Wake me up when september ends?
Ja, weckt mich bitte auf, denn ich will keine Sekunde verpassen. Eine Woche voller neuer Freunde und neuen Fahrradkörben.
So, das war also der erste Monat in Cluj-Napoca. Und der zweite folgt sogleich... die letzte Woche kam mir allein wie ein ganzer Monat vor. Ich habe Leute kennengelernt, die mir jetzt bereits vorkommen als wären sie schon seit Jahren Teil meines Lebens. Noch schaffe ich es irgendwie, euch wöchentlich auf dem Laufenden zu halten, aber es gibt so viel zu tun.
Nunja, dafür vertrauen mir mittlerweile alle Kinder, mit denen ich die letzten vier Wochen verbracht habe. Schuhe anziehen ist so viel einfacher, wenn man währenddessen nicht getreten und angeweint wird. Und ich bin froh, dass sie endlich keine Angst mehr vor mir haben. Sie sind alle total fasziniert, wenn ich fotografiere, und kriegen sich gar nicht mehr ein wenn sie dann Fotos von sich selbst sehen. :D Ah, ich bin so froh, dass ich fotografieren darf. Es fühlt sich so natürlich und gut an, mit meiner Kamera zu arbeiten – und bisher sind auch alle mit den Ergebnissen zufrieden. ;)
Mehr Kinder, weniger Mitarbeiter
Besonders Floris und Dora wollen ständig die Kamera halten. Die beiden mögen mich am meisten, aber auch Gabi mag mich mittlerweile ganz gern und Petru ja sowieso. Anna hat zwar Spaß daran mit mir zu spielen, aber so ganz vertraut sie mir dann doch nicht – das bekam ich zu spüren, als sie diese Woche vom Mittagsschlaf aufwachte und ich sie zurück ins Bett bringen konnte. Wenn ich ihr auch nur übers Haar streichen wollte, schlug sie nach mir und rief „Nu, nu“. Na, hoffentlich legt sich das – denn morgen kommen zwei neue Kinder, eins davon stolze neun Monate alt. Wow, das kann was werden.
Und dafür sind wir drei Mitarbeiter weniger. Die Freiwilligen aus Ungarn sind Freitag nach Hause gefahren. Ich musste fast weinen! Trotz Kommunikationsprobleme waren sie so lieb und süß. Und der Job ist ohne sie definitiv ungleich härter.
Deswegen habe ich ein digitales Fotoalbum für sie erstellt und am Donnerstagabend ein Abschiedsessen für sie organisiert. Wir haben Pasta mit Fleischbällchen gekocht, eine Packung Pralinen gekauft und eine Flasche Wein geköpft, und es war ein superschöner, wenn auch melancholischer Abend. Die drei haben uns ungarische Schokoriegel und selbstgebackene Muffins geschenkt, die unfassbar lecker waren. Ich vermisse sie ehrlich! Aber das Angebot, sie in Debrecen zu besuchen, steht – darauf freue ich mich!
Zeit für Kaffee!
Jeden Tag habe ich mir drei fortlaufende „Aufgaben“ vorgenommen: rumänisch üben, Gitarre spielen und die Süddeutsche Zeitung lesen. Das kann ich seit Neuestem, die Bibliothekarin aus der deutschen Bibliothek zeigte mir die Onleihe des Goethe-Instituts. Relativ umständlich und userfeindlich, das Ganze, aber ich kann mir jeden Tag kostenlos die meisten großen deutschen Zeitungen aktuell als pdf runterladen. Darüber bin ich froh... es war unangenehm, den ersten Monat so komplett uninformiert zu sein. Auch wenn Zeitunglesen im Moment ja eher deprimierend ist. Aber das ist ein anderes Thema.
Montag habe ich mich mit Irina auf einen Kaffee getroffen - bzw. heiße Schokolade in ihrem Fall. Es gibt sie wirklich, diese Leute, die ohne Kaffee auskommen – ich gehöre aber definitiv nicht zu ihnen! Sie hat meinen Blogpost gelesen – falls sie es wieder tut, hallo du! :D Sie ist genau so ein großer Harry Potter Fan wie ich, aber das war nicht der Anlass des Treffens. Ich half ihr beim Lernen für eine Prüfung am Freitag. Die lief wohl ganz gut, auch wenn sie die Noten noch nicht hat. Ich hoffe, dass es geklappt hat, denn sie ist wirklich superlieb und so eine angenehme Gesellschaft.
So viele neue Bekannte!
Dienstag nach der Bibliothek habe ich sie mit ein paar Mitschülern auf dem Gang getroffen, denen ich jetzt auch ein bisschen helfe, denn sie waren echt nett. Schon seltsam, wie viele Leute hier Deutsch lernen. Danach flanierte ich noch ein bisschen Stadt und lernte zwei coole Mädchen aus Cluj kennen, indem ich sie einfach anquatschte - aus „Hey, coole Mütze“ wird hier schnell ein stundenlanges Gespräch über Steven Universe. Es ist so einfach, Leute kennenzulernen, und wenn ich das schon sage, muss es stimmen!
