Von Plänen und deren Nichtumsetzbarkeit
Für grey bewahrheitet sch eine alte Weisheit: Egal wie viel man plant, es kommt doch immer irgendwie anders. Aber woran liegt es eigentlich, dass sich so viele Pläne verselbstständigen?
Gestern bin ich mitten in einer Friedensdemo gelandet. Eigentlich hatte ich mir die Fackelträger nur anschauen wollen, dachte auch, dass das der Grund war, weshalb wir nach Veszprém gegangen sind (das und Kaffeetrinken) und auf einmal stand ich in einer Reihe mit rund 200 anderen Menschen, die ein Peace-Zeichen formten, flackernde Fackeln in der Hand. Wenn ich hier eines in den letzten drei Wochen mehr als eindrücklich gelernt habe, dann ist es das, dass man planen und organisieren kann was man will, die Dinge kommen grundsätzlich anders heraus.
Beispiel 1: Budapest-Trip vorletztes Wochenende.
Es hätte alles ziemlich einfach werden können. Natalie, eine deutsche Freiwillige aus Pécs, wollte freitags kommen, sodass wir dann samstags gemeinsam nach Budapest gefahren wären, um dort abends auf eine Climate Change Party in einem Thermalbad zu gehen und bei Vera, einer serbischen Freiwilligen zu übernachten. Leider erfuhr ich viel zu spät von Natalies geänderten Plänen. Mein Mentor konnte mich glücklicherweise schon donnerstags nach Budapest mitnehmen, jetzt musste ich innerhalb von wenigen Stunden noch eine andere Schlafgelegenheit für Piroska und mich finden.
Ich maile und simse also wie eine verrückte durch die Gegend – vornehmlich an Vera, die mir aber nicht antwortet. Nachdem ich Donnerstag früh noch erfahre, dass Piroska Besuch von ihren Geschwistern am Wochenende erwartet – also gar nicht mit nach Budapest geht – schlittere ich in mein erstes Couchsurfing Abenteuer. Etwas unruhig, was denn da wohl auf mich zukommen mag, treffe ich Michelle am Donnerstagnachmittag und bin sehr erleichtert. Wir verstehen uns auf Anhieb gut.
In den nächsten drei Tagen entgehe ich in einem gemütlichen Coffeeheaven sitzend einem Aufmarsch der rechten Szene auf dem Déák Tér, treffe ich einen Hamzah, einen jordanischen Freiwilligen, erkunde Budapest auf eigene Faust (die Markthallen sind super!), unternehme etwas mit den anderen deutschen Freiwilligen, lerne einen verrückten Australier kennen, der für den Kampf gegen den Klimawandel von Australien nach Kopenhagen radelt (im Dezember finden dort die Verhandlungen für einen Nachfolgevertrag des Kyoto-Protokolls statt), treffe unglaublich viele Deutsche auf der Climate Change Party, entdecke, dass Glühwein und 38° C sich nicht unbedingt vertragen und dass man im McDonalds ganz passabel Kaffee trinken kann. Sonntags geht es schließlich zurück nach Tótvázsony.
Nach der Millionenmetropole Budapest kommt es mir etwas absurd vor in das kleine Städtchen zurückzukehren. Die ersten Tage der neuen Woche stolpere ich auch noch umher wie Falschgeld (und das trotz des wunderbar leckeren Abendessens am Sonntag -.-)
Beispiel 2: Die Halloween-Party und das Teehaus letztes Wochenende.
Mein erstes Projekt lief mit vielen Vorbereitungen unter jeder Menge Spaß und Zuversicht an und endete in Stress und schlechter Laune. Grund dafür war dieser Projektor, den mir Chef 1 vorbei bringen wollte und dann erst um Viertel nach acht richtig anschloss. Leider begann die Party aber schon um acht. Der Projektor war aber wichtig, denn wir wollten damit Videos und einen alten Horrorfilm an die Wand projizieren – das Highlight der Party. Leider kamen dann zu Beginn auch nur relativ weniger Leute und gegen Ende solche, die ich absolut nicht auf dieser Party habe sehen wollen: Schnapsleichen, Bierentführer, Sinnlos-Betrinker.
