Not a brick in the Wall - Jugendbegegnung in Spanien
Ein Bericht über eine Jugendbegegnung in Spanien zum Thema Kreativität und Migration/ Soziale Inklusion. Wenn ihr mehr erfahren wollt, lest einfach weiter...
“We don't need no education
We don't need no thought control
No dark sarcasm in the classroom
Teachers leave them kids alone
Hey! Teachers! Leave them kids alone
All in all it's just another brick in the wall
All in all you're just another brick in the wall” (Another Brick in the Wall, Pink Floyd)
Mauern durchbrechen, Barrieren abbauen, Grenzen überwinden mithilfe von Kunst und Kreativität - das war das Ziel der 11-tägigen Jugendbegegnung in Burgos, genauer gesagt in Santinbanez Zarzaduga. Lernen wollten wir zwar, im Gegensatz zum zitierten Lied, aber mal nichts Theoretisches wie in der Uni und in der Schule, sondern miteinander und voneinander - seien es Kunsttechniken, Lieder, Methoden, Wörter oder Traditionen. Mit knapp 30 anderen Jugendlichen aus verschiedensten Teil Europas (Litauen, Ungarn, Italien, Spanien) bereiteten wir einen Flashmob vor, der genau diese Idee vermitteln sollten: Grenzen mit Hilfe von Kreativität verschwinden zu lassen.
Am Anreisetag hatten wir als deutsche Gruppe noch die Möglichkeit, einen Nachmittag lang Madrid zu erkunden. Eine der Teilnehmerinnen hatte bei einem Training Course in Griechenland zwei Leute aus Madrid kennengelernt, bei denen wir unser Gepäck abstellen durften und die uns durch Madrid führten. Das ungarische Team hatte vermutlich das beste Los gezogen, denn sie waren über Salamanca geflogen und konnten den Tag am Strand verbringen.
Die ersten Tage in Santibanez Zarzaguda verbrachten wir mit Kennenlern- und Teambuilding-Spielen und in unserer Freizeit damit, unsere Unterkunft und das Dorf näher zu erkunden. Zum Glück war es sehr sonnig und wir konnten viel Zeit draußen verbringen, sei es mit Basketball spielen, lesen oder einfach nur quatschen. Am dritten Tag wurden dann die Kreativ-Teams gebildet: Es gab Musik und Tanz, Theater und Storytelling, Video und Fotografie und Zeichnen und Graffiti. Am ersten Tag hatten wir zunächst Zeit, uns ein bisschen auszuprobieren. Ich war in der Theatergruppe und bereitete mit einer der anderen Teilnehmerinnen eine Einheit zu Improvisationstheater und Storytelling vor, da die meisten in der Gruppe noch wenig Erfahrung damit hatten. Das machte allen viel Spaß und Lust auf mehr. Am nächsten Tag übernahm dann eine andere Teilnehmerin die Verantwortung und zeigte uns Übungen zu Körperwahrnehmung und Tanz. Währenddessen wählte die Musikgruppe Stücke aus und übte sie ein, die Kunstgruppe diskutierte darüber, wie das Kunstwerk aussehen sollte, dass in Erinnerung an den Austausch an einer Wand des Sportplatzes unserer Unterkunft bleiben sollte und die Video- und Fotogruppe filmte das alles.
In den nächsten Tagen versuchten wir, unsere Ideen zu einem gemeinsamen Flashmob zusammenzuführen und ihn einzuüben. Das war mit der Fülle an Ideen, Meinungen und Erfahrungen einerseits und dem Mangel an Zeit, Kenntnissen und Geduld anderseits keine leicht zu meisternde Aufgabe. Letztendlich einigten wir uns auf zwei Musikstücke. Im ersten Teil ging es um das Lied, das unserem Projekt auch seinen Namen gegeben hat, „Another brick in the wall“. Wir als Theatergruppe hatten eine Performance kreiert: Zunächst liefen wir roboterartig ein und bauten pantomimisch Mauersteine übereinander. Danach holten wir Menschen aus dem Publikum sowie die anderen Teilnehmenden und bauten eine menschliche Mauer. Dann rief jeweils eine Person pro Land in ihrer Sprache: „Zerstört die Mauern“ nacheinander und dann wogten wir hin und her und brachen am Ende auseinander. Für den nächsten Teil des Liedes hatten wir zu einem brasilianischen Karnevalslied eine Tanzchoreografie einstudiert, in dem es einen schwierigeren Gruppentanz für alle Leute gab, die gerne und gut tanzen und danach eine einfachere Gruppen- und Partnerchoreo für alle.
