Politiker im Kreuzverhör
Wenn das Thema Europawahl erst einmal zur Sprache kommt, interessieren sich auch die Jugendlichen in Lettland dafür. Und nehmen gleich einen Kandidaten ins Kreuzverhör. Die Antworten, die sie dabei bekommen, lassen stellenweise tief blicken.
Je näher die Wahl rückt, desto mehr steigt das Interesse. Ein Glück!
Unter den Freiwilligen ist die Wahl schon länger ein Thema. Es fing damit an, dass dieses nette Schreiben kam, dass uns zur Wahl einlud. Wählen gehen oder nicht? Wenn ja, welche Partei? Welche Parteien gibt es überhaupt? Von welchen Kandidaten hat man was gehört? ...
Und da inzwischen wirklich ordentlich die Werbetrommel gerührt wird, entstehen zum Beispiel auch Diskussionen wenn man am Stand einer Partei vorbeikommt. Europa als Gesprächsthema lebt – unter den Freiwilligen auf jeden Fall!
Für die Letten hier auf Arbeit scheint es weniger interessant zu sein. Von selbst bringen sie es selten an. Aber wenn es erstmal angeschnitten wurde...
Denn ich musste feststellen, dass unter den Schülern etliche sind, die sehr am politischen Geschehen interessiert sind. Letzte Woche kam nämlich ein Kandidat des Verbands der Grünen und Bauern hier in die Schule und wollte wohl ein bisschen Wahlkampf betreiben. Ich weiss ja nicht, was er erreichen wollte, aber positiv für seine Kandidatur war es im Endeffekt meines Erachtens nicht. Denn ein paar Schüler nahmen ihn ganz schön ins Kreuzverhör, stellten Fragen, die er nicht beantworten konnten und brachten in ordentlich ins Schwitzen. Obwohl man auch sagen muss, dass es in den meisten Fragen ums Finanzielle ging und die politischen Lösungsansätze dahingehend. Aber nicht nur!
Ich war beeindruckt! Das hätte ich so nicht erwartet. Ich hab mich danach mit ein paar Leuten unterhalten und die meisten waren mehr oder weniger wütend, keine Antworten auf ihre Fragen bekommen zu haben.
Politisches Interesse ja, Akzeptanz dessen, was in der Politik passiert, nein? Scheint mir...
Meine Chefin war hinterher sehr entrüstet, wie die Schüler sich verhalten haben. So etwas könne man doch nicht machen! Als ich meinte, mir hätte es gefallen, erwiderte sie folgendes: Politiker seien in gewisser Weise immernoch Autoritätspersonen und die könne man nicht auf diese Art und Weise behandeln. Nun ja, da merkt man dann, dass sie doch schon über 50 ist und ein anderes Verständnis von Autorität als ihre 18jährigen Schüler hat.