Von netten Zufällen und anderen Begebenheiten
Amselles letzte Tage in Madrid waren von erfreulichen Zufällen bestimmt, die sie selbst den Handyraub mit all den Nummern ihrer spanischen Freunde verschmerzen ließen. Und dann wartete schließlich ihr altes Zuhause auf sie...
Als ob die Reise und die „Feierwoche“ davor zum Abschied nicht schon schön genug gewesen wären, erwartete mich daheim die nächste freudige Überraschung, die von weiteren schönen Zufällen gefolgt, dazu beitrug, dass meine allerletzte Woche auf spanischem Boden mitunter eine der besten Wochen in Spanien überhaupt wurde.
Dienstagabends gerade wieder in Leganés angekommen und die Wäsche waschend, klingelte also auf einmal mein Handy: „Jaaaaaaa servus, grüaß di Elisa! Ich war gerade über’s Wochenende auf einer Party in Manchester und bringe jetzt das Auto eines Freundes runter nach Spanien. Komme von der Fähre und bin gerade in Bilbao! Ich bin dann in circa vier Stunden bei euch in Madrid! Ciaooo!“ Es war Stefan, der verrückte Österreicher, mit dem ich an Ostern in Südspanien unterwegs war. Er hatte sich ewig nicht gemeldet und alles, was ich von ihm wusste, war, dass er wegen Charissa und Elina, die ihn zwei Wochen zuvor in Jerez de la Frontera besucht hatten, aus seiner Wohnung geflogen war. Er wohnte mit seinem Tutor zusammen, der wohl genervt von seinen vielen Gästen war. Und nun schneit der verrückte, liebenswerte Kerl einfach so vorbei, sodass ich ihm sozusagen noch persönlich „Adieu“ sagen konnte. Auch gut! Als ich Elina und Charissa vom anstehenden Besuch erzählte, waren auch sie völlig aus dem Häuschen.
Mit Stefan verbrachten wir einen schönen Tag auf unserem Balkon beziehungsweise planschend im Schwimmbad. Leider musste er mittwochabends schon wieder wegen Terminen weiter nach Jerez fahren, sodass er nicht mehr Nils (dieser war an Ostern auch dabei) traf, der mich am nächsten Tag samt einem weiteren schwedischen Freund besuchen kam.
Am Mittwochmorgen traf mich übrigens erneut ein Blitz, als ich eine E-Mail von Nina las, die ich ja für immer wieder in Deutschland wähnte. Der Inhalt lautete folgendermaßen: „ Hallo Du! Ja, mir geht’s gut, ich bin dann ab Freitag wieder in Madrid zugegen!“
„Waaaas? Wie jetzt - hä?!“ – war natürlich verständlicherweise meine Reaktion. Und gesagt, getan, Nina hatte tatsächlich aus Heimweh nach Madrid einen Flug gebucht und stand schon zehn Tage nach ihrer eigentlichen Rückkehr nach Deutschland wieder auf spanischem Boden. Mir kam das – abgesehen davon, dass ich mich auch so riesig freute – sehr gelegen, denn da sie ihre Wohnung im Zentrum noch bis zum 5. Juli gemietet hatte, konnten mein Besuch und ich über’s Wochenende stets bei ihr übernachten. Es waren ja genügend Betten frei, da Daniel und Danilo, zwei ihrer insgesamt drei Mitbewohner, auch schon in ihre Heimatländer zurückgekehrt waren.
Nils und Joseph, die zwei Schweden (beides Freiwillige in Sevilla), kamen donnerstagabends in Madrid an und wurden gebührend von Charissa, Elina und mir empfangen. Wie es sich gehört, machte ich mit ihnen am Freitag eine ausgedehnte Stadttour, aber auch abends ging es rund, schließlich war das Wochenende dem „Orgullo Gay“ – dem „homosexuellen Stolz“ gewidmet. Zuvor mussten wir aber natürlich noch das Fußballspiel Deutschland-Argentinien ansehen, wo lustigerweise auch Mike aus Braunschweig zu uns stieß. Ihn hatten Isabella, Nina und ich in Lissabon am Strand kennen gelernt, wo er gerade einen Erasmusaufenthalt verbrachte. Schon zwei Wochen zuvor hatte ich ihn in Madrid beherbergt, als er gerade auf der Heimreise nach Deutschland war (per Auto, da er surft). Just an jenem Freitag erhielt ich also – gerade mit den Schweden im Park sitzend – eine SMS von ihm: „Ich muss mir nun doch wohl oder übel das Spiel in Madrid ansehen, kommst Du mit?“ Wieder so ein netter Zufall... Zwei Wochen zuvor hatten wir übrigens schon das Spiel Deutschland-Polen zusammen mitverfolgt. Letztendlich saßen also zwei Deutsche und zwei Schweden zusammen in einer Bar, wie gebannt die Partie verfolgend und natürlich Deutschland anfeuernd. Für mich irgendwo amüsant, weil Deutschland zuvor ja Schweden „eliminiert“ hatte, was gerade Nils nicht sonderlich gut fand... Hihi.
