Punč, Veselé Vánoce, st’astný nový rok & „Das ist dann für den Sarg“
Vom tschechischen Advent, meinem Heimaturlaub, Silverster in Prag und natürlich meiner Arbeit - viel ist passiert in der letzten Zeit!
Es ist schon wieder sehr viel Zeit vergangen, seit ich den letzten Blogeintrag veröffentlicht habe…
Aber, endlich – jetzt gibt es auch Teil 5 zu lesen!
Was die Länge betrifft, so habe ich zu Jahresbeginn gleich mal einen Rekord aufgestellt. Ich hoffe wie immer, dass ihr trotzdem, wie im alten Jahr, die Muße habt ihn zu lesen ;-). Viel Spaß!
1. Weihnachtsmarkt
In meinem letzten Blog hatte ich ja schon erwähnt, dass die Buden für den Weihnachtsmarkt aufgebaut werden. Und am Donnerstag vor dem 1. Advent wurde dieser dann eröffnet. Es gab ein großes Spektakel mit einer Lightshow auf dem Rathausplatz und Live-Musik. Ob das weihnachtlich ist? Eigentlich eher nicht…
Aber ich bin trotzdem sehr gerne und auch sehr oft auf dem Weihnachtsmarkt gewesen. Obwohl es wirklich nicht so weihnachtlich war. Ich hatte eher das Gefühl, ganz Olomouc trifft sich hier mehr oder weniger jeden Abend um in geselliger Runde „Punč“ zu trinken. Da entstanden schon einige lustige Abende :-). Und dass keine weihnachtliche Stimmung aufkam, könnte auch am Wetter gelegen haben – es hat entweder geregnet, gestürmt oder es war sehr warm…
Ich bin ja wirklich ein Fan des „Punč“ geworden – es gibt ihn in wunderbar verschiedenen Sorten. Da wird es nicht so schnell langweilig wie in München, wo man immer „nur Glühwein“ trinken kann ;-)… Und an den Punčsorten sieht man erst, wie international es hier zugeht ;-). Ich zähle hier mal alle Varianten auf, ich denke es dient auch ein wenig zur Belustigung: Vánoční (Weihnachts-), Finský (Finnisch), Vídeňský (Wiener), Irský (Irisch), Francouszký (Französisch), Norimberský (Nürnberger), Italský (Italienisch). Welcher der Beste war? Das kann ich gar nicht mehr sagen… Ich persönlich hätte ja auch einfach gerne mal „Olomoucký Punč“ gehabt, denn ich bin ja schließlich nicht hier um dieses ausländische Zeug zu saufen, ich will doch etwas Landestypisches ;-). Da wurde mir von mehreren Tschechen versichert, dass dies nicht sehr appetitlich sei. Denn das Wort „Olomoucky“ erinnere zu sehr an die „Olmützer Quargeln“ (der Käse für den Olomouc bekannt ist – vielleicht kennen ihn einige von Euch, er riecht sehr intensiv) und niemand wolle einen Punč trinken, der nach Quargeln schmeckt. Das leuchtete mir ein ;-).
2. Was sonst noch im Advent geschah
Nein, ich war im Advent nicht nur auf dem Weihnachtsmarkt…
Gleich am 1. Dezember musste ich mich auf den Weg ins Postamt machen, denn ein Zettel in meinem Briefkasten sagte mir, dass dort ein Paket auf mich wartete. So machte ich mich auf in das Postamt in der „Foersterova“, wo anscheinend die Pakete für meinen Wohnbezirk gelagert werden. Ich musste erst einmal nachsehen, wo das ist – und stutzte: „Warum wird mein Paket bitte am anderen der Stadt aufbewahrt?“. So machte ich mich auf den Weg, der Bus zur Haltestelle „Foersterova, pošta“ fährt nur vom Hauptbahnhof aus, wohin ich erst mal mit der Tram fahren musste. Hin war der Weg noch einfach, zurück mit dem Riesenpaket schon schwerer, aber als ich es zu Hause aufmachte, war die ganze Mühe vergessen. Mein Opa hatte meinen Adventskalender, den er mir wohl so ungefähr seit meiner Geburt jedes Jahr wieder auffüllt, extra mit der Post geschickt! Ich war gerührt und habe mich wahnsinnig gefreut! Als 18jähriges Mädchen wollte ich es ja nicht zugeben, aber insgeheim habe ich mir doch gedacht, dass es ja ohne Adventskalender kein richtiger Advent ist. Mein Opa hat mir doch wohl irgendwie in die Seele geblickt :-)!
Am Nikolaustag kam mich ein Kollege aus Ostrava besuchen. Ich zeigte ihm die Stadt (wie gut ich mich nun wirklich auskenne :-)!), wir gaben uns kurzzeitig des kulturreichen Kinderprogramms zu Nikolaus auf der Weihnachtsmarktbühne hin (vielleicht hofften wir doch insgeheim noch ein Geschenk abzubekommen ;-) ) und sahen ein Feuerwerk (von dem ich bis heute nicht weiß, warum es stattfand, aber es war schön!).
In einem der darauffolgenden Tage bekam ich endlich mal wirklich regionaltypische Musik zu hören, auf der Weihnachtsmarktbühne spielte die Band „Ztracené raj“ (was so viel bedeutet wie: verlorenes Paradies). Sie singen auf „hanakisch“, das ist der Dialekt der in der Gegend von Olomouc gesprochen wird. Dies leitet sich vom Namen der Region hier ab, sie heißt „Haná“. Die Musik gefiel mir wirklich gut, aber leider habe ich von den Liedtexten so gut wie nichts verstanden. Aber ich hatte ja zum Glück meine liebe Markéta dabei, die mir das Wichtigste übersetzte. Liebe Grüße an dieser Stelle ;-)!
Am dritten Adventswochenende trat ich schließlich eine Reise an, auf die ich mich schon seit langem gefreut hatte. Ich fuhr in einer meiner Lieblingsstädte Europas (bzw. der Welt) – nach Wien! Ich hatte es bisher nur im Sommer gesehen, und war ja schon hingerissen, und so wollte ich es nun unbedingt nochmal im „Weihnachtskleid“ sehen. Meine dort studierende Freundin Lotte (auch an dieser Stelle ganz liebe Grüße :-)!) und die billigen tschechischen Reisepreise machten es möglich. Meine Erwartungen wurden bestätigt und ich war wieder begeistert von dieser Stadt! Der Stephansdom, die Mariahilfer Straße, das Schloss Schönbrunn – all das in Weihnachtsbeleuchtung war einfach wunderschön!
Nun stand sowieso nur noch ein Wochenende in Olomouc bevor. An diesem kam mich meine liebe Kollegin aus Prag besuchen. So gab ich mal wieder eine Stadtführung, bei der wir uns auch von zwischenzeitlichen Regengüssen den Spaß nicht verderben ließen. Für den Abend durfte natürlich ein „Punč“ und guter mährischer Wein nicht fehlen – ein wirklich schönes „letztes Wochenende“.
Am 18. Dezember wurde alle fröhliche Weihnachtsstimmung aber jäh von einem Todesfall überschattet. „Václav Hável zemřel“ titelten am nächsten Tag alle Zeitungen. Der frühere Staatspräsident war im Alter von 75 Jahren verstorben. Noch am selben Abend entstand auf dem Rathausplatz ein Lichtermeer von Kerzen, vor denen man viele trauernde Menschen erblickte. Ich habe so etwas wirklich noch nie erlebt, aber diese Trauer um Havel war etwas „Besonderes“. Es fällt mir schwer es in Worte zu fassen. Es wurde wirklich viel über Havel berichtet in dieser Zeit, man kann sagen fast ausschließlich nur Gutes – „Er war ein Kämpfer für Demokratie“, „Er hat uns die Freiheit wiedergegeben“. Diese Worte wirkten so ehrlich, so ungeheuchelt, in etwas als ob alle Tschechen gemeinsam sagen würden: „Ja, wir haben unseren Besten Mann verloren und trauern um ihn“. In Gesprächen bestätigten wurde mir dies von vielen Tschechen bestätigt, und einige meiner Klienten meinten sogar, dass es nun ein besonders trauriges Weihnachten werden würde…
3. Von der Arbeit – Teil 1: Vor Weihnachten
Die Arbeit ging auch während der Adventszeit ihren gewohnten Gang, und ja – sie bereitet mir immer noch sehr viel Freude.
