VI SES
[Abschiede sind nicht so mein Ding]
Die Zeit vergeht ganz schön schnell am Ende. Das schlimmste sind wohl die Abschiede. Immer wieder und immer mehr. Das schlimmste sind wohl die Momente, in denen man sich fragt, ob man das, was man gerade macht, zum letzten Mal macht. Das letzte Mal in Sønderborg am Strand spazieren gehen. Das letzte Mal in echten richtig dänischen Flying tigers einkaufen. Das letzte mal auf Tour mit den Kids. Zu Super Brugsen laufen, um ein Paket abzuholen. Alex zu Besuch zu haben. In der WG auf dem Küchenboden dumme Memes angucken. "Good old days" in Selinas Auto hören. Eines von den Kindern kuscheln. Mit einem Woopie üben, den Namen zu schreiben. Gutenmorgenkreise machen und „Vi ses i morgen“ rufen.
Unfassbar wie schnell man sich an alles gewöhnt. An das Aufstehen am morgen, ein halb verschlafenes „Godmorgen“, mit Franzi zum Bus rennen. Die Schweiz Flagge über der Couch, dem Sommersby an lauen Abenden. Den Hafen/Schloss-Spaziergängen. Dem WG-Leben. An das Kinder entgegennehmen in der Früh. Das Vertrauen, das einem entgegengebracht wird. Das Gekuschelt-Werden und irgendwann jedes einzelne Kind so gut kennen, dass man schon an Blicken erkennen kann, was es will. Oder auch mit wenigen genuschelten dänischen Worten sofort weiß, was los ist. Das Ratschen mit den Kolleginnen. Das Gebraucht-Werden. An reflektieren und überdenken. An Dänemark. An alles um einen herum, von dem man am Anfang noch ein bisschen überfordert war.
Und dann kriegen auch irgendwann die Kids mit, dass man nicht mehr lange da ist. Und sagen plötzlich so Sachen wie "Ich mag dich", "Manchmal vermiss ich dich abends" oder kuscheln nur ganz lange - und von einem Kind will das wirklich etwas heißen.
Dann bringen Eltern mit ihren Kindern schon eine Woche früher wegen Letzter-Tag-Verwechslung Blumen für dich mit, dann lächeln Eltern, wenn ihr Kind statt bei anderen bei dir auf den Arm abgegeben werden will.
Ganz schön verrückt, wie lieb man 22 Kinder haben kann, die einen manchmal ausversehen 'mor' nennen. Ach was hab ich sie alle lieb, meine Kleinen!
Und dann ist plötzlich die letzte Woche da und die letzten Tage brechen an. Man packt ein bisschen, geht gaanz viel spazieren und plant die nächstes zwei Wochen: Schweden, das heißt Stockholm - Vimmerby - Göteborg. -Und dann geht es auch schon wieder zurück. Zu Familie, Freunden, Stadt. Auf die man sich schon freut. Richtig freut. Aber wird das nicht auch komisch?
Diese zehn Monate hier waren unglaublich. Und ich hatte so unfassbar viel Glück mit allem. Mit meiner WG, die Mitbewohnerinnen und gute Freunde zugleich sind. Mit meiner Arbeit, den tollsten Kindern und besten Kolleginnen. Mit Dänemark, dem alles sehen, spazieren gehen, Meer. Den anderen Freiwilligen, dem Reisen, Lachen, Glücklichsein. Nachdenken, Grillen, Spazieren gehen. Mit Franzi und Selina und Alex.
Und jetzt ist Freitag. Und ich hatte einen wunderschönen, wenn auch tränenreichen, letzten Tag. Mit vielen Geschenken, Glitzerbowle, gaanz vielen Umarmungen und Kuscheleien. Denn klar haben die Kinder jetzt auch schon ein bisschen verstanden, dass ich nächste Woche nicht mehr da bin. Deshalb muss ich auch noch "so oft besuchen kommen [Kind zeigt 10 Finger]" - "Nein, so oft - hundert Mal" - was ich natürlich vorhabe.
Und abends ist dann noch das Grillfest - der schönste Abschluss, den man sich wünschen kann. Mit Kindern, die durch Elterngespräche toben. Mit Eltern, die mit einem reden ("Sie wird dich sehr vermissen" - "Er redet die ganze Zeit von dir" - "Schön, dass du da warst!") und nach Zukunftsplänen fragen. Mit Kindern, die kommen, mit einem essen, kuscheln, spielen. Und dann ist der Abschied schon sehr schwer. Von Kindern, die einen ein paar Minuten zuvor noch ausversehen "mor" genannt haben, die man 10 Monate kannte, ins Herz geschlossen, gesehen hat, wie sie ein kleines Stückchen wachsen, die sagen "meine Laura" und einen ganz feste drücken. Von Kolleginnen, mit denen man sehr, sehr viel Spaß und Momente hatte, von Ersatz-Mamis, von alledem. Immer noch unfassbar, dass das jetzt einfach vorbei ist…
Und dann sitzt man zuhause. Kann sich in Ruhe die tollen Abschiedsgeschenke anschauen und ist glücklich und traurig zugleich. Und ein kleines bisschen stolz. Und man weiß, dass man das alles hier nie vergessen wird!
DANKE! ♥
Vi ses!
Eure Laura(: