Veränderungen
Kruenkernchen hat einiges vor im neuen Jahr. Sie will endlich die alten Probleme anpacken und ihre Situation verbessern. Ob dabei vielleicht eine neue Stelle rausspringt?
5. Dezember 2007
Jetzt ist schon Dezember und Paul hat immer noch nichts wegen des Wechsels von sich hören lassen. Ich hätte aber gerne eine etwas bessere Perspektive für das neue Jahr und außerdem ein wenig Eingewöhnungszeit, bevor meine Eltern mich hier besuchen kommen. Also kommen die Neuigkeiten von Hannah beim letzten Freenightcall wie ein Halleluja. Da sie ihre Gastsituation (die eigentlich nur vorübergehend bei ihrer Chefin sein sollte) unbedingt ändern will, hat sie sich nach Alternativen umgeschaut. Und es gibt da einen älteren Herren mit Namen Uncle Sam, der die größte zeit seines Lebens in Großbritannien gelebt hat und im September wieder in sein Heimatland Ghana zurückgekehrt ist. Er lebt hier mit seinem Bruder und dessen Familie im Haus mit Namen „Amen Corner“ direkt neben der Sawmill, in der Nachbarschaft von Hannah.
Nach einigen Gesprächen mit ihm kam er dann mit dem Angebot, ihr das Dachbodenzimmer zu überlassen und einen kleinen Beitrag für Strom, Wasser und Gas zu verlangen. Und weil Hannah da nicht allein einziehen will, kam sie auf den Gedanken, ich solle doch nach Accra wechseln. Da fiel mir natürlich gleich das Projekt ein, von dem Paul mir bei dem besuch in Duakwa erzählt hat. Dieses Streetgirls-Trainingscenter. Und nach einigem Überlegen und einem Wochenende mit Schlachtplan-Vorbereitung sind wir uns einige: Wir wollen diese Idee umsetzten und alle, die sich dem entgegenstellen (die Leute von ICYE, Major Wendy von der Salvation Army, Hannahs Chefin, meine eventuell zukünftige und meine eventuell ehemalige Chefin), überzeugen.
Aus dem Grund haben wir ein Treffen mit William persönlich verabredet und wollen nun die Probleme vortragen, an denen sich ja seit November nicht viel geändert hat. Und aus dem Grund habe ich mir also gestern, mitten in der Woche, von Tante Teretha freigeben lassen, um noch am Nachmittag nach Accra zu fahren und dort dann Hannah von ihrer Arbeit in der Nursery abzuholen. Gemeinsam laufen wir dann zu Uncle Sam, um uns eine genaue Zahl für den „kleinen“ Unkostenbeitrag nennen zu lassen. das ist erstmal ein Schock: Er will 50 Cedi, das ist echt nicht wenig. Da werden die von ICYE nicht erfreut sein. Schließlich ist das mehr als das doppelte unseres Taschengeldes. Aber wir hoffen erstmal auf unser Glück.
Am morgen drauf essen wir dann erstmal in Hannahs Nursery unser Koko (eine Art Maisbreiporridge), um uns für den Kampf gegen die Windmühlen zu stärken. Ich mach mich dann um halb acht auf den weg zum Circle, um von da zum Salvation Army Headquater zu fahren. Meine Post müsste mal wieder gekommen sein und ich brauch noch eine genaue Beschreibung wo die Einrichtung denn liegt. Paul meinte ja nur ghanaisch-unkonkret „in der Nähe vom Circle.“ Denn einmal anschauen will ich die Sache schon, um nicht vom Regen in die Traufe zu kommen.
Aber Alice, meine besondere Postfreundin von der Salvation Army Rezeption, kann mir helfen und holt jemanden ran, sodass ich mir schon eine halbe Stunde später mit einer Wegbeschreibung bewaffnet, den Weg durch die Hinterstraßen von Kokomlemle bahnen kann.
In der Einrichtung, die den Namen „Anidaso Fie“ trägt, werde ich dann der Administratorin Sister Irma vorgestellt. Sie ist ein etwas kräftiger Obruoni, der mir die angeschlossene Klinik, das AIDS-Beratungszentrum und das Skill-Trainingscenter zeigt. Die Mädchen erhalten hier eine Ausbildung in Batikherstellung, Bakery und Hairdressing und bekommen damit die Möglichkeit etwas Sinnvolles zu erlernen. Es ist auf alle Fälle etwas soziale Arbeit dabei und als ich mich um halb zwölf Richtung Labadi zum ICYE Büro aufmache, um Hannah zu treffen, bin ich überzeugt, dass dies allemal besser ist, als die Klinik in Baa und Duakwa. Aber da ist ja noch William. Es herrscht eine relativ angespannte Stimmung, als wir ihm nacheinander unsere unveränderten Probleme vortragen und mitteilen, wie wir die zu lösen gedenken. Wie anzunehmen schluckt er ganz schön, als er von den 50 Cedi hört, weil ja auch noch Essensgeld für Hannah und Fahrtkostenzuschuss für mich mit auf die Rechnung kommen. Aber aus irgendwelchen Gründen (vielleicht, weil wir die Deutschen im IJCA Büro immer mitinformiert haben...), lässt er sich dann doch auf die Sache ein.
Juhu, jetzt muss ich nur noch der Salvation Army klar machen, mich umzubesetzen und dann wird das vielleicht doch noch was mit einem sinnvollen Jahr hier...