Es war eigentlich alles „wie immer“ – meine Klienten waren sehr lieb und nett, wir haben uns viel miteinander unterhalten – über Ernstes und Lustiges, viel miteinander gelacht und diejenigen, mit denen ich spazieren gehe, haben sich fleißig über die Buden auf dem Rathausplatz beschwert. Was für ein Blödsinn das doch sei, das brauche doch keiner, das sei ja wie der „Zirkus Sarrasani“, ohne Buden sei der Platz viel schöner. Auch wenn ich in diesem Punkt nicht ganz einer Meinung mit meinen Klienten war, so nickte und lächelte ich verständnisvoll – sie freuten sich verstanden zu werden und ich hatte von diesem Thema meine Ruhe.
Manchmal ging es bei den Treffen mit meinen Klienten doch ein bisschen weihnachtlich zu – besonders bei dem letzten Wiedersehen vor Weihnachten. Wir bescherten uns gegenseitig und ich war wirklich gerührt wie viel Mühe sich die meisten meiner Klienten mit einem Weihnachtsgeschenk für mich gegeben haben.
Ich fühlte mich ja zugegebenermaßen Anfang Dezember – als Weihnachten immer näher rückte – völlig überfordert. Wie sollte ich es je schaffen, für alle 12 Klienten ein Geschenk zu besorgen? Es mangelte mir eindeutig an Ideen… Aber im Endeffekt habe ich es doch geschafft – und auch wenn mir erst am Vorabend vor unserem letzten Treffen die zündende Idee kam - allen eine Kleinigkeit auf den Gabentisch zu legen. Auch wenn einige Klienten erst einmal „bestürzt“ darüber waren, „wie viel“ Geld ich doch für sie ausgegeben hätte, haben sie sich wie ich denke doch alle über meine kleinen Geschenke gefreut.
Leider schlug die Stimmung oft schlagartig um, wenn ich fragte: „Wie verbringen sie eigentlich Weihnachten?“.
Einige meiner Klienten konnten glücklicherweise antworten: „Jaja, da hab ich dann die ganze Familie im Haus – die wollen alle was zu essen“ oder „Einen Tag bin ich bei der einen Tochter, am anderen bei der anderen – Was für ein Stress“.
Häufiger lautete die Antwort: „Ich werde allein sein und fern sehen.“ An Heilig Abend allein sein und fern sehen? Ich denke für jemanden in meinem Alter unvorstellbar. Das ist doch das Fest der Liebe und der Familie.
„Ja, Kinder habe ich halt keine und der Rest meiner Verwandtschaft wohnt irgendwo in Nordböhmen“. Allein sein, weil man keine Familie mehr hat… Das kann man ja irgendwie noch „nachvollziehen“.
Aber: „Sie haben gesagt, ich soll halt in die Slowakei kommen, aber bitte – wie soll ich in meinem Alter noch soweit mit dem Zug fahren?“ oder „Jaja, sie kommen Heilig Abend eine halbe Stunde vorbei und bringen mir Blumen mit, dann fahren sie wieder". In diesen Momenten wurde mir wirklich immer schwermütig. Weihnachten allein sein, obwohl man noch Familie hat? Das fällt mir sehr schwer zu „verstehen“. Ich frage mich nur, was in diesen Familien geschehen sein muss. Dass man nicht einmal im Jahr ein paar Stunden miteinander verbringen will.