Neben den Kreativworkhshops hatten wir auch Einheiten zu Stereotypen, interkulturelle Kommunikation und Grenzen, die ich allerdings nicht weiter erläutern möchte, da der Effekt deutlich größer ist, wenn man die Erfahrung selbst macht. Für mich ist es immer wieder überraschend, wie viele Vorurteile man selbst als toleranter Mensch gegenüber anderen hat und wie viele davon noch in der Gesellschaft existieren. Vor allem Einheiten gab es immer lustige Warm-Ups, die jeweils die einzelnen Ländergruppen vorbereiteten. Die blinde rennende letzte Kartoffel bei „Potatoe Potatoe“ (einem Spiel, bei dem man mit geschlossenen Augen versuchen muss zu überleben und immer „Potatoe Potatoe“ sagt, wenn man in eine Person hineinläuft) oder das „Bunny bunny“-Spiel, ein verrückter Energizer, der immer in viel Lachen endete, werden uns wohl noch lange in Erinnerung bleiben. Abends hatten wir meistens Programm, an fünf Tagen organisierten wir interkulturelle Abende. Die einzelnen Teams hatten Spiele, Quizfragen, Tänze, Filme/ Fotos/ Musik und Essen vorbereitet und zeigten den anderen mehr von ihrem Land. Besonders spannend war für uns alle der litauische Abend, weil wir alle sehr wenig über Litauen wussten und viele spannende Fakten erfahren konnte, beispielsweise dass Litauen sehr bekannt für Basketball ist und dass es ein „Litauen third“-Video gibt (in der Reihe von „Netherlands first“ etc. in Anspielung auf Trump). Am deutschen Abend zeigten wir, wie man ein Dirndl knoten, spielten 1,2 oder 3, tanzten das Fliegerlied und eine konnte sogar jodeln. Dazu servierten wir Kässpätzle, RitterSport, Butterkekse und Haribo und tranken dazu Franziskaner Weißbier- das einzige deutsche Bier, das wir in Burgos fanden. Zum gemeinsamen Zusammenleben gehörten natürlich auch Dienste. Wir halfen jeden Tag beim Spülen, brachten den Müll raus und putzen Bad und die Gruppenräume. Versorgt wurden wir von einem unglaublich netten und lustigen Kochteam mit köstlichem italienischem Essen. Unser Maskottchen während der ganzen Zeit war ein kleiner Esel namens Fernando, der natürlich auch immer mitwanderte und tanzte und auf dessen große Brüder wir im Dorf auch manchmal tatsächlich trafen.
Mein persönliches Highlight war der Tag, an dem wir eine Wanderung durch die Umgebung machten. Diese kreative Pause tat uns allen gut, da wir sonst zwar sehr viel Zeit mit spannenden kreativen Workshops, aber auch mit vielen Diskussionen in geschlossenen Räumen verbrachten. Die Landschaft war wirklich wunderschön, von Felsen über Kreidewände bis hin zu Steppenlandschaften war wirklich alles dabei. Danach hatten wir einen sehr entspannten Nachmittag mit Workshops, die von den Teilnehmenden angeboten wurden. Es gab Meditation, Make-up und Ikigai-Japanische Philosophie und Lebensführung. Ich besuchte den letzteren Workshop und hatte sehr spannende Gespräche über die Gesellschaft und Ziele im Leben. Gegen Ende des Austauschs wagten wir uns aus unserem kleinen Dorf nach Burgos. Nach einer leider ziemlich verregneten aber trotzdem witzigen Fotorallye, bei der wir mit Passanten Macarena tanzen mussten oder sie dazu aufzufordern uns Gegenstände zu geben um eine Band nachzustellen, war es dann so weit und wir führten unseren Flashmob vor. Leider gab es einige Probleme mit der Akustik und wegen des Wetters waren wenig Leute da. Mir hat der Flashmob aber trotzdem gut gefallen und wir konnten mit einigen Einheimischen reden. Danach hatten wir noch Zeit um die Stadt zu besichtigen.
Den letzten Tag nutzen wir für eine Auswertung. Insgesamt waren wir mit dem Projekt (der ersten Jugendbegegnung der Austauschorganisation) zufrieden, allerdings hätten wir uns alle gewünscht, uns weniger auf den Flashmob zu konzentrieren und dafür mehr Workshops zu organisieren, in denen wir uns gegenseitig ohne Zeitdruck etwas beibringen konnten. Es wurde vorgeschlagen, bei einem zukünftigen Projekt auf den Flashmob zu verzichten und stattdessen Workshops mit der lokalen Bevölkerung durchzuführen. Am Ende waren wir natürlich alle traurig, dass wir gehen mussten und tanzten, lachten und quatschten die ganze Nacht durch. Wir hoffen natürlich, dass wir den ein oder anderen bei anderen Projekten und Reisen wiederzutreffen und dann gemeinsam in Erinnerungen zu schwelgen.
Während der ganzen Zeit gab es ein ziemliches Aprilwetter, von Sonne über Wind bis zu starken Regengüssen. Einige Tage nach unserer Rückkehr bekamen wir sogar ein Bild von unserem Dorf im Schnee!
Den Film zur Jugendbegegnung könnt ihr euch hier ansehen. Weitere Informationen über die Organisation in Spanien, findet man hier.