Refugees Welcome - Flensburg
Die Stadt nahe der dänischen Grenze ist für die Flüchtlinge, die sich auf dem Weg nach Skandinavien befinden, die letzte Station in Deutschland. Am Flensburger Bahnhof werden sie vor ihrer Weiterreise versorgt.
Seit zwei Monaten wohne ich in Sønderborg, einer süddänischen Stadt nahe der deutschen Grenze. Mit dem Bus fährt man ca. eine Stunde nach Flensburg. An vielen der vergangenen Wochenenden fuhr ich deshalb in die Hafenstadt um dort einzukaufen, von dort weiter zu reisen oder am Bahnhof zu helfen.
Der Flensburger Bahnhof ist nämlich für viele Flüchtlinge die letzte Station auf ihrem Weg nach Skandinavien. Aus verschiedenen deutschen Städten kommen sie hier an um dann in Züge nach Dänemark umzusteigen. Das Ziel der meisten: Schweden. In den vergangenen Wochen ist aus dem Foyer des Flensburger Bahnhofs eine Art Willkommenszentrum geworden. Denn die Freiwilligenorganisation „Refugees Welcome - Flensburg“ baute hier eine Versorgungsstelle für durchreisende Flüchtlinge auf. Ehrenamtliche Helfer stehen rund um die Uhr bereit, um Essen und Getränke zu verteilen und die Menschen mit warmer Kleidung auszustatten. All das wäre nicht möglich, gäbe es nicht eine so große Spendenbereitschaft.
Es gibt die Kleiderkammer, in welcher sich Flüchtlinge mit gespendeter Kleidung eindecken können. In Regalen stapeln sich Anziehsachen, sortiert nach Größen und Verwendungszweck. Auf Schildern in verschiedenen Sprachen ließt man den Hinweis, dass es in Norwegen, Schweden und Finnland kalt sei und man für den Winter dort warme Kleidung benötige. Die drei Länder sind die beliebtesten Ziele der Menschen am Bahnhof. Sie gelten als besonders tolerant und gerade Syrer erhalten verhältnismäßig schnell eine Aufenthaltsgenehmigung und können somit ihre Familie nachholen.
Bei der Essensausgabe werden die Lebensmittelspenden gelagert und Mahlzeiten zubereitet. Jeder Flüchtling erhält einen Teller mit Brot, Käse, Gemüse, Salat und Obst sowie Wasser und Kaffee bzw. Tee. Gelegentlich gibt es auch Suppe und Kuchen.
Wie komme ich nach Schweden? Was kostet ein Ticket? Werde ich in Dänemark registriert? Den vielen Fragen der Flüchtlinge nehmen sich die Dolmetscher am Bahnhof an. Gerade sie bringen Ordnung in das Treiben am Bahnhof.
Die Helfer am Infopoint ermitteln zudem die Anzahl der erwarteten Reisenden, prüfen Zugverspätungen und -ausfälle und machen die billigsten Zug- und Busverbindungen nach Skandinavien ausfindig. Sie sind es auch, die die Facebookseite „Refugees Welcome - Flensburg“ betreuen. Auf dieser wird mehrfach am Tag eine Bedarfsliste aktualisiert, wo jedermann nachlesen kann was am Bahnhof dringend benötigt wird und wovon momentan genug vorhanden ist. Neben der Koordination von Spenden und dem Anwerben von Helfern werden aber auch Schicksale einzelner Flüchtlinge vorgestellt und Kommentare zur politischen Situation verfasst. So heißt es auf der Facebookseite: „Wir hoffen mit unserer Arbeit nicht nur den Flüchtenden zu helfen sondern auch einen Beitrag zu mehr Verständnis für die Situation der Flüchtenden zu leisten.“
Als ich vor einem Monat das erste Mal an den Bahnhof ging und am Infopoint meine Hilfe anbot, wurde ich freundlich im Team Willkommnen geheißen und in die Arbeit eingewiesen. Ich sollte Kleidung sortieren, Sommersachen ins Lager bringen und später Tee ausschenken. Zwar wurden an diesem Tag viele Durchreisende erwartet, jedoch verzögerte sich die Ankunft dieser, wegen Schienenproblemen, um Stunden. Ich konnte mich also in Ruhe in das System der Kleiderkammer einarbeiten. Als ich am vorletzten Wochenende wieder nach Flensburg fuhr um am Bahnhof zu helfen, war dort deutlich mehr los. Meine Hilfe wurde ausschließlich bei der Essensausgabe benötigt und somit verbrachte ich den Sonntag in der „Küche“ des Bahnhofs. Die Atmosphäre war hier zeitweise sehr stressig. Wenn sich beispielsweise eine Schlange von Menschen bildet, die alle gesüßten „Chai“ wollen, der Tee jedoch noch ziehen und der Zucker nachgefüllt werden muss, kann das schon mal chaotisch werden. Natürlich erlebt man auch viele schöne Momente. Zum Beispiel das Ehepaar, dass mich fragte wie viel sie mir schulden würden und nicht glauben konnten, dass alles umsonst sei. Oder die Kinder, die sich riesig über Chips und Schokolade freuen. Ich kann selbst nur ahnen was diese Menschen bisher durchgemacht haben und bin froh, dass es Projekte wie diese gibt. Niemand sollte sich hungrig, ängstlich und hilflos auf dem Weg in die ungewisse Zukunft befinden.
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