Ungewöhnliche Kulturerlebnisse
In Moldawien bekommen die Freiwilligen unerwarteten Besuch aus Deutschland: Die Sportfreunde Stiller geben in Chişinău ein Konzert anlässlich des 3. Oktobers - wenn auch erst zwei Tage später.
Gestern (Montag) erlebten wir Freiwilligen ein recht außergewöhnliches Ereignis: Die Sportfreunde Stiller gaben ein Gratis-Konzert in Chişinău anlässlich des Mauerfalls vor zwanzig Jahren. Wenn auch zwei Tage verspätet. Schon interessant zu sehen, wie eine in Deutschland höchst populäre Band in Moldawien auftaucht und dort vor dem Auftritt unerkannt über den Konzertplatz spaziert. Rosi und ich waren schon zwei Stunden vor dem Konzert da und beobachteten Bühnenaufbau und Soundcheck. Wir trafen dabei auch auf den Frontsänger der Band, ein kleiner geschätzt 27-jähriger Bayer namens Peter. Ich kannte ihn vorher nicht, Rosi war jedoch ganz aus dem Häuschen. Wir machten jeder ein Foto und ich gab dann noch während des Lächelns fürs Foto zu: „Hey, ganz ehrlich, eigentlich hör ich eure Musik überhaupt nicht.“ Woraufhin er grinste und meinte: „Na da kannst du ja heute direkt damit anfangen.“
Gesagt, getan, denn zusammen mit ca. zehn anderen Freiwilligen und einer kleinen Schar Deutschen standen wir während des Konzerts in der ersten Reihe, gefolgt von einer ungeahnt riesigen Menge Einheimischen. Das Konzert war wirklich gut, ich kannte sogar mehr Lieder, als ich dachte. Überraschend für mich war auch, dass der Frontsänger fast genauso viel Rumänisch wie Englisch konnte - nämlich ungefähr fünf Wörter. Trotzdem sang die Band immerhin eine Strophe ihres bekanntesten Liedes auf Rumänisch. Das war schon echt ein etwas anderes Konzerterlebnis, wenn man zu den einzigen 20 Leuten in der Publikumsmenge gehört, die die Texte verstehen konnten und blöde Sprüche grölen konnten.
Danach trat noch eine von Moldawiens beliebtesten und berühmtesten Rockbands auf: Zdob si Zdub. Nicht unbedingt mein Geschmack, trotzdem ein sehr nettes Konzert. Schlecht in Worte zu fassen, aber die Fotos sprechen für sich. Den Frontmann würde der vulgäre Deutsche wohl schlichtweg als Hackfresse bezeichnen. Auch war die Musik nicht außergewöhnlich, aber die Band konnte den jetzt unüberschaubar vielen Zuschauern schon gehörig einheizen. Westlicher Rock gemischt mit den schnellen Folklorerhythmen Osteuropas. Holla die Waldfee. Da war die Menge am Hopsen. Und die Weiber am Kreischen, unaufhörlich.
Nach zwei Stunden Konzert ließ Rosi dann auch endlich mal Körperkontakt zu einem der französischen Freiwilligen zu, mit dem sie gestern im Kino schon Händchen gehalten hatte, wie niedlich. Da haben sich zwei gesucht und gefunden.
Zum Kinoabend: Seit Freitag läuft hier das Rumänische Filmfestival. Am Sonntag trafen sich einige von uns und schauten sich einen der Low-Budget-Produktionen an. Also ich hab ja schon kranken Humor erlebt und auch mehrere Filme gesehen, die nichts verschleiern. Aber dieser Film war ja wirklich oberkrank. Ein paar Szenen: Ein 50-jähriger Mann steigt in die Wanne (natürlich in Ganzkörperaufnahme, die haben ja keine Hemmungen), da fällt ihm etwas ein, er will noch mal raus, stößt sich beim Aussteigen den Kopf am Boiler, sodass die Kopfhaut aufplatzt und er mit blutendem Kopf schreiend, nackt und nass durch die Wohnung rennt und sich vor Schmerz auf dem Boden wälzt. Ein anderes Mal in Nahaufnahme ein Opa, der sich seine verhornten Zehennägel abzuschneiden versucht, wobei man nur den Fuß und die Hand sieht. Ich denke das reicht schon an Beispielen. Trotzdem fand ich den Film gut gemacht, de Schauspieler waren gut und ich hab viele Witze verstanden, ohne die Sprache zu können. Soviel dazu.
Jetzt werde ich gleich das Plakat für meine Tanzstunden fertig stellen und noch einige Schilder mit Bildern von Gliedmaßen etc. mit rumänisch-englischer Übersetzung, damit die Tanzstundenkinder mich wenigstens ein wenig verstehen. Die letzte (und auch meine erste Stunde) lief ja echt klasse. Bin ja gespannt, wie es heute wird. Ohne Übersetzungshilfe durch die großen Mädchen.