Unterforderung am Arbeitsplatz macht krank
Antriebslosigkeit, Schlafstörungen, Depressionen: Es klingt paradox, aber Berufstätigen, die am Arbeitsplatz nur die Zeit totschlagen, drohen gesundheitliche Probleme. Bore-out statt Burn-out. Auch das Anforderungslevel der Freiwilligendienste kann sehr verschieden sein. Diese Reportage erklärt was das Boreout-Syndrom ist, und was ihr dagegen tun könnt.
Burnout als Volkskrankheit ist lange nichts Neues mehr. Dem parallelen Gegenstück, dem sogenannten Boreout- Syndrom (englisch boredom „Langeweile“ bzw. „ausgelangweilt sein“) hingegen, wird weitaus weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Nach dem Stressreport 2012, veröffentlicht von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin fühlen sich fünf Prozent der Beschäftigten mengenmäßig und 13 Prozent fachlich unterfordert. Zum Vergleich: Unter fachlicher Überforderung litten vier Prozent der Befragten, 19 Prozent klagten über quantitative Überforderung.
Unter Boreout-Syndrom wird ein Zustand ausgesprochener Unterforderung im Arbeitsleben bezeichnet.
Wer unterfordert ist, ist unglücklich, weil er ständig das Gefühl hat, dass er eigentlich viel mehr leisten kann, als er tatsächlich tut. Aus Unterforderung entsteht Langeweile und aus Langeweile entsteht Lustlosigkeit, denn warum soll man überhaupt noch arbeiten, wenn man sich langweilt und gar nicht mehr weiß, was man noch arbeiten soll?
Allen Ursachen gemein ist, dass der Betroffene unglücklich ist, sich fehl am Platz fühlt und den Sinn der Arbeit vermisst. Denn wer nicht arbeitet, leistet auch nichts, worauf er stolz sein könnte. Anerkennung gibt es also keine, weder für die Arbeit, noch für die Person.
Betroffene schlagen die Zeit tot, haben das Gefühl ihr Leben ziehe an ihnen vorbei.
Daraus resultieren Symptome wie Niedergeschlagenheit, Depressionen, Antriebs- und Schlaflosigkeit, Tinnitus, Infektionsanfälligkeit, Magenbeschwerden, Kopfschmerzen und Schwindelgefühle.
Zwar sind die Symptome von Burnout und Boreout oft die gleichen, doch während Burnout zu einem gesellschaftlich “anerkannten” Leiden geworden ist, trauen sich die meisten Boreout-Betroffenen nicht, über ihre Probleme zu sprechen. Denn was soll man schon von jemandem halten, der krank wird, weil er nichts tut?
Während Stress und Überlastung kommuniziert würden, entstünde bei Nichtleistung ein subjektives Gefühl der Leere.
In ihrer soziologischen Analyse charakterisiert die Wiener Soziologin Elisabeth Prammer das Phänomen. Aus Angst, sich durch Engagement an den langweiligen Arbeitsplatz zu binden, werde die Situation akzeptiert. Zudem blieben Betroffene im Betrieb, da sie Hemmungen hätten, den Arbeitsplatz zu verlassen und begäben sich stattdessen in die innere Kündigung. Bei Freiwilligendiensten kann es natürlich auch zum „Monate runterzählen“ kommen.
Die Auseinandersetzung und das Aushalten der unbefriedigenden Situation führe laut Prammer zu weiterem Stress, der lähmend wirke und belaste. Dieser unterforderungsbedingte Stress, der sogenannte „Unterstress“ entstehe durch zu wenige und falsche Aufgaben am Arbeitsplatz. Außerdem spiele die Diskrepanz zwischen Fähigkeiten und Anforderungen eine weitere Rolle bei der Entstehung von Stress. Zudem entstünden aus dem Gefühl der Ohnmacht, Symptome einer Erschöpfungsdepression, wie sie auch beim Burnout vorkommen.
Um die Langeweile zu kompensieren, würde oft die Energie in die Freizeit verschoben und in der Arbeitszeit nur noch Zeit abgesessen. Womit das Problem nicht gelöst sei, denn wer keinen formalen Exit wähle, würde immer den informellen als Ausweg suchen. Langfristig gesehen ist ein Boreout wohl genauso gefährlich wie ein Burnout und sollte nicht so einfach hingenommen werden.
Ein guter Ratschlag für Freiwillige in dieser Situation wäre, einmal beim Chef anzufragen, ob es möglicherweise anspruchsvollere Aufgaben gäbe. Außerdem kann das Leben auch außerhalb des Arbeitsplatzes gelebt werden. Plant Ausflüge, sucht euch einen Verein oder versucht trotz langweiliger Arbeitssituation euren Fokus auf die Erkundung eures Gastlandes zu setzen. Denn auch hierfür macht ihr diesen Freiwilligendienst.
Quellen:
https://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article115289330/Unterforderung-im-Beruf-macht-krank.html
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