Wie bestellt an meinem letzten Wochenende kamen für mich auch die Feierlichkeiten rund um den Orgullo Gay, da ungewöhnlich viel los war in der Innenstadt. Überall singende, tanzende, sich küssende Menschen – nein: Menschenmassen! Am Samstag wurde sogar die „Gran Vía“, der sechsspurige Prachtboulevard Madrids, auf der Länge von drei Kilometern gesperrt, damit dort im Zuge der „Gayparade“ Wagen voller singender und tanzender Menschen in Loveparademanier vorbei ziehen konnten. Eine äußerst sehenswerte Angelegenheit. ;)
Das tolle Wetter und die lauen Nächte luden dazu ein, bis früh in den Morgen dem bunten Treiben zuzusehen. Da Nils und Joseph natürlich auch das vielfältige Nachtleben Madrids erkunden wollten, bot es sich geradezu an, alle meine Lieblingsbars und Clubs anzusteuern. So konnte ich mich im Kreise lieb gewonnener Menschen sowohl tagsüber als auch nachts von all meinen Lieblingsorten in Madrid verabschieden. Einfach perfekt!
Leider wurde mir am Samstagabend im Gedränge auf den Straßen Chuecas mein Handy geklaut. Mir, die ich doch als einzige in meinem Freundeskreis in diesen ganzen zehn Monaten keinen einzigen Diebstahl zu beklagen hatte... Aber gut. Da kann man nichts machen!
Am Sonntag erwartete mich dann der nächste schöne Zufall, nachdem ich die Jungs um 17 Uhr an den Busbahnhof gebracht hatte. Ein allerletztes Mal wollten Nina, Isabella, ich, Patxí; Bernie und wie sie alle heißen unseren „Sonntagstreff“ im Retiropark zelebrieren. Da mir tags zuvor allerdings mein Handy geklaut wurde, war ich schon ganz traurig, dass ich gerade meine spanischen Freunde nicht mehr einladen konnte, weil mir ihre Nummern fehlten.
Als wir nun also schon eine Weile im Retiro saßen, erhielt Isabella plötzlich eine SMS von Ernesto, meinem Tandempartner, den ich auch unbedingt noch mal sehen wollte. Ich hatte bis dato nicht gewusst, dass Isabella seine Nummer besaß und freute mich dann natürlich wie toll, dass er ebenfalls mit Freunden im Retiro unterwegs war und zehn Minuten später vor mir stand, sodass ich mich auch von ihm noch persönlich verabschieden konnte. :)
Die restlichen Tage bis zu meinem Abflug nach Deutschland verbrachte ich mit Packen, Bangen, Verabschieden und Traurig-und-vorfreudig-zugleich-sein. Am Mittwochabend veranstaltete ich zudem noch eine kleine Abschiedsfeier. Am 6. Juli sollte es dann endgültig „Auf Wiedersehen“ für mich heißen. Da ich furchtbar viel Gepäck hatte (vier Handgepäckstücke, einen großen Wanderrucksack und einen noch größeren Koffer), brachten mich Elina und Charissa netterweise an den Flughafen. Selbst wenn ich jetzt daran denke, kommen mir die Tränen... Es war wirklich nicht leicht, die beiden von dannen ziehen zu lassen, sind wir doch in diesen zehn Monaten sehr enge Freundinnen geworden. Aber da wir uns sogar versprochen haben, uns gegenseitig auf unseren Hochzeiten zu besuchen, mache ich mir keine Sorgen, sondern freue mich schon auf unser hoffentlich baldiges Wiedersehen! ;)
Mein Gepäckproblem löste ich übrigens, indem ich einen Mann, der offensichtlich nur Handgepäck dabei hatte, bat, meinen Wanderrucksack auf seinen Namen einzuchecken, was er dann auch ohne mit der Wimper zu zucken tat. Eine weitere, sehr nette Frau half mir ebenfalls mit meinem viel zu zahlreich vorhandenen Handgepäck. Was es doch für nette Menschen gibt! :)
In Stuttgart wurde ich von meinem Papa um 23 Uhr abends am Flughafen abgeholt und von meiner ganzen Familie daheim in Baden-Baden dann mit Sekt begrüßt. Es war ein wunderbares Gefühl, die Treppen unseres Hauses hinauf zu laufen, die frische Luft einzuatmen, den grünen Garten wahrzunehmen und mit dem Gefühl einzutreten, nach langer, langer Zeit wieder zu Hause angekommen zu sein. :)