Remember me when I am gone away
Am 1. Oktober ging es für mich nach Aserbaidschan, wo ich in den nächsten 12 Monaten einen Europäischen Freiwilligendienst absolviere. Im Flugzeug ging mir einiges durch den Kopf...
Zum Abschied habe ich eine Karte von einer Freundin bekommen, auf der ein Spruch zu lesen ist, der mir nicht aus dem Kopf geht: "Remember me when I am gone away". Und genau das wünsche ich mir. Wir alle wünschen uns das, nehme ich an. Warum sonst sollten wir Abschiedsfeiern machen oder Grabsteine aufstellen... Aber wenn man ins Ausland geht funtioniert das genauso gut andersherum. Auf der Karte könnte auch stehen: "Remember me when you are gone away". Es ist der kleiner Zweifel, der an den "Zurückgebliebenen" nagt, dass sie vielleicht durch die ganzen neuen Eindrücke und Abenteuer, die mich erwarten, vergessen werden können. Und ich wünschte, ich könnte ihnen diese Zweifel nehmen. Ich werde niemanden vergessen. Aber in meinen letzten Tagen in Deutschland war ich viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt, so dass ich es nicht gesagt habe. Und meist sind es die Wörter, die wir nicht gesagt haben, du uns am längsten begleiten...
Dies alles geht durch meinen Kopft irgendwo über den Wolken, in der Dunkelheit. Ich sitze - fast ausschließlich umringt von Männern... und einem weinenden Baby - im Flugzeug. Irgendwo über den Wolken zwischen Kiew und Baku. Ich bin totmüde und kann doch nicht schlafen. Es ist die Aufregung, die mich wach hält. Und die Gedanken, die sich in meinem Kopf drehen. Und vielleicht auch ein bisschen das weinende Kind. Am liebsten würde ich mitmachen. Einfach weinen, weil ich mal wieder alles und ALLE hinter mit gelassen habe. Weinen, weil ich müde bin. Und ich weiß, dass ich noch lange nicht zur Ruhe kommen werde. Ab Baku geht die Reise mit dem Taxi weiter - 6 Stunden durch die Nacht nach Ganja. Ganja, mein neuer Wohnort, mein neues Zuhause. Ganja, eine Stadt, von der ich noch nichts weiß. Nun, das wird sich bald ändern. Aber im Moment bin ich unruhig, weil ich nicht weiß, was mich erwartet. Ich stelle mir vor, wie es sein könnte. Und komme doch nur zu dem Schluss, dass ich es mit nicht vorstellen kann. Und ich bin unruhig, weil es nicht abwarten kann, endlich Ganja und meine neuen Kollegen kennen zu lernen. Und weil ich... wie soll ich nur in Worte fassen, was ich selbst nicht verstehe? Eine Mischung aus bekannten und unbekannten Gefühlen breitet sich in meinem Körper aus. Bei meinen letzten längeren Auslandsaufenthalten war ich vorher meist nur voller freudiger Aufregung und einem Hauch von Wehmut. Diesmal ist es andersrum. Und ich weiß einfach nicht warum. Ich zermartere mir den Kopf über die neuen, unbekannten Gefühle. Wo kommen die eigentlich her?
Parallel spielt mein MP3-Player in der Endlosschleife Bosse mit "Irgendwo dazwischen".
Das hebt meine momentane Stimmung nicht wirklich. Aber ich fühle mich verstanden. Er singt von Sehnsucht und dem "Irgendwo" zwischen Herz und Verstand, von diesem "Dazwischen", in dem es weh tut. Besser kann ich es auch nicht ausdrücken. Und ich weiß, dass es nicht für immer ist. Auch wenn ich meine Freunde und Familie temporär nicht um mich habe. Aber ich trage euch in meinem Herzen. Und Fotos von euch in meinem neuen Kalender, den meine Schwestern mit eurer Unterstützung so großartig erstellt haben. Das hilft ungemein. Danke.
Komentarze