Von Abschied und Neuanfang
Seit August ist DoroL wieder in Deutschland, und es fällt ihr nicht leicht, das Jahr in Litauen in Worte zu fassen. Dennoch bleibt die Erkenntnis, dass die Monate im Ausland ihr Leben grundlegend verändert haben.
Turbût neámanoma tapti „buvusiu“ savanoriu. Savanorystë – tai virusas, kuriuo uþsikrëtæs nepasveiksi visà likusá gyvenimà. Ne todël, kad po savanoriavimo nesinori kasdienio nuobodaus darbo su grieþtai nustatytom uþduotim.
Savanoriðka veikla palieka þmoguje gilø pëdsakà – kitoká, naujà poþiûrá á save, á kitus, tarpusavio santykius, naujai atrastas vertybes, atliekamo darbo prasmæ.
It is probably impossible to become a "former" volunteer. Voluntarism is a virus which you get and cannot get rid of for the rest of your life. And it is not that after voluntary service you do not want to do some common daily work with strictly defined tasks.
Voluntary work leaves a deep trace in a person – a new, different approach to yourself, to others, to relationships between each other, newly discovered values, the meaning of the work you do.
Vielleicht ist es unmöglich, ein "ehemaliger" Freiwilliger zu werden. Freiwilligkeit ist ein Virus, den man bekommt und für den Rest des Lebens nicht mehr los wird. Nicht etwa, weil man nach dem Freiwilligendienst keine gewöhnliche tägliche Arbeit mit klar definierten Aufgaben mehr machen will.
Aber Freiwilligenarbeit hinterlässt eine tiefe Spur in einem Menschen - einen neuen, anderen Zugang zu sich selbst, zu anderen, zu Beziehungen zwischen den Menschen, neu entdeckte Werte und die Bedeutung der Arbeit, die du tust.
-----------------
Es wird Zeit, sagte meine Mama. (Und das ist auch schon wieder eine ganze Weile her.) Schreib einen Abschlussbericht.
Aber wie mache ich das? Wie fasse ich dieses Jahr in Litauen in Worte, in einem Bericht zusammen? Kann ich das überhaupt, habe ich abgeschlossen mit diesem Land, dem Jahr, der Arbeit, den vielen großartigen, besonderen Menschen, die ich kennen gelernt habe, mit den Bildern, Erfahrungen und Erinnerungen, die ich gemacht habe, und die immer noch in meinem Kopf auftauchen, spontan oder gerufen?
Nein, natürlich nicht. Wie es oben so unglaublich treffend steht, damit ist man nie durch. Und trotzdem. Das Leben geht weiter.
Seit August bin ich nun wieder in Deutschland.
Die letzten Wochen in Litauen waren großartig, einzigartig, voller Sommer und Sonne, verrückt und kunterbunt und gleichzeitig traurig, aufwühlend, nachdenklich und in manchen Stunden unglaublich einsam. Wie so etwas zusammen passt? Ehrlich, ich habe keine Ahnung, aber ich kann euch sagen, es geht.
Und dann das Zurückkommen. Man hat ja viel darüber gehört und geredet, über das Phänomen "Resozialisierung", auf den vielen Seminaren, aber wenn man es dann selbst erlebt, ist es eben doch eine ganz eigene Erfahrung. So ganz anders und doch auch wieder so gleich.
Die ersten Wochen: Euphorie, Familie und Freunde treffen, Schützenfest feiern, alte, vertraute Orte besuchen, die noch genau so sind wie früher, aber gleichzeitig so anders.
Und dann ist sie da, DIE Frage: "Und? Wie war’s? Erzähl!" Und ich stehe da vor einer unglaublich großen Sprachlosigkeit. Viel mehr als "Toll. Wirklich, es war soo großartig!" kommt da nicht raus. Zurück bleibt ein wahrscheinlich etwas enttäuschter Gegenüber und dieses schrecklich schale Gefühl innen drin: Mensch, dieses Jahr war doch nun wirklich nicht einfach nur "toll".
Aber wie lassen sich Gefühle, Bilder, Gerüche, Menschen in Worte fassen, ohne das etwas von ihrem Zauber, von ihrer Faszination verloren geht? Das ist vielleicht auch das, was ich am Wenigsten erwartet hatte und was gleichzeitig das Schlimmste für mich ist: Die Erkenntnis, dass es eben doch unglaublich schwierig ist, derartige Erfahrungen mit anderen zu teilen.
Und dann war da ja noch etwas. Das "neue" Leben. Studienbeginn. Eine neue Stadt, Rostock, die mich mit Meeresrauschen, dem wunderschönen hanseatischen Stil und zartem Möwengekreische willkommen geheißen hat. Ich wohne in einer großartigen WG, der Anna-Doro-Strom-Lebensgemeinschaft, in einem wunderbar heimeligen Plattenbau (damit wenigstens etwas von Litauen bleibt ;)).
Mein Studium ist sehr, sehr interessant, von HNO-Heilkunde über Entwicklungspsychologie zu Allgemeiner Heil- und Sonderpädagogik und der Einführung in Sprach- und Literaturwissenschaften für Grundschulpädagogen ist alles dabei (nur das Wissenschaftliche Arbeiten Donnerstags ist völlig überflüssig, aber es kann ja nicht NUR positiv sein ;)). Nette Menschen durfte ich auch schon kennen lernen, und konnte sogar schon meine Vorurteile gegenüber typischen Sonderpädagogik-Studenten und Tussis gründlich überdenken, denn dass sich diese beiden Gegensätze vereinen lassen, habe ich bisher für ziemlich unmöglich gehalten. Aber nichts ist unmöglich :)
Es geht also weiter, das Leben.
Hermann Hesse hat gesagt:
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Und damit hat er verdammt Recht.
Komentarze