Überraschende Ehrung am 20. August
Der 20. August ist in Ungarn einer der drei Nationalfeiertage, doch er wurde auch für mich zu einem kleinen, persönlichen Feiertag… :)
Neben dem 23. Oktober, dem Gedenktag der Revolution von 1956 gegen die Unterdrückung Ungarns durch die Sowjetunion und dem 15. März in Gedenken an die Revolution von 1848/49 gegen die Fremdherrschaft durch die Habsburger Monarchie gibt es in Ungarn noch einen weiteren Nationalfeiertag, den 20. August.
Dieser Nationalfeiertag ist ein Gedenktag zu Ehren des ersten ungarischen Königs Stephan, auf Ungarisch István. Die Ungarn ehren ihn seit seiner Heiligsprechung im Jahre 1083. Er christianisierte einst das Land, schuf eine starke Zentralgewalt, gründete Bistümer und legte außerdem einen großen Wert auf die Bildung seiner Landsleute. Folgendes ungarisches Zitat stammt von ihm und ist bis heute extrem aussagekräftig: „Az egynyelvű és egyszokású ország gyenge és esendő.“ Dies bedeutet so viel wie: „Ein Land mit nur einer Sprache und einer Sitte ist schwach und gebrechlich.“ Ich mag dieses Zitat sehr, da es zeigt, dass uns unsere Vielfältigkeit und Unterschiedlichkeit stärker macht, kreativer und unser aller Leben spannender, interessanter und lebenswerter. In einer Zeit, in der man Ungarn leider meist mit einer ablehnenden Haltung gegenüber allem Unbekanntem, Fremdartigen verbindet, war es sehr schön, dass auch der Bürgermeister hier in Nagyvázsony auf der gemeinsamen Gedenkfeier dieses Zitat aufgriff.
Zunächst wurde nach einer alten Tradition des 20. Augusts gemeinsam das neue Brot gefeiert, da man diesen Tag in Ungarn auch Tag des neuen Brotes nennt. Anschließend gab es weitere Reden und eine Gesangsaufführung und dann ehrte die Gemeinde Einwohner, die im Dorf besondere Dienste geleistet hatten. Zu meiner großen Überraschung wurde anschließend auch mir vom Vorsitzenden der Deutschen Minderheitenselbstverwaltung ein kleiner Preis als Dankeschön für meine Freiwilligenarbeit überreicht – als erste Nicht-Ungarin und damit auch als erste Freiwillige meiner Organisation. Ich freute mich riesig, obwohl es mir etwas unangenehm war, da ich nicht das Gefühl hatte, diese Auszeichnung sonderlich zu verdienen, dennoch weiß ich, dass es hier viele sehr zu schätzen wussten, dass ich in einer Lokalzeitung ein paar Artikel über meinen Freiwilligendienst veröffentlichen konnte und auch hier auf Youthreporter viel über das Dorf geschrieben habe.
Für mich hat sich hiermit eines wiedermal gezeigt: Die Ungarn sind ein unfassbar dankbares und gastfreundliches Volk, wenn man es geschafft hat, die ersten Kontaktschwierigkeiten und eine gewisse Sprachbarriere zu überwinden. Ich bin dankbar für vieles, das ich hier erlebt habe und stolz, dass es Leute gibt, die mich wirklich vermissen werden!