Meine Arbeit, Teil 1
Nach einer kleinen Pause melde ich mich nun hier wieder, um euch von einem Tag in meinem Alltag zu erzählen. Wie einige von euch wissen, arbeite ich entweder in einer sogenannten Housing-Unit oder in einem Outdoor-Workshop. Was genau ich in einer Housing Unit mache, werde ich euch jedoch ein anderes mal erzählen. Heute geht es um meine Arbeit im Outdoor-Workshop.
Seit zwei Wochen haben sich die Corona Regelungen hier in Finnland gelockert, so dass sich die Gruppen meiner Organisation Lyhty wieder vermischen dürfen. Daher habe ich nun auch neue Teilnehmer in meinem Workshop.
Um 9 Uhr morgens beginnt mein Arbeitstag damit zu „meinen Jungs“ zu gehen (ins Zimmer neben dem, wo ich wohne) und mich mit denen zu unterhalten. Dabei versuchen drei von den Jungs mir immer aufgeregt in einem Misch an Englisch und Finnisch von ihren neusten Geschichten und Erlebnissen zu erzählen. Inzwischen wechselt unsere Konversation immer mehr zum Finnischen, da ich den Gesprächsstoff nun schon besser kenne und so auch einfacher folgen kann. Zudem helfen mir die Hinweise: „This place-your place“(Dieser Ort-Dein Ort), gebraucht in jeder Situation, dann leider auch nicht wirklich. Wenn alle nach und nach eingetrudelt sind, machen wir uns auf den Weg nach draußen und eine Pflegerin, mit der ich zusammen arbeite, erklärt uns die Aufgaben. Manchmal befreien wir einen nahe liegenden Park von Laub, an anderen Tagen pflanzen wir im Garten oder gehen durch den Wald spazieren, um Dekorationen für das Gewächshaus zu finden. Jeder Tag sieht im Workshop anders aus, aber grob gesagt sind wir immer draußen, um dort im Garten oder Park zu arbeiten.
Um elf Uhr geht es dann natürlich wieder zurück, da wir zu Mittag essen. Manchmal kann ich dann noch helfen und den Tisch decken, oder Kaffee machen (In Finnland eine essentielle Tätigkeit). Nach dem Essen gehen wir bei gutem Wetter dann wieder raus. Ich werde dann gerne von einem Bewohner mit den Worten „Vamos“ und einem folgenden, gesummten „Vamos a la playa“ aufgefordert mitzukommen. Auch dann sehen die Aufgaben wieder sehr unterschiedlich aus. Wir gehen Müll in der Nachbarschaft aufsammeln, fegen den Hof oder dekorieren das Gewächshaus und den Eingangsbereich. Bei schlechtem Wetter sind wir drinnen und putzen unsere Aufenthaltsräume. Nach getaner Arbeit setzen wir uns dann entspannt zusammen hin. Während die Pfleger in ihren Laptops das Verhalten und Befinden der Bewohner im Laufe der Woche festhalten müssen, darf ich alle beschäftigen. Wir haben dann schon einen Film geguckt, Mensch ärgere dich nicht gespielt oder wie heute habe ich eine Einführung in finnische Rockmusik bekommen während wir alle nacheinander Liederwünsche auf Youtube eingetippt haben.
Nun jedoch zurück zu „meinen Jungs“. Ich nutze diesen Ausdruck gerne spaßeshalber, um hervorzuheben, dass meine Gruppe nur aus Männern besteht, von denen die meisten 25 Jahre alt sind. Anfangs hatte ich ein wenig Sorge, dass diese mich als junges Mädchen, die obendrein ihre Sprache nicht gut versteht, nicht akzeptieren würden. Damit lag ich komplett falsch. Vom ersten Tag an, versuchen die Jungs immer wieder sich mit mir zu unterhalten und erklären mir als „Exotin“ immer alles, was ihnen gerade in den Sinn kommt. So wurde ich bereits informiert, dass der Hund, den wir sahen, ein finnischer Hund sei oder der Baum, an dem wir vorbei liefen, ein Baum war.
Von einem der Jungs werde ich zudem alle 5 Minuten gefragt, ob ich glücklich bin, worauf ich inzwischen stolz mit einem „Olen illoinen“ (ich bin glücklich) oder nach dem x-ten Mal dann doch mit „joo“ antworten kann. Ein anderer, der schon viel gereist ist, überrascht mich immer wieder mit seinem Vokabular in verschiedenen Sprachen. Dazu gehört nicht nur Englisch und Spanisch, sondern zu meiner Freude auch etwas Deutsch. Er zeigt dann auf Objekte, grinst mich an und sagt zum Beispiel „der Stein“ oder „die Sonne“. Ein weiterer fordert mich nun schon seit Tagen zum Samba auf und ich versuche dann jedes Mal von Neuem zu erklären, dass ich leider kein Samba tanzen kann und was Paartanz betrifft auch nicht allzu große Interesse habe…Mal sehen, ob ich ihn davon noch überzeugt bekomme.
Nun geht es für mich dieses Wochenende aber erst mal nach Estland, um eine andere Freiwillige zu besuchen und dann werde ich mich bald wieder bei euch melden!
Bis dahin: Hei-hei