Von der Halloweenparty ging es stressreich weiter in Runde zwei: dem Teehaus. Zunächst einmal konnte ich den Anfang meiner Präsentation nicht auf Ungarisch auswendig lernen, weil mir meine Lehrerin nicht die Übersetzung zugeschickt hatte (ihr Vater war krank geworden, wie ich später erfuhr). Mir fehlte dann auch die Zeit, um Tompis Übersetzung zu lernen. Dann war es wieder Chef 1, der nicht rechtzeitig da war, um sich um die Technik zu kümmern. Der Laptop wollte nicht so, wie er wollte, wir mussten meinen Laptop holen.
Ich war unterdessen ziemlich schlecht gelaunt: gestresst, nervös, enttäuscht und an einer spontan über mich herein gebrochenen „Ich vermisse meinen Schatz ganz doll“-Welle leidend. Merkwürdigerweise besserte sich meine Laune während meines Vortrags zunehmend. Ich kannte diese rund dreißig Menschen nicht, die da vor mir hockten. Ich hätte nervös sein müssen, war es aber nicht. Ich genoss den Vortrag (vermutlich weil ich mich mit dem Lesens meiner ungarischen Einleitung zu Beginn schon zum Affen gemacht hatte und mein Vorrat somit aufgebraucht worden war).
Mir tat es nur unglaublich Leid, dass Tünde nachher weinte; gedemütigt durch Chef 1 wenig schmeichelhafter Art seine Ansichten in Befehlsform durchzusetzen und durch die Zwischenrufe einer Dame. Tünde spricht und versteht Deutsch supergut! Manchmal vergesse ich ganz, dass Deutsch für sie nur Fremdsprache ist. Und auch Piroska tat mir Leid, denn sie wurde ziemlich von Chef 1 durch die Gegend gehetzt. Das Freiwilligen-Dasein hat auch Nachteile. Man ist eine sehr billige Arbeitskraft...
Ich kann es leider nicht so gut verbergen, wenn mir etwas nicht passt. Man merkt es mir an, wenn mich etwas nervt. Und dieses Gefühl, das mich dann durchströmt, verlässt mich auch dann nicht, wenn man mir den Grund für jene Aufgabe, jenes Verhalten erklärt oder sich bei mir entschuldigt. Es bleibt haften wie zäher Sirup. Manchmal fürchte ich mich etwas davor, dass ich mich in den verbleibenden acht Monaten irgendwann mit meinem Chef 1 in die Wolle bekommen könnte. Andererseits ist es glaube ich nicht schlecht, nicht immer brav wie ein Schäfchen zu sein. Mit seiner Befehlsgewohnten Art stößt er nämlich bei vielen auf Unmut. Und man kann nicht immer kompromisslos seine Ansichten durchsetzen wollen und dann böse auf andere sein, wenn diese Ansichten auf seine Art einfach nicht durchzusetzen sind.
Was ist nun aber der Grund für all diese sich verselbständigende Pläne? Es ist so was von banal: Das meiste hängt nicht von uns allein, sondern auch von anderen Menschen und noch mehr Faktoren ab. Natürlich gibt es auch Ausgänge, die wir selbst verschulden. Heute Morgen zum Beispiel. Wie gewöhnlich stehe ich an diesem Freitag um7.45 Uhr auf. Hetze ins Bad, hetzte in die Küche, trinke etwas Warmes, richte mir mein Pausenbrot, springe nach oben, weil ich glaube nur noch fünf Minuten zu haben – und merke auf einmal, dass ja heute Freitag ist und ich nicht um 9 Dienstantritt habe, sondern erst um 10. Ziemlich doof, aber immerhin habe ich jetzt endlich Mal Gelegenheit, das nachzuholen, das ich in den letzten Wochen aus Faulheit immer vor mir her geschoben habe: Blog schreiben. =)
In diesem fleißigen Sinne: Lasst es heut am Freitag krachen, Leute!