4. In der Heimat
Am 22. Dezember war es dann soweit – ich machte mich gegen Mittag mit einem vollgepackten Koffer auf zum Bahnhof, denn über Weihnachten wollte ich natürlich nach Hause fahren. Als ich „ein letztes Mal im alten Jahr“ so durch die Olmützer Straßen lief – da gab es mir wirklich einen kleinen Stich. Ich war selbst ein wenig erstaunt, aber anscheinend habe ich Olomouc schon so sehr liebgewonnen, dass es mir wirklich ein wenig weh tat, diese Stadt jetzt zu verlassen. Ich denke das lag auf jeden Fall auch daran, dass es am Abend des 21. Dezember noch geschneit hatte. Das verschlafene Olomouc im Winterkleid – überzuckert mit Watte, wie im Märchen! Von der Tram aus sah ich nochmal die verschneite Kuppel der St. Michaelskirche, den Dom im Winterkleid und verfiel der Träumerei.
Am Bahnhof wurde ich allerdings wieder jäh in die Gegenwart zurückgeholt, als ich auf die Anzeigentafel blickte. Mein Zug hatte 55 Minuten Verspätung! Gerade noch hatte sich meine neue Heimat von ihrer besten Seite präsentiert – und nun das! Ich ärgerte mich wahnsinnig, obwohl ich meinen Anschluss in Prag mit sehr großzügiger Umsteigezeit gebucht hatte, sodass es eigentlich trotzdem locker gereicht hätte. Manchmal bin ich aber einfach Pessimist – und so sah ich Bilder in meinem Kopf, dass der Zug dann sicher total überfüllt sei, weil der nächste Zug nach Prag sicher auch Verspätung habe und ich mit meinem Riesenkoffer wahrscheinlich gar nicht mehr hineinpassen würde. Dann würde ich den Anschluss in Prag nicht erwischen, und da ich das Sparangebot gebucht hatte, lag natürlich Zugbindung vor, dann würde ich heute vielleicht gar nicht mehr nach Hause kommen.
So starrte ich eine Weile auf die Anzeigentafel, natürlich irgendwie in der irrsinnigen Hoffnung, dass die 55 verschwinden würde – und da sah ich, dass um 12.37 Uhr ja auch ein Zug nach Prag fährt.
Aber – das war ein Pendolino. Ich müsste eine „Místenka“ kaufen, die kostet 200 Kronen. Aber dafür ist der Zug pünktlich, und sicher nicht überfüllt. So machte ich mit mir aus, dass es das Geld wert sei und ging zum Fahrkartenschalter. Brav sagte ich auf Tschechisch, was ich gerne hätte – die Frau verstand mich glücklicherweise auf Anhieb und sagte: „To stojí sedmdesát Korun“ (Das kostet 70 Kronen). Ein wenig erstaunt drückte ich ihr einen 200-Kronen-Schein in die Hand und dachte natürlich, mich verhört zu haben. Aber mit den Worten „St’astnou cestu!“ (Gute Reise!) gab sie mir meine „Místenka“ und 130 Kronen Rückgeld.
Da erinnerte mich an den Tag, als ich meinen Kollegen aus Ostrava zurück zum Bahnhof brachte. Wir standen auf dem Bahnsteig und machten uns über eine Werbung lustig: „Olomouc – Praha s Pendolinem. Od 70 CZK!“ (Olmütz – Prag mit dem Pendolino. Ab 70 Kronen!). Das sei doch sicher wie bei der Deutschen Bahn, ein Sitzplatz im Zug sei so günstig zu bekommen, für die restlichen müsse man eh den Vollpreis zahlen. Da hatten wir uns aber anscheinend getäuscht – und ich staunte mal wieder (im positiven Sinne!) über die tschechische Bahn.
