Meine Arbeit im Colegio #1
Fleisch mit Fleisch, entzückende Kinder und Musik
Ich habe noch nie mit kleinen Kindern gearbeitet. Ich weiß ein paar Sachen über Kinder und sicherlich ist es auch nützlich, dass ich selbst mal eins war, aber zu einer guten Betreuerin macht mich das noch lange nicht. Aber ich versuche es und oft lohnt sich die Mühe sehr.
In meinem Projekt im Colegio Carmelitas Toledo, werde ich jeden Tag einerseits mit unglaublich süßen und oft sehr intelligenten Kindern zwischen 1 und 4 Jahren konfrontiert und andererseits mit Konzepten und Mentalitäten, die ich nicht so ganz verstehe. Und zum Essen gibt es meistens Fleisch. Manchmal auch ein Gericht mit Fleisch und eins mit Fisch, aber Vegetarismus ist ein Fremdwort, ebenso wie die Vorstellung ohne tierischen Konsum überleben zu können.
Aber zurück zu den Kindern: Die meiste Zeit verbringe ich in einer Kindergartengruppe mit ca 15 Kindern im Alter von ein bis zwei Jahren. Natürlich bin ich dort nicht allein mit den Kindern, sondern unterstütze die Erzieherin, die als normalerweise alleinige Aufsichtsperson alle Hände voll zu tun hat: Sie bespaßt die Kinder, versucht ihnen Englisch beizubringen, wechselt Windeln, leert Töpfchen, schreibt Kalendereinträge für die Eltern, hält das Zimmer ordentlich und sauber, füttert, tröstet, schimpft, dekoriert, bastelt, wäscht Kindergesichter, putzt Nasen und macht manchmal auch noch ein paar Fotos für die Eltern.
Ich frage mich oft woher sie die Energie nimmt das alles zu machen. Ich kann ihr zwar viel abnehmen, aber mir fehlt es in vielen Dingen an Erfahrung. Doch die Kinder mögen mich sehr (beruht auf Gegenseitigkeit) und manchmal brauchen sie gar keine Hilfe, sondern einfach nur jemanden, der sich neben sie setzt und sie geduldig zur Selbstständigkeit auffordert. Das war mit das erste was ich gelernt habe: dass viele Kinder manchmal zu vergessen scheinen, wie viel sie eigentlich schon können, auch wenn es hohe Konzentration erfordert, was sie gerade wenn sie müde sind oft dazu verführt einfach darauf zu warten, bis jemand ihnen hilft. Dann stehen sie ein paar Sekunden ratlos neben der Kloschüssel und warten. Zuerst habe ich dieses Warten als Bezeugung der Unfähigkeit sich selbst die Hosen zu öffnen gedeutet, mittlerweile weiß ich aber bei einigen Kindern, dass sie einfach nur ein geduldiges, aufmunterndes „Venga!“ („Komm schon!“/“Los geht`s!“) hören wollen und sichergehen, dass sie 1. nicht vergessen werden, 2. alles richtig machen und 3. im richtigen Moment Klopapier gereicht bekommen. Den Gefallen tue ich ihnen gerne, ebenso wie tausend andere kleine Gesten, denn auch wenn sie noch nicht "Gracias!" sagen können, bedanken sie sich stets mit einer Umarmung oder einem strahlenden Lächeln.
Die ersten Tagen und Wochen im Kindergarten waren sehr anstrengend, da viele Kinder sich erst an die neue Situation, die anderen Kinder, die Erzieherin und den Tagesablauf gewöhnen mussten. Der Tag besteht für die Kinder nämlich nicht nur aus singen, spielen, essen und schlafