Meine erste Woche im Land der tausend Seen
Aller Anfang ist schwer...
Vor sechs Tagen bin ich, nach einem Zwischenstopp in Stockholm, in Turku, Finnland, angekommen und wohne jetzt in Paimio zusammen mit zwei anderen Freiwilligen aus Deutschland und Ungarn, die beide extrem nett sind. Schnell haben wir uns eingelebt und die Gegend kennengelernt. Paimio ist eine Kleinstadt, die alles zu bieten hat: Supermarkt, Apotheke, Bank, ein paar Klamottengeschäfte und Sportmöglichkeiten. Außerdem meine Arbeit als Freiwillige hier: in der Schule Varsinais-Suomen Kansanopisto, einer Schule für Kunst, Musik und Theater, mithelfen. Später kommen noch weitere Aufgabenfelder dazu, die ich selber auswählen darf.
Seit mein Heimweh, das schlimmer als gedacht war, besser geworden ist, kann ich richtig anfangen, Finnland zu genießen. Blaubeeren pflücken, damit Kuchen backen, die seeeehr schwere und komplizierte Sprache versuchen zu lernen und mich in die Arbeit hier einbringen. Zusammen mit den anderen nehmen wir an Theaterkursen und Gesangstunden teil, räumen den chaotischen Theaterfundus auf (hier nur als "the chaos" bezeichnet), dienen als Modell für den Make-Up-Kurs, erklären Grundschülern das Leben in Deutschland und versuchen, mit den doch recht zurückhaltenden Finnen ins Gespräch zu kommen. Später möchte ich in Turku noch bei der Arbeit mit Flüchtlingen mithelfen und eventuell Klavierunterricht geben.
Ich habe zwar in den Reiseführern darüber gelesen, dass Finnen zurückhaltend sind, habe das aber als Klischee angesehen. Doch das ist es nicht wirklich. Finnen grüßen sich nicht, wenn sie sich im Treppenhaus begegnen und sie kommen eher wenig auf uns Neue zu. Natürlich kann man nicht alle Finnen so abstempeln, da es immer Unterschiede gibt, doch im Großen und Ganzen trifft es zu. Auch beim Mittagessen, das wir dreimal in der Woche in der Schule zu uns nehmen, wird nicht viel geredet (in finnisch gibt es auch kein richtiges Wort für "Guten Appettit" oder ähnliches. Es wird einfach angefangen, zu essen.). Wenn sich allerdings mal einer geöffnet hat, dann sind Finnen extrem nette und zuvorkommende Leute!!
Apropos Essen: zu Beginn desinfeziert man sich die Hände, dann bedient man sich am reichlichen Büffett, das meistens ein Gericht mit Kartoffeln enthält, Knäckebrot, Butter und zum Trinken gibt es Milch...daran muss sich mein Magen noch gewöhnen. Doch das ist nicht nur in der Schule so. Kevin, der hier so eine Art Bundesfreiwilligendiest absolviert, hat uns erzählt, dass man auch zu Hause meistens Milch zum Mittag-&Abendessen bekommt.
Soo und jetzt zur Sprache...ich habe ein Buch zum Lernen von Zuhause dabei und außerdem einen Sprachkurs hier. Und manche Wörter klingen ähnlich wie im Deutschen. So ist zum Beispiel "postii" die Post und "apteekki" die Apotheke. Doch das wars auch schon mit dem Verstehen. Bei den meisten Wörtern brauche ich schon drei Minuten, um sie zu entziffern. Hoffentlich ändert sich das bald, denn die Sprache klingt total melodisch!
Die Landschaft hier ist wie im Bilderbuch! Birkenalleen, extrem viele Wälder und die Blaubeeren wachsen wie Unkraut. Und zwischen den Bäumen findet man immer mal wieder ein rotes Haus. Auch einige Wanderwege sind ausgeschrieben, allerdings kann man denen nicht immer trauen. Schon öfter habe ich mich verlaufen und musste bei fremden Leuten klingen, um zurückzukommen. Da die meisten jedoch Englisch sprechen, ist das kein Problem. Auch passieren kann es, dass man aus dem Wald rauskommt, und mitten im Garten von einer Privatperson steht. Niemand benutzt hier einen Zaun oder ähnliches.
Zwar wusste ich, dass Finnland viel Holz exportiert und dadurch viel Geld verdient, doch so etwas zu sehen, ist um einiges schlimmer. Beim Joggen bin ich an einer solchen Stelle vorbei gekommen: aus dem schönsten Paradies tritt man in eine große, schlammige, braune Gegend, in der nur noch die dünnen und krummen Bäume stehen, die nicht zu gebrauchen sind! Das ist wirklich ein schrecklicher Anblick!