Schindlers Liste mal anders
Wenn man sich mit der Geschichte beschäftigen will, geht man oft weit zurück in die Vergangenheit. Doch manchmal reicht es auch ein paar Meter vor die eigene Haustür zu treten…
Wir alle kennen sie, die deutsche Geschichte des Nationalsozialismus. Wir haben uns viel damit auseinandergesetzt und befasst. Ob in der Schule oder immer wieder durch die aktuellen Nachrichten, die durch Deutschland und die Welt kreisen. Es war, ist und bleibt wahrscheinlich auch ein hochaktuelles Thema. Manchmal möchte man als Deutscher einfach nur abschalten und die Vergangenheit da lassen, wo sie hingehört. Und doch ist es wichtig die Erinnerung hochzuhalten. Und manchmal begegnen wir ihr an ganz unerwarteten Orten. So ist es mir zumindest passiert, hier während meines Auslandsaufenthaltes in Tschechien.
Eigentlich ist es gar nicht so abwegig der deutschen Geschichte hier in Svitavy zu begegnen. Die Stadt gehörte zum damaligen Sudetenland und war somit mal von knapp 90% Deutschen besiedelt. Und doch hat es mich überrascht zu erfahren, dass der Unternehmer Oskar Schindler 1908 hier in Svitavy geboren wurde. Dass so viel Geschichte in dieser kleinen Stadt steckt, hätte ich nicht erwartet. Oskar Schindler war der Sohn eines vermögenden Landmaschinenfabrikanten und wurde somit schon früh in das Unternehmergeschäft eingebunden. Die logische Schlussfolgerung war also, dass Schindler erst in dem Betrieb seines Vaters tätig war und später selbst Käufer einer Press – und Emaillierfabrik in Krakau wurde. Schindler war seit 1939 Mitglied der NSDAP und hatte durch seine kurzzeitige Arbeit als Spion gute Kontakte zu einigen einflussreichen Nationalsozialisten. Es gibt gespaltene Meinungen, wenn es um das Thema „Schindler – der Retter der Juden“ geht. Die einen sagen, dass Schindler Unternehmer durch und durch war und es nur wichtig für ihn war erfolgreich zu sein und Geld zu machen. Zudem war er Mitglied der NSDAP und somit war es nur ein glücklicher Zufall, dass seine Arbeiter zum Großteil aus Juden bestanden. Wirkliches Interesse an seinen jüdischen Arbeitern habe er nicht gehabt. Andere sagen, dass anfangs Schindler nur auf das Geld und den Reichtum aus war, sich seine Einstellung aber im Laufe der Kriegsjahre änderte. Die in der Press – und Emaillierfabrik arbeitenden Juden aus dem Krakauer Ghetto erzählten Schindler von den Grausamkeiten und Erniedrigungen, die sie dort miterleben mussten. Diese Geschichten sollen dem Geschäftsmann die Augen geöffnet haben und ab dem Zeitpunkt bewusst auf das Wohlsein seiner Arbeiter geachtet haben. So soll er mit Bestechungen immer wieder den geplanten Abtransport seiner Arbeiter verhindert haben. So rettete Oskar Schindler 1200 Menschen das Leben und geht meiner Meinung nach verdient in die Geschichte der Helden ein.
Und so gibt es hier in Svitavy einige Orte an denen man die Geschichte Schindlers nachlesen oder erinnern kann. Das bekannteste von ihnen ist meiner Meinung nach die Oskar Schindler Gedenktafel im Jan-Palach-Park, die 1994 eingeweiht wurde. Des Weiteren gibt in der unmittelbaren Nähe ein eigenes Oskar-Schindler-Informationszentrum mit Café. Hier kann man sich lange aufhalten und viel über den Unternehmer herausfinden. Und auch auf dem mit viel Ehrfurcht und Respekt wieder erneuerten jüdischen Friedhof, findet man Erinnerungen zu diesem Teil der deutschen Geschichte. Und nicht zuletzt das Museum in Svitavy, in dem eine Dauerausstellung zu Oskar Schindler gezeigt wird. Man hat also allerhand Möglichkeiten sich mit der deutschen Geschichte zu beschäftigen. Schindlers Liste hier in Svitavy weist also momentan vier Namen auf. Und wer weiß, vielleicht werden es noch mehr. Auf jeden Fall habe auch ich den Schritt aus der Haustür gewagt und es war gar nicht so schlimm ;)
Quellen:
https://www.dhm.de/lemo/biografie/biografie-oskar-schindler.html
http://www.judentum-projekt.de/geschichte/nsverfolgung/rettung/schindler.html
Broschüre des Museums über die Schindler Ausstellung