Von Polen bis Estland
Unter all den Erlebnissen, die dielene in den letzten Wochen machte, war eines ganz besonders schön: Die Austreibung des Winters am Strand von Palanga in Litauen. Auch wenn es den Winter nicht beendet hat.
Huhu, da bin ich wieder! Tja, hab gehört, Deutschland steckt im Schneechaos?! Aber hier sieht’s natürlich auch nicht anders aus: Der Winter will und will einfach nicht weichen! Dabei sehnen wir uns alle so danach. Am "Vastlapäev", dem Tag, an dem letzte Woche traditionell der Winter ausgetrieben wurde, hat wohl irgendwas nicht geklappt, denn seit drei Monaten liegt das Land schon unter einer dicken Schneedecke begraben und bis jetzt deutet nichts darauf hin, dass sich das jemals wieder ändern wird... Brrrr!
Bei mir hat sich in den letzten Wochen ziemlich viel ereignet; es ging wirklich rund! Ich glaube, ich habe insgesamt nur drei Nächte in meinem eigenen Bett verbracht, weil ich ständig unterwegs war: Angefangen hat es mit einem Anruf von Ilja, ob ich denn nicht Lust hätte, zu einem Seminar nach Polen zu fahren. Klar, hab ich gedacht, warum denn nicht? Ich war noch nie in Polen und die Gelegenheit, mal kurz so ganz spontan dorthin zu fahren, wollte ich mir nicht entgehen lassen. Wäre mir allerdings damals schon Iljas Organisationstalent bewusst gewesen, hätte ich es mir vielleicht noch mal überlegt ;)
Das Seminar sollte donnerstags anfangen und wenn es nach mir gegangen wäre, wäre ich mittwochs mit dem Bus losgefahren, weil das die billigste Variante gewesen wäre und ich sowieso nicht so gerne fliege. Aus irgendeinem Grund konnte mir Ilja aber erst am Donnerstagmorgen grünes Licht geben, dass ich auch wirklich gehen kann. Das hieß natürlich fliegen. Super! Ich hatte genau eine Stunde Zeit meine Sachen, die ich zum Glück in weiser Voraussicht schon im Voraus gepackt hatte, zu schnappen und zum Busbahnhof zu hasten, damit ich den Bus nach Tallinn noch erwische. Dort sollte ich Ilja treffen, um mit ihm noch das Nötigste zu besprechen und ihm das Geld für die Flugtickets zu geben. Aber natürlich, wie Ilja so ist, ließ er mich natürlich erst noch eine Dreiviertelstunde warten.
Ich saß echt auf Kohlen, weil der Flug bald gehen sollte, ich noch die Tickets abholen musste und vor allem auch keinen blassen Schimmer davon hatte, wie es einmal in Polen angekommen denn weitergehen würde! Ilja tauchte zum Glück noch rechtzeitig auf, gab mir die Telefonnummer der Organisatorin des Seminars und sagte mir, wie ich vom Flughafen nach Katowice kommen würde, wo das Seminar stattfinden sollte. Okay, da kann man nur hoffen, dass alles klappt! Ich war dann 40 Minuten, bevor mein Flieger ging am Flughafen, holte meine Tickets ab und merkte beim Einchecken, dass ich nicht, wie Ilja mir zuvor gesagt hatte, einen Direktflug haben würde, sondern erst noch nach Warschau müsste. Ich hatte keine Ahnung von Polen, wusste nicht mal, was die dort für eine Währung haben. Ich wusste wirklich gar nichts, noch nicht mal um was es in dem Seminar eigentlich genau gehen sollte (Ilja hatte mir erzählt, dass es um die Arbeit mit Kindern gehe, was sich nur begrenzt als wahr herausstellen sollte...).
Ich will es kurz machen: Ich bin abends gut in Katowice angekommen - es hat alles geklappt! Ich hatte noch im Bus nach Katowice zwei andere Seminarteilnehmer getroffen und am Bahnhof wurden wir auch tatsächlich schon erwartet. Das Seminar sollte vier Tage dauern und es war ein sogenanntes "Contact-Making-Seminar", bei dem sich verschiedene Organisationen treffen und konkret Projekte für die Zukunft geplant werden. Insofern war es für mich superspannend, mal wieder Leute aus ganz Europa zu treffen (von Portugal über Griechenland bis zu den Baltischen Ländern war wirklich alles vertreten), einen Eindruck über die Arbeit verschiedener Organisationen zu bekommen und zu lernen, was für Möglichkeiten es überhaupt gibt, Projekte wie zum Beispiel Jugendaustausche über das "YOUTH Programme" der EU durchzuführen; etwas dazu beitragen konnte ich allerdings nicht, da ich ja noch nichtmal Mitglied einer Organisation bin!
Es war interessant, aber das Seminar war einfach nicht für Freiwillige gedacht, und ehrlich gesagt verstehe ich nicht ganz, warum Ilja mich da hin geschickt hat! Aber na ja, ein paar schöne Tage waren es auf jeden Fall und ich war jetzt immerhin mal in Polen! Und da Ilja auch die Daten für meinen Rückflug verpeilt und ihn für zwei Tage zu spät gebucht hatte (was ich auch erst in Polen gemerkt hab), hatte ich sogar noch Zeit außer Katowice, einer ausgesprochen hässlichen Industriestadt, noch nach Auschwitz und Krakau zu fahren. Zu Auschwitz will ich gar nicht viel schreiben. Mir war es wichtig, es mal gesehen zu haben, aber auch jetzt, wo ich dort war und das KZ mit eigenen Augen gesehen habe, kann ich noch nicht wirklich begreifen, was da vorgefallen ist! Es ist einfach so unglaublich schrecklich! Echt krass, aber wenn Ihr die Möglichkeit habt, dann schaut’s Euch am Besten selbst an!
