Unwillkommener Endspurt
Menschen, Fechten, Menschen, Fechten, Finnen, Fechten und der bevorstehende Abschied - die drei Dinge die Katrin im Moment beschäftigen. Und in vier Wochen ist es soweit!
Puh, nun kann ich es wirklich nicht mehr leugnen!
Es sind nur noch etwa vier Wochen und dann ist meine Zeit in Finnland vorbei!
Ich habe wirklich versucht es von mir weg zu schieben, ganz nach dem Motto: wenn ich nicht daran denke, wird es auch nicht wahr. Logischer Weise ist diese Strategie nicht aufgegangen. Ich verstehe nicht wo die Zeit so schnell hin möchte aber sie scheint es unglaublich eilig zu haben! Vielleicht nimmt sie an einem Marathon teil und legt auf der Zielgeraden einen Sprint ein, wer weiß.
Den größten Teil meiner Freizeit verbringe ich in der Salle (Trainingsraum) beim Sport. Das Zusammensein mit den Menschen macht richtig viel Spaß, der Sport sowieso und außerdem lerne ich auch noch sinnvolle Dinge wie Massagetechniken (für beanspruchte Muskeln um Verletzungen vorzubeugen und wenn doch etwas passiert ist den Heilungsprozess zu beschleunigen) und einige asiatische Atemübungen. Die verbleibende Zeit will ich nutzen um so viel wie möglich zu lernen. Da es ein exotischeres Hobby ist als Badminton, Fußball, Karate oder Volleyball kann ich es in Deutschland nicht einfach weiter machen.
Die letzten zwei Tage war ich faul – habe die Zeit nicht sinnvoll genutzt sondern nur zusammen mit Tatjana und Nadine vorm Fernseher gehangen. Kein gutes Gefühl. Jeden Tag den ich nicht beim Training verbringe bereue ich oder besser gesagt habe ich mit einem schlechten Gewissen. Ich könnte so viel lernen, Spaß haben, mich sportlich betätigen aber tue es nicht. Genau so ging es mir die letzten beiden Tage.
Sonntag habe ich wieder an einem siebenstündigen Seminar teilgenommen. Montag war ich auch beim Training – und musste leider feststellen, dass meine Aufnahmefähigkeit nicht die Beste war, wahrscheinlich war ich einfach ausgepowert. Es hat nichts so geklappt wie es sollte und nachdem ich dann Mr. Windsor (meinen Lehrer) nicht mal mit dem „basic take down“ zu Boden bringen konnte war alles vorbei. Mein Selbstvertrauen ist spontan in Urlaub gefahren.
Dienstag war ich dann nur beim Freien Training um „Fallübungen“ zu machen (also den Trainingspartner zu Fall zu bringen). Das hat wieder sehr viel Spaß gemacht, denn Ilkka und Matias waren da. Training mit Ilkka ist immer sehr anstrengend aber spaßig und Matias wurde nicht müde hinzufallen und hat sich mir sozusagen bereitwillig als Versuchskaninchen zur Verfügung gestellt. Nachdem ich den Urlaub meines Selbstvertrauens in einen Tagestrip verwandelt hatte (dank Ilkkas Hilfe), machten wir noch Fotos für einen geplanten Flyer.
Und wie es nun mal so ist, konnte ich einfach nicht ernst bleiben. Ich musste immer grinsen und das passt nun mal nicht zu einer Kampfsportart. Irgendwie hat es aber doch noch geklappt. Erstaunlicher Weise haben die beiden „Jungs“ mir dann angeboten mich ein Stück im Auto mitzunehmen, was den Heimweg ganz erheblich verkürzt hat.
Es wundert mich immer wieder aufs Neue. Wieso muss es gerade jetzt, gegen Ende auf einmal so gut mit den Leuten klappen? Zuerst denkt man, dass man mit einer Wand spricht und nichts zurück kommt oder das einem ein Eiswind entgegen weht und nun? Jetzt tauen sie auf einmal auf und es macht wirklich super viel Spaß. Und sogar mit dem schweigsamen Thorsti habe ich mich mittlerweile richtig unterhalten. Und der ist nun wirklich ein ruhiger Zeitgenosse – selbst für finnische Verhältnisse. Ich habe noch nie so viele nette und interessante Menschen, mit denen ich mich gut verstehe, auf einen Haufen getroffen!
Mittwoch und Donnerstag habe ich dann eine Zwangspause gemacht – Mittwoch weil ich länger arbeiten musste (dazu gleich mehr) und gestern da ich nicht sicher war ob an Himmelfahrt Training stattfindet und ich wollte nicht hinfahren um dann zu merken, dass die Tür abgeschlossen ist… das wären fast drei Stunden Busfahrt für nix und wieder nix gewesen.