Immer wenn ich mir Entspannung vornehme, kommt etwas dazwischen. :D Mittwochabend lud Lehel uns alle zum Volleyballspielen ein, und ich sagte spontan zu. Ich konnte ja nicht wissen, dass wir zu dritt ein Sechserfeld abdecken gegen drei supermuskulöse Studenten, die mir den Ball um die Ohren hauen... hui, war das anstrengend. Aber irgendwie auch befriedigend! Hinterher tauschte ich noch Facebook mit einer Mitspielerin aus, sie ist Deutschlehrerin an einer Schule.
Donnerstagabend ging ich dann genau so spontan mit Nora, einem Mädchen von Dienstag, auf ein Bier weg. Auch wenn sie eine halbe Stunde zu spät kam :D, war der Abend super. Nora ist einfach toll, sie ist politisch, lustig, schlagfertig, gebildet, spontan, intelligent, nett... sie nahm mich in eine Indiebar mit Tischen aus Pappkarton mit. Alle um uns herum sprachen Englisch miteinander und wir erzählten uns unsere Coming-Out-Stories. Wenn ich dachte, dass Homophobie in Deutschland schlimm ist... dann hatte ich nicht Unrecht, es IST schlimm, aber absolut nichts im Vergleich zu Rumänien. Aber ich mag nicht darauf eingehen, ich schreibe lieber einen seperaten Artikel über dieses schon weitgreifende Thema.
Willkommen, Juliana!
Freitag war es dann endlich soweit und Juliana, die Freiwillige aus Portugal, kam an. Hach, sie ist so knuffig. Ihr Englisch ist ganz und gar nicht gut, und ich muss mich immer wieder daran erinnern langsamer zu sprechen – Englisch sprudelt aus mir heraus, weil ich es flüssig spreche. Ich mag sie! Abends wollten wir ihr die Stadt zeigen, und als einzige Fahrradbesitzerin ging bzw. fuhr ich schonmal vor und traf Nora, die mit drei Freunden in einer Bar saß. Da blieb ich dann auch, denn all meine Mitfreiwilligen waren zu müde um noch rauszukommen. :D Noras Freundinnen verwickelten mich in eine Feministendiskussion empfahlen mir etwa dreitausend LGBT+ oder Indie Events in Cluj, und ich nahm alle Vorschläge gern an. Es war ein sehr entspannter Abend.
Am nächsten Morgen ging es dann ENDLICH wieder auf den Flohmarkt. Wir vier liefen den ganzen Weg, obwohl das Wetter wieder einem Gefrierschrank ähnelte, und ich bin sehr zufrieden mit meiner Ausbeute. Ich rechne die Preise mal für euch um... ein Messbecher mit amerikanischen Einheiten für so 40 Cent – endlich kann ich vernünftig backen! -, ein sehr edles Stativ für etwa 12 Euro, ein Fahrradkorb für vielleicht 2,20, eine warme Jacke (dringend nötig) für ca. 3,50 Euro und eine weitere, ziemlich hübsche für 70 Cent. Läuft! Ich liebe den Flohmarkt nach wie vor.
Nachmittags musste ich dann noch das gute Wetter ausnutzen und ging deswegen in den botanischen Garten – wo ich zum ersten Mal meine Youth Card einsetzen konnte! 50% Rabatt auf den Eintritt, so war es nur noch 1,20, yay! Der Park ist unglaublich schön... die gute Luft tat so gut, und es ist ein beeindruckendes Farbenspiel. Ich hab mich so geärgert, dass ich noch keine besonders gute Fotografin war. Meinen Kopfschmerzen hat der Besuch trotzdem Wunder getan.
Ich bin auch nur weg...
Abends gingen wir dann noch mit Lorena, einem supernetten Mädchen von meinem Ausreiseseminar, und ihren Mitbewohnern auf Drinks aus. Das war vielleicht eine lustige Gruppe! Katja aus Dänemark und Alex aus London – der hat meine Englischkenntnisse echt auf die Probe gestellt. Zum ersten Mal seit meiner Abiturprüfung war da jemand, dem wirklich jeder kleine Fehler aufgefallen wäre. :D Aber es lief sehr gut und ich freue mich riesig drauf, die drei beim On-Arrival-Training Ende des Monats wiederzusehen! Übrigens, habe ich schon erwähnt wie lecker die Cocktails in Cluj sind?
Als ich zuhause war, lud Nora mich spontan noch zu ihr ein, und meine Güte, ich kann auch zu nichts nein sagen. Ihr Mitbewohner hat eine Katze, und ich bin verliebt. ♥ Eigentlich wollte ich nur eine Stunde bleiben, aber eins führte zum anderen und wir gingen noch aus. Als ich nach Hause kam, ging schon beinahe die Sonne auf, ich war 24 Stunden auf den Beinen, erschöpft wie sonst was und sehr glücklich. Zu Hause hat es mir nie Spaß gemacht, tanzen zu gehen – vielleicht war ich einfach immer mit den falschen Leuten an den falschen Orten.
Trotzdem habe ich es am Sonntag einfach genossen, absolut nichts zu tun – das war wohl der erste Tag seit meiner Ankunft, an dem ich nichts gemacht habe. Hatte auch mal was... Morgen möchte ich zum Friseur, Mittwoch ist die erste Ungarischstunde und das Krippenspiel soll auch diese Woche beginnen, ah!
Wir hören uns! ;)
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