" als ich endlich das wartende Flugzeug betrat und alle mich anstarrten bis ich meinen Sitz in der letzen Reihe erreichte. Zum Glück war ich dieses Mal im richtigen Flieger.
Als ich dann in Trondheim aussteige und Björn Gunnar, den etwa 50-jährigen Leiter des Kulturzentrums, treffe, fühl ich mich gleich zu Hause. Er kauft mir eine kleine Flasche Wasser für vier Euro. Auf diese Investition hatte ich die gesamte Zeit seit Frankfurt verzichtet, nachdem ich schon in Oslo für ein Stück Salamibaguette zehn Euro bezahlt hab. An die Preise muss ich mich erst einmal gewöhnen. Wir fahren ungefähr eineinhalb Stunden von Trondheim nördlich nach Steinkjer, meinem neuen Zuhause. Ich versteh mich sofort gut mit Björn Gunnar, der einen so trockenen Humor hat, dass ich bestimmt die Hälfte seiner Witze für eine ehrliche Aussage halte. Ich werd aber schon besser.