Am Mittwoch habe ich den ganzen Tag einer Fotografin geholfen. Sie war hier um Werbefotos für die Akatemia zu machen. Ich habe ihr beim umherschleppen der Gerätschaften und beim Aufbau des Sets für ein Fotoshooting geholfen. Es hat super viel Spaß gemacht. Es war sehr interessant zu sehen wie sie arbeitet, worauf sie achtet und wie alles funktioniert. Das war eine wunderbare Abwechslung zu der todlangweiligen Scannerarbeit, die ich leider immer noch mache. Ab nächster Woche werde ich hoffentlich endlich draußen arbeiten können und bis dahin muss ich noch eine PowerPoint Präsentation vorbereiten (über den EFD, meine Erfahrungen und Bremen), denn es soll hier ein internationaler Tag stattfinden (fällt den Verantwortlichen wieder unglaublich früh ein…). Anne (die Fotografin) hat mir versprochen einige Fotos zu schicken – ich hoffe sie tut es! Außerdem habe ich mich an diesem Tag mit einer Studentin unterhalten mit der ich noch nie ein Wort gewechselt hatte. Aber Mittwoch hat sie sich beim Essen zu mir gesetzt und wir haben uns bestimmt eine halbe Stunde lang unterhalten und heute saßen wir dann wieder über eine halbe Stunde lang zusammen!
Letzte Woche hatte ich ein ähnliches Erlebnis mit einer finnischen Schweizerin. Sie studiert hier in der „Theater-Linie“ und sprach mich vor einigen Tagen an. Wir hatten vorher nur einige Worte gewechselt, da wir wussten, dass wir beide Deutsch sprechen. Auch hieraus ergab sich ein wunderbares Gespräch das fast eine Stunde gedauert hat! Wir haben über alles Mögliche gesprochen und ich weiß jetzt mit Sicherheit, dass ich nicht die einzige bin, die Startschwierigkeiten mit den Finnen hatte – geht anscheinend jedem so, selbst den „Halbfinnen“. Und bei Anderen dauert es anscheinend noch länger als bei mir, bis dieses Hindernis einiger Maßen überwunden ist!
Gerade wenn Klein-Katrin resigniert aufgibt kommen die Finnen von sich aus auf sie zu… Auf einmal scheint es kein Problem mehr zu sein finnische Freunde zu finden.
Mir wurde schon nun mehrmals von verschiedenen Leuten (auch wiederholt) in den unterschiedlichsten Situationen gesagt, dass ich hier bleiben soll. Wer rechnet denn bitte mit so etwas? Ich nicht. Und es macht den Abschied noch viel schwerer als er sowieso schon ist!!!
Am 9. Juni ist mein EFD offiziell vorbei. - Das ist weniger als ein Monat! – Zwei oder drei Wochen werde ich aber dranhängen um meiner Lieblingsbeschäftigung noch etwas nachgehen zu können, denn zurück in Deutschland wird sich das schwierig gestalten. Außerdem werde ich noch etwas rumreisen (wenn ich das Geld dafür noch habe), mich mit Freunden treffen (einige Freiwillige, meine finnische Brieffreundin) und die Zeit mit den Leuten hier einfach noch genießen.
Mir ist jetzt schon bewusst wie schwer der Abschied werden wird. Wenn ich nur daran denke bekomme ich schon Bauchschmerzen. Anfang des Jahres war das noch anders, ich hatte eine schöne Zeit aber es wäre nicht sonderlich schlimm gewesen zurück nach Hause zu müssen. Mit dem Beginn des Anfängerkurses und seit es mit meinen Mitmenschen so gut klappt hat sich das komplett geändert.
Ich kann nur jedem empfehlen sich so bald wie möglich ein Hobby/Sportverein zu suchen, nachdem der EFD angefangen hat. So ist es viel einfacher mit Gleichgesinnten in Kontakt zu kommen und es macht zufrieden und glücklich.
Die Salle mit allem was dazugehört (Menschen, Atmosphäre, Sport) hinter mir zu lassen wird unfassbar schwer werden. Davor habe ich wirklich etwas Angst! Denn so gerne ich die Leute der Akademie auch mag, ich habe einen ganz anderen Draht zu den Menschen beim Sport. Deshalb wird es dort mindestens doppelt so schwer.
Nun heißt es: die restliche Zeit genießen!!!
Nächste Woche kommt Katja mal wieder für ein verlängertes Wochenende nach Helsinki, dann werden wir ihren Geburtstag feiern. Freue mich schon darauf.
So, jetzt sollte ich wohl mal weiter arbeiten. Der Artikel ist ja auch schon fast in einen Roman ausgeartet! Liebe Grüße und bis bald Katrin!