Noch einmal ankommen oder: Bordeaux 2.0
Es ist soweit: Nach meiner Zeit in Straßburg führt mich meine Reise nun ein zweites Mal nach Bordeaux, in die Stadt, in der ich mein Erasmus verbracht habe. Wie es sich anfühlt zurückzukommen.
So lange habe ich mich auf diesen Moment gefreut, diese Fahrt in die neue alte Heimat. Ich sitze im Zug von Deutschland nach Bordeaux, von einem Zuhause in ein anderes. Ich habe mich extra auf die linke Seite gesetzt, denn nur von dieser Seite aus kann ich den strahlenden Kirchturm von St. Michel sehen, wenn ich gleich in die Stadt einfahren werde. Draußen ist es schon dunkel geworden, als die verheißungsvolle Kirchturmspitze endlich am Himmel auftaucht und ich weiß, dass ich jetzt da bin.
Vor meinem sechsmonatigen Praktikum hatte ich fast neun Monate in Bordeaux verbracht. Die Stadt war während meines Erasmusstudiums zu einer neuen Heimat geworden, zu dem Ort, an dem sich zu Beginn alles noch so fremd angefühlt hatte und schließlich so viel Vertrautes geblieben war. Zu gehen war mir damals sehr schwergefallen, denn so eine Erasmuszeit gibt es nur einmal.
Selbst wenn man zurückkommt, bleiben Abschiede nun mal Abschiede, weil die Zeit, die einmal war, so nicht wiederkommen wird. An meinem letzten Abend hatte ich an der Garonne gestanden und umgeben vom all dem Leben den Fluss seinen Lauf nehmen sehen. Da flossen sie dahin die Erlebnisse und Momente eines ganzen Jahres. Heute stehe ich wieder genau an dieser Stelle an der Garonne und der Fluss fließt noch immer im gleichen Tempo, es ist immer noch der gleiche Fluss, jetzt ist es mein Blick, der sich verändert hat.
Das zweite Ankommen ist neu, aber nicht mehr so aufregend. Mein Bordeaux ist schon abgesteckt, weniger exotisch, nicht mehr so verheißend, wie damals. Aber immer noch mein Bordeaux. Deshalb hatte ich auch den Entschluss gefasst, die freie Zeit nach meinem Praktikum in Straßburg in der Stadt im Südwesten Frankreichs zu verbringen. Ich will wissen: Wie fühlt sich das an nach einem halben Jahr noch einmal wiederzukommen, noch einmal diese Faszination für eine Stadt, ein Land und seinen Lebensstil spüren zu wollen? Und was passiert, wenn es plötzlich nichts Neues mehr zu entdecken gibt?
Kurz nach meiner Ankunft schwirren mir unzählige Gedanken im Kopf herum. Zwischen Zweifel und Zufriedenheit, zwischen Wiedererkennen und neu Sehen streife ich durch die Stadt und es scheint, als suche ich zwischen dem vertraut Gewordenen das Unbekannte. Und das finde ich auch: Von nun an arbeite ich als Freiwillige in einem kleinen assoziativen Café und besuche deutsch-französische Familien, die gerne möchten, dass ich mit den Kindern deutsch spreche. So fühlt sich das Wiederankommen am Ende doch wie ein Neuanfang an, der noch viel Neues verspricht, das es zu entdecken gibt.
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