Ogham - was ist das eigentlich?
Ogham ist ein spezielles Schriftsystem, welches im 3. bis 6. Jahrhundert n. Chr. beispielsweise in Irland genutzt wurde. Doch wie entstand es und wie ist es eigentlich aufgebaut?
Immer wieder begegnen dem wissbegierigem Irlandbesuchern in den verschiedensten Museen Steine mit halb verwitterten Einkerbungen. Als Erläuterung ist lediglich angegeben, dass es sich hierbei um einen Ogham-Stein handelt. Doch was ist Ogham überhaupt?
Ogham ist ein eigenes Schriftsystem und wenn man etwas Recherche im Internet betreibt, findet man sehr viele Informationen darüber, die natürlich meistens nicht belegt sind. Was sonst. Dennoch sind sie sich einig, dass Ogham hauptsächlich im 3. bis 6. Jahrhundert in Irland, aber auch beispielsweise in Wales verbreitet gewesen sei. Jedoch ist der erste belegte Fund wohl erst auf das 5. Jahrhundert zu datieren. Interessanterweise ist Ogham aber nie ganz verschwunden. Einzelne Gräber aus dem 19. Jahrhundert besitzen doch tatsächlich noch Ogham-Inschriften und natürlich gibt es immer noch genug Menschen, die mit dieser in unseren Augen mystisch anmutenden Schrift so ihr eigenes Unwesen treiben. Sogar in der heutigen Zeit erstellen sie mit ihr noch sehr eindrucksvolle Horoskope. Zynische Internetseiten warnen davor und schreiben schon einmal prophylaktisch, dass jeder Versuch, den eignen Namen in Ogham schreiben und übersetzen zu wollen mit den sinngemäßen und unglaublich aussagekräftigen Zeilen: „Ein Neustart, sei tapfer, fließe mit der universellen Energie, vertrau deiner inneren Stimme und deiner Kraft.” enden könnte. Aber vielleicht tut man den armen Wahrsagern ja damit unrecht. Ich kann die Qualität der Horoskope jedenfalls nicht beurteilen, da ich noch keinen Wahrsager getroffen habe.
Doch was ist nun das Besondere an Ogham?
Zunächst ist auffallend, dass damit lediglich sehr kurze Texte aufgezeichnet wurden. Zumeist sind faszinierender Weise weder Sagen noch Mythen, sondern Grabinschriften oder Besitzansprüche gefunden worden, die jedoch eine mythologische Anspielung enthalten können. Die Gelehrten sind sich nicht vollkommen sicher, ob diese speziellen Fälle dann der Gefahrenabwehr dienten.
In Sagen taucht Ogham dahingehend auf, dass angeblich in Holz geschnitzte Nachrichten in dieser Schrift verfasst und von Boten überbracht wurden. Jedoch fehlen dafür jegliche archäologische Beweise, ebenso, wie für die sehr umstrittene These, dass Ogham eine ausschließlich nur den Druiden zugängliche Geheimschrift gewesen war.Für Wissenschaftler ist Ogham jedoch in der Hinsicht interessant, dass die mit ihr aufgeschriebenen Namen auf eine Sprachstufe noch vor dem Altirischen (also vor 600 v. Chr.) verweisen und Ogham auch nicht als eigenständiges Alphabet gilt. Augenblicklich geht die Forschung davon aus, dass Ogham eher als eine Art Codierung eines den Kelten damals bekannten gängigen Alphabets, also vermutlich des griechischen oder lateinischen, angesehen werden kann. Die Mythologie sieht das allerdings, wie zu meist, ein ganz klein bisschen anders und bezeichnet den irischen Gott Ogma als Schöpfer dieser Schriftsprache. Die Idee dazu sei ihm wohl beim Beobachten von Kranichen, die als die Hüter der Schrift galten, gekommen.
Wie dem auch sei. Geschrieben wird Ogham mit Strichen, die wohl an seit der Altsteinzeit auf den Britischen Inseln belegte Zählhölzchen erinnern, die zum Zählen von Waren in 20er Gruppen genutzt wurden. Daher kommt auch der irische Name Ogham craobh „Baum“ oder „Stäbchen". Ebenso wie die Zählhölzchen 20iger Gruppen darstellten, gibt es 20 Ogham-Zeichen, die in vier Gruppen mit je fünf Elementen unterteilt werden können. Sie sind jeweils nach den 20 heiligen Bäumen der Druiden benannt, die mit dem gleichen Laut wie die Zeichen beginnen. Wie wir das Alphabet ABC umschreiben, kann daher Ogham auch als beith luis fearn [Birke, Lebensbaum, Erle] oder beith luis nion [Birke, Lebensbaum, Esche] bezeichnet werden. Später, im Mittelalter, wurde Ogham wohl sogar noch um fünf Zeichen erweitert. Geschrieben wird diese Schrift übrigens interessanter Weise in die Richtung, in die ein Baum wächst, also von unten nach oben (und eventuell auf der andern Seite wieder herunter).
Wer auch immer in den Genuss kommt, einen mit Ogham beschriebenen Stein zu sehen, der sollte sich also nicht mehr über die vielen Kerben wundern, die eher so aussehen, als ob jemand dort seine Steinzeitaxt ausprobiert hat. Das ist tatsächlich eine Schrift!