Nach dem Besuch von Auschwitz dann das bunte Leben in Krakau zu sehen, war wirklich seltsam. Die Stadt ist selbst jetzt im Winter voller Touristen, sie ist aber auch wirklich schön! Ich bin mit zwei anderen Freiwilligen, die auch am Seminar teilgenommen hatten, dorthin gefahren, aber schon bald trennten sich unsere Wege. Für mich war es eine neue Erfahrung, allein unterwegs zu sein! Hat auch so seine Vor- und Nachteile: Auf der einen Seite ist man sein eigener Herr und muss sich nach niemandem richten, auf der anderen Seite ist glaube ich das "Sich-alleine-Amüsieren" etwas, das man auch erst lernen muss.
Mit Sicherheit aber lernt man Leute um einiges leichter kennen, wenn man alleine unterwegs ist. So konnte ich zum Beispiel die Rückfahrt nach Katowice in Gesellschaft italienischer Studenten aus Prag verbringen und während der sehr unbequemen nächsten Nacht am Flughafen konnte ich mich ausgiebig mir einer in Deutschland lebenden Polin austauschen... Nachdem mein Flieger um 6 Uhr in der Früh startete und ich dann noch mal sechs Stunden Aufenthalt in Warschau hatte, war ich heilfroh, endlich nachmittags wieder in den "heimatlichen estnischen Gefilden" zu landen. Ich war hundemüde und blieb dann erst mal eine Nacht in Tallinn bei Katharina.
Am nächsten Tag in Sillamäe konnte ich genau noch ein Mal zur Arbeit ins Waisenhaus, bevor ich schon wieder meinen Rucksack packen musste: Mein Mid-Term-Meeting in Litauen stand vor der Tür! Die Seminare zusammen mit den anderen Freiwilligen sind immer richtig klasse und auch diesmal wurde ich nicht enttäuscht. Wir waren Freiwillige aus allen drei baltischen Ländern und es waren richtig tolle Tage, die wir da in Palanga, das im Sommer zum baltischen Mallorca mutiert, verbrachten.
Außer dem üblichen Erfahrungsaustausch und Zukunftspläne schmieden wird mir vor allem ein Abend in Erinnerung bleiben: Wir machten, nachdem wir das örtliche Bernsteinmuseum besichtigt hatten, einen ausgiebigen Spaziergang am Strand. Die Sonne ging über dem Meer unter, wir stapften durch den Schnee und allein das war schon wunderschön. Aber dann war zufällig auch noch "Vastlapäev", der Tag, an dem der Winter ausgetrieben wird, und zu diesem Anlass war ein riesiges Feuer am Strand. Aus den Lautsprechern dröhnte litauische Volksmusik und als dann irgendwann mal jemand den Anfang gemacht und zu tanzen begonnen hatte, tanzten wir schon bald alle ausgelassen ums Feuer herum! Wow, was für eine Atmosphäre: Im Sonnenuntergang am schneeweißen Strand gemeinsam zu litauischer Volksmusik ums Lagerfeuer tanzen... Das war schon was! Und sogar ein paar Einheimische schlossen sich uns an - klasse! Wir hatten auch sonst sehr schöne Stunden in Palanga, aber das übertraf doch alles!
Nach unserem Mid-Term-Meeting legten wir noch einen zweitägigen Zwischenstopp in Riga ein. Wir kamen abends an und machten mit unserem ganzen Gepäck gleich mal das Nachtleben unsicher. Schlafen konnten wir bei Rigaer Freiwilligen und besonders gefreut hat es mich, Sintija, eine Lettin, die ich in Polen kennen gelernt hatte, wiederzutreffen. Wir sind über die gefrorene Daugava spaziert (ich hatte echt Angst, aber im Nachhinein war es eigentlich total unspektakulär und langweilig!) und haben Pelmeni ("russische Maultaschen") gegessen. Diesmal war es zum Glück nicht mehr so kalt wie beim letzten Mal, aber ich glaube, ich muss trotzdem noch einmal hin wenn es richtig warm ist, denn da kann man einfach viel mehr machen.
Von Riga führte uns unsere Odyssee weiter nach Tartu, wo wir noch einmal übernachteten, bevor es schließlich nach Otepää ins estnische Wintersportgebiet ging. Dort hatten ein paar estnische "Ex-Freiwillige" eine Übernachtung für uns organisiert. Ich hab dort das erste Mal Skilanglauf gemacht, was echt Spaß gemacht hat, auch wenn ich immer noch Muskelkater habe ;). Wir konnten mal wieder einen Wahnsinnssonnenuntergang und angeblich auch den estnischen Olympiasieger, den ich allerdings nicht erkannt habe, bestaunen! Und abends wurde natürlich richtig schön nach estnischer Manier ausgiebig sauniert mit anschließendem "in-den-Schnee-hüpfen" für die müden Knochen.
Ich muss ehrlich zugeben, als ich vorgestern wieder in Sillamäe ankam, war ich doch ganz froh, endlich mal wieder in meinem eigenen Bett schlafen zu können. Ich hab geschlafen wie ein Stein und als ich am nächsten Morgen aufwachte, hab ich zunächst gar nicht gewusst, wo ich bin.
Morgen kommt Jonas mit einem Freund zu Besuch, da freu ich mich schon total drauf! Ich habe also weiterhin volles Programm.
Was gibt es bei Euch so an Neuigkeiten? Lasst von Euch hören.
Ganz liebe Grüße Eure Lene