Inzwischen habe ich ihr schon verziehen, dass sie mich einmal „am Ende der Welt“ ausgesetzt hat ;-) (siehe Blog Nr. 2).
Jetzt galt es nur noch meinen Koffer irgendwie auf den richtigen Bahnsteig zu hieven – dafür muss man eine Treppe runter und eine Treppe hoch – Rolltreppe Fehlanzeige – ich fühlte mich sehr an den Tag meiner Ankunft erinnert. Aber warum war mein Koffer so schwer? Ach ja genau, ich hatte ja jeweils eine Flasche „Becherovka“, „Slivovic“, „Fernet Stock“ und „Medovina“ gekauft, um meiner Familie etwas typisch Tschechisches unter dem Weihnachtsbaum präsentieren zu können. Und Kleidung musste ich natürlich auch noch mitnehmen – was für mich wirklich irgendwie ein neues Gefühl war. Nach Hause kommen und dort ist der Kleiderschrank nicht mehr voll wie immer? Ja doch, Veri, es ist so – du bist ausgezogen!
Als ich dann in „das Flaggschiff der Česke Drahy“ stieg, verfiel ich sofort wieder in Träumerei. Der Zug fuhr durch die wunderbar verschneite Landschaft, dazu schien die Sonne – das Märchen ging weiter! Kleine verschlafene tschechische Dörfer, von Schnee bedeckt, der in der Sonne glitzert. Ich kann es nicht in Worte fassen, der Ausblick nahm mich einfach in Bann und schickte mich in eine andere Welt.
Am Prager Hauptbahnhof musste ich noch die Abfahrtsstelle des „ExpressBus“ der DB finden. Auch wenn die erstaunlicherweise nirgends ausgeschildert war, fand ich sie doch gleich – ich nahm einfach die Rolltreppe, bei der keine Beschilderung war und kaum, dass ich mich versah – saß ich im Bus nach München. Mit der Träumerei war es nun vorbei, bei dem Geruckel auf der tschechischen Plattenautobahn kommt einfach keine romantische Stimmung auf ;-).
Um 21.15 Uhr kam der Bus schließlich am Münchner HBF an. Auf die Minute pünktlich – hier auch mal ein Lob an die DB!
Meine Eltern warteten schon auf mich und begrüßten mich stürmisch. Da war das Heimweh nach Olomouc, das ich aber während der Fahrt wirklich ein wenig hatte, sofort vergessen und ich freute mich einfach wahnsinnig, endlich meine Eltern zu sehen! Zu Weihnachten ist es zu Hause doch am schönsten :-)!
Als wir dann mit dem Auto in mein Heimatdorf Weichs hineinfuhren und ich die Kirche St. Martin in der Dunkelheit hell angestrahlt erblickte – da ging mir doch das Herz auf.
Am nächsten Tag fiel mir aber dann auch auf, was sich alles verändert hat. Die Eröffnung des Supermarktes habe ich ja noch mitbekommen und auch, dass unweit unseres Hauses ein neues Wohngebiet entstehen soll. Dass dies jetzt aber schon fast fertig ist, erstaunte mich schon und es war ein sehr ungewohnter Anblick! „Aber ja, mein Kind, du warst lange nicht hier.“
Ich verbrachte wunderschöne Tage zu Hause, ich genoss es mal wieder im Kreise der Familie. Es gab sehr gutes Essen (ich gebe es zu – das vermisse ich) und wir freuten uns alle mal wieder zusammen zu sein – Kind, Eltern und Opa. Auch wenn es meine Geschenke vermuten lassen würden, es gab kein Besäufnis unter dem Weihnachtsbaum ;-).
Leider schaffte ich es gar nicht, alle meine „alten Freunde“ wieder zu sehen, es war ja doch nicht viel Zeit und einige waren ja besuchsmäßig sehr eingespannt. Aber mit denjenigen, die ich getroffen habe, ich lustige Abende verbracht. Liebe Grüße an Euch alle ;-)!!
