Vive l'amitié franco-allemande; Es lebe die deutsch-französische Freundschaft
Vom sauberen Trinkwasser bis hin zur Jogginghose scheint heute alles einen eigenen Gedenktag zu haben. Der 22. Januar jedoch ist einer mit Geschichte: Der Tag der deutsch-französischen Freundschaft
Deutschland hat verhältnismäßig viele Nachbarländer: Österreich und die Schweiz, im Osten Polen und Tschechien, Dänemark im hohen Norden und schließlich die BeNeLux-Staaten. Der größte und liebste Nachbar jedoch ist Frankreich, wenngleich diese Freundschaft hart erarbeitet ist.
Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts, nachdem der deutschfranzösische Krieg 1870/71 und die anschließende Kaiserreichsgründung im Versailler Spiegelsaal einen Keil zwischen die beiden Nachbarstaaten getrieben hatte, war von einer “Erbfeindschaft” die Rede. Auch die darauf folgenden zwei Weltkriege, in denen sich Frankreich mit dem für Deutschland bitteren Versailler Vertrag nach Ende des ersten revanchierte und nach Kriegsende (des zweiten Weltkrieges) Deutschland im Zuge der Trizone besetzte, trieben die beiden Länder weiter auseinander.
In dieser verfahrenen Situation ist die Annäherung Frankreichs und Deutschlands lediglich den zahlreichen Präsidentenpaaren zu verdanken, die den Weg ab dem deutsch-französischen Friedensvertrag, geschlossen am 22. Januar 1963 im Pariser Elysee-Palast, säumen. Konrad Adenauer und sein französischer Kollege Charles de Gaulle verpflichteten ihre Regierungen darin zur gegenseitigen Beratung in allen wichtigen Fragen der Außen- und Sicherheits-, besonders aber der Jugend- und Kulturpolitik. Ebenso beschlossen sie regelmäßige Regierungstreffen und die Benennung eines Generalsekretärs in jedem Land als Beauftragte für die deutsch-französische Zusammenarbeit.
Auf Adenauer und de Gaulle folgten später unter anderem Schmidt und d’Estaing, Kohl und Mitterand und schließlich Gerhard Schröder und Jaques Chirac, die 2003 den heute gefeierten Tag der deutsch-französischen Freundschaft anlässlich des 40. Geburtstags des Elysee-Vertrags festlegten.
Als dann letztes Jahr der 50. Jahrestag anstand und sich François Hollande und Angela Merkel in Berlin zu einem zentralen Festakt trafen, konnten sie beim Blick auf die Freundschaft ihrer beiden Länder tatsächlich stolz sein: die amitié franco-allemande war gehegt und gepflegt worden, und sie war tatsächlich gediehen.
Heute manifestiert sich diese Freundschaft vor allem im Kultur- und Jugendaustausch, welcher tatsächlich Motor der Annäherung zu sein scheint. Das deutsch-französische Jugendwerk (DFJW) konnte bislang unglaublichen 7,5 Millionen Jugendlichen eine Jugendbegegnung ermöglichen und ist Vorbild für das später gegründete office franco-québécois und das deutsch-polnische Jugendwerk. Auch die 1999 gegründete deutsch-französische Hochschule und nicht zu vergessen der international geschätzte, bilinguale Kulturkanal ARTE sind Belege der blühenden Freundschaft der beiden Nachbarländer. Was damals in der Politik als große Geste der Versöhnung begann, hat sich also tatsächlich auch im Alltag der Bevölkerung durchgesetzt.
Warum braucht es denn dann einen eigenen Gedenktag für diese Beziehung, wenn bilateral doch alles gut läuft? Natürlich ist der 22. Januar eine gute Gelegenheit, in allen Institutionen der Länder für die Partnersprache, Austausche, Praktika und das Studium im Ausland zu werben, doch es geht um mehr. Diese Freundschaft ist nicht selbstverständlich -bei ihrer Vorgeschichte vielleicht sogar unnatürlich- und dieser Tag soll helfen, sich ihrem Wert bewusst zu werden. Es geht um Dankbarkeit, aber auch darum, Vorbild zu sein. Und so feiert dieser Tag die Macht, die eine versöhnliche Politik haben kann; aber auch die Macht der Jugend, wenn sie Chancen wahrnimmt und am Kulturaustausch teilnimmt.
Komentarze