Vorweihnachtszeit auf polnisch
Was den überall gepflegten vorweihnachtlichen Stress und Aktionismus betrifft, machen die Polen keine Ausnahme. Sei es bei der Arbeit oder in STRIM, in den letzten Wochen vor Heiligabend muss offenbar noch alles passieren.
Eigentlich dachte ich, nach meiner kulinarischen Präsentation am Dienstag habe ich endlich das Gröbste an Stress hinter mir, aber scheinbar steht bis Weihnachten hier gar nichts mehr still.
Am Mittwoch habe ich verzweifelt versucht, die Kinder fürs Plätzchenbacken zu begeistern, sie wollten aber lieber nur Plätzchen essen, statt sie auch herzustellen. Als sie schließlich vollgestopft genug waren, habe ich mich mit ähnlich wenig Erfolg noch mal daran versucht, sie für „Alle Jahre wieder“ zu begeistern, aber alte deutsche Weihnachtslieder können leider in der Beliebtheitsskala mit "One Direction", Katy Perry und Rhianna nicht mithalten. Das ist zwar verständlich, aber leider insofern problematisch, dass wir die Lieder für einen Auftritt vor den Sponsoren einstudieren. Am Donnerstag haben uns dann nämlich gleich zwei Überraschungen in ALF erwartet: zum einen haben wir die Reste der Lebensmittelsammlung bekommen (endlich ein paar vernünftige Zutaten zum Kochen!), was ich gleich mit überbackenen Mini-Hotdogs gefeiert habe, weil wir endlich Käse in großen Mengen haben. Die Kinder haben alles ratzeputz weggegessen. Zum anderen haben wir erfahren, dass die Kinder unsere Weihnachtslieder bis Mittwoch auswendig singen können müssen, da sie dann bei einem Treffen mit den Sponsoren (denen ALF unter anderem die Computer und hochwertigen Nikolausgeschenke verdankt) vorgesungen werden sollen. Ich habe den Eindruck, dass diese Veranstaltung den Mitarbeitern ziemlich wichtig ist, da wir aussuchen werden, welche Kinder bei dieser Veranstaltung vorzeig- und anhörbar sind.
Wir haben also am Donnerstag noch mal Lieder und Texte gepaukt, um dann plötzlich zu erfahren, dass heute wieder Lebensmittel an die Dorfbevölkerung verteilt werden, wie schon vor zwei Monaten. Wir haben uns also so dick wie möglich eingepackt und sind nach unten gestiefelt. Gottseidank verlief die Verteilung dieses Mal recht zügig, da wir trotz Kälte und eigentlich versprochenen Räumen draußen stehen mussten.
Am Freitag haben Eloise und ich zwei der letztjährigen Freiwilligen aus ALF kennen gelernt, die beide sehr nett sind und sich ein bisschen mit uns über die Arbeit ausgetauscht haben. Sie kennen unsere Problemchen:)
Gestern habe ich dann die Weihnachtsbäckerei in meine Wohnung verlagert und bin in die Plätzchen-Massenproduktion eingestiegen. Ich habe gestern und heute zusammen ca. acht Stunden damit verbracht, Ausstecher, Vanillkipferln, Marmeladenkringel, Orangenplätzchen und Schokoplätzchen mit Orange und Chili für die morgen anstehende Weihnachtsfeier mit den anderen Freiwilligen in STRIM, unserem Koordinationsbüro, zu backen.
Das wird dann quasi die Belohnung für Eloise, die morgen ihre kulturelle Heimatpräsentation hält.
Am Dienstag steht dann eine kleine Weihnachtsfeier in ALF an und abends haben die Freiwilligen aus dem LEONARDO-Programm einen Migrants- Day zum Thema Migration und Integration vorbeteitet.
Am Mittwoch werden wir, wie gesagt, mit den Kindern zu den Treffen mit den Sponsoren fahren und am Donnerstag schließlich findet in meiner WG eine kleine Weihnachtsfeier statt.
Mir wird also hier gerade nicht wirklich langweilig. Das schöne am Advent ist aber, dass mir beim Arbeiten nie die Ideen ausgehen, was ich mit den Kindern noch machen könnte, weil es immer etwas zu tun gibt oder wir zusammen Weihnachtsschmuck basteln. Der ist hier übrigens zum Dahinschmelzen. Ich habe in Deutschland nie derartig viel witzigen, schön kitschigen oder einfach sehr stilvollen und originellen Weihnachtsbaumschmuck gesehen. Ein Besuch auf dem Krakauer Weihnachtsmarkt lohnt sich daher definitiv nicht nur des Glühweins wegen:) Die vielen verschiedenen Stände sind tatsächlich einer schöner als der andere und lassen einen die unangenehmen Temperaturen ganz schnell vergessen. Auch wenn ich die Weihnachtsmärkte in Ludwigsburg und Esslingen ein bisschen vermisse, habe ich hier also einen mehr als fairen Ersatz.
Viele adventliche Grüße aus Polen,
Kora
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