Und dann war der Tag meiner Abreise schon gekommen – Am 31. Dezember fuhr ich nach Prag, um dort mit einigen Kollegen und Freunden Silvester zu feiern.
Ich möchte hier noch kurz von meiner Fahrt nach Prag berichten. Um 9.45 Uhr morgens fuhr der ExpressBus am Münchner HBF ab und ich war über die Fahrgäste doch ein wenig erstaunt. Außer mir kaum Deutsche, wenige Tschechen und ja, hauptsächlich Japaner, Amerikaner und andere Touristen. Es waren fast plakative Szenen, die sich im Bus abspielten – aber sie zeigten leider sehr deutlich, wie viele Menschen, da will ich die Deutschen auf keinen Fall ausschließen, das schöne Prag doch sehen: Als Stadt, in der man gut und billig feiern kann – ohne auch nur ein bisschen über die Stadt und das Land Tschechien zu wissen. Wo man an Silvestermorgen hinfährt und an Neujahr, nachdem man seinen Rausch ausgeschlafen hat, wieder zurückfährt („Wann fährt unser Bus morgen? 12.36 Uhr? Da müssen wir aber früh aufstehen“). Bisher hielt ich es nur für ein sehr starkes Vorurteil, dass Prag das „neue Amsterdam“ sei – ich hörte Geschichten von Engländern, die extra für eine Nacht nach Prag fliegen um ihren Junggesellenabschied zu feiern, weil es dort viel billiger. Ja, ich habe solche Engländer auch schon selbst in einer Bar gesehen, und hielt es doch für eine große Ausnahme. In diesem Bus wurde mir derart vorgeführt, dass das leider keine Ausnahme ist.
Desweiteren konnte ich während der Fahrt noch Zeuge folgenden Gesprächs werden, ich habe es wirklich nicht erfunden! Ich denke es zeigt sehr gut die Kenntnisse des Durchschnittsdeutschen über das ja so weit entfernte, östliche und unbekannte Nachbarland Tschechien. Ich möchte es einfach unkommentiert hier niederschreiben:
Der Bus fuhr schon durch die Prager Innenstadt, und blieb an einer Ampel stehen, von wo aus man einen wunderbaren Blick auf die Moldau hat.
Deutscher 1: Wow, das sieht ja toll aus hier! Wie heißt der Fluss doch gleich?
Deutscher 2: Ich glaub es ist die Wolga, aber sicher bin ich mir nicht.
Deutscher 1: Ja, doch, das kann schon sein.
Die Silvesternacht in dieser Stadt war einfach wunderbar. Wir standen auf dem „Pečin“, von wo aus man einen wunderbaren Blick über einen großen Teil der Stadt hat und bestaunten das Feuerwerk – ein gigantischer Anblick!
An Neujahr machte ich mich dann abends, ein wenig ausschlafen war natürlich nötig ;-), wieder auf den Weg nach Olomouc. Auch wenn von der bezaubernden Winterlandschaft nichts mehr übrig war, so war ich doch sehr glücklich wieder hier zu sein!
5. Von der Arbeit – Teil 2: Im neuen Jahr
Am 2. Januar ging es also wieder los – frisch erholt von der Woche Heimaturlaub und natürlich gut ausgeschlafen ;-) machte ich meinen ersten Klientenbesuch.
Herr P freute sich so sehr, mich wieder gesund und wohlbehalten im neuen Jahr zu begrüßen, sodass wir das gleich mit einer Flasche Wein, Rum und Eierlikör begießen mussten. Über den meinen Zustand auf dem Heimweg möchte ich lieber keine Aussage machen, aber ich kann sagen, dass das wirklich ein lustiger Arbeitstag und ein guter Start ins neue Jahr war ;-).
Gleich anschließend möchte ich an dieser Stelle noch ein Thema anbringen, dass bei der Arbeit mit alten Menschen eigentlich immer im Raum steht: Die „Allgegenwärtigkeit“ des Todes. Deutet dies auf keinen Fall als schlechtes Zeichen für das neue Jahr, aber letzten Donnerstag kam dieses Thema sehr unerwartet „aufs Tablett“, sodass ich jetzt ein wenig darüber schreiben will.
Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, habe ich mich an diese Allgegenwärtigkeit des ungeliebten Todes, über den man ja eigentlich ungern spricht, schon gewöhnt.
So ist es schon Normalität für mich, dass, wenn ich mich von Herrn F mit den Worten „Dann bis nächste Woche“ verabschiede, als Antwort zu hören bekomme: „Jaja, wenn ich dann noch bin…“.
Ebenso normal ist es, dass ich mit Frau K bei unserem allwöchentlichen Einkaufsbummel beim Bestatter vorbeilaufe, um zu sehen ob eine Todesanzeige einer ihrer Bekannten im Schaufenster hängt.
Eben mit dieser Dame saß ich letzten Donnerstag im Wohnzimmer und wir unterhielten uns sehr nett über Mode, was sie doch früher gerne getragen hat und leider heute nicht mehr tragen kann. So gingen wir zu ihrem Kleiderschrank und sie zeigte mir eifrig ihre „Prachtstücke“.
Da fiel mein Blick auf ein sehr hübsches schwarzes Samtkleid, und so sagte ich: „Frau K, das ist aber ein schönes Kleid!“. Darauf sie: „Ja, das ist wirklich sehr schön und steht mir gut, das ist dann für den Sarg“.
Wieder so ein Moment, wo man eigentlich nicht weiß, was man sagen soll. Ich habe es damit versucht: „Ja wenn das so ist, dann hängt es da sicher noch einige Jahre im Schrank“.
Glücklicherweise hat sie darüber gelacht.
Es ist auch ein sehr gutes Beispiel dafür, wie schnell man selbst bei fröhlichen und ausgelassenen Gesprächen mit alten Menschen auf das Thema Tod kommt. Es ist kein Einzelfall, wenn meine Klienten von vergangenen Zeiten reden, beispielsweise von gemeinsamen Urlaub oder Feiern mit Freunden oder Bekannten, enden die Erzählungen immer mal wieder mit dem Satz: „Ja, und heute sind die schon alle tot“… Was erwidert man darauf? „Ja, da haben sie recht“, „Das tut mir leid“ oder „Das ist ja sehr traurig“? Meistens ziehe ich es vor einfach zu schweigen, und es ist erstaunlich wie schnell die alten Menschen mit Sätzen wie „Ja, das ist eh schon alles vorbei“ oder „Ändern kann man’s eh nicht – lassen Sie uns über etwas anderes reden“ wieder selbst von diesem Thema abkommen.
6. Was es sonst noch zu sagen gibt
Es ist wirklich schön wieder hier zu sein, auch wenn die Stadt zurzeit wirklich etwas verschlafen wirkt. Man kann wirklich sagen, dass allgemein einfach weniger los ist – die Straßenbahnen sind leerer, die Straßen ebenfalls und auch das Nachtleben ist ruhiger. Olomouc geht einfach den „Takt der Studenten“ – mit ihnen steht und fällt „das Leben“ in Olomouc. Viele haben ihre ganzen Prüfungen schon im Dezember geschrieben, sodass sie nun schon Ferien haben und nicht in Olomouc sind. Glücklicherweise ist das Semester der Germanisten aber noch nicht zu Ende, sodass mir hier einige sehr liebe Menschen geblieben sind :-).
Nächstes Wochenende werde ich Olomouc schon wieder verlassen müssen, denn in Terezín (Theresienstadt) haben wir ein Seminar für alle ASF-Freiwilligen aus Tschechien.
Und ja, ich schreibe dann bald wieder ;-)…
Bis dahin… Mejte se hezký!
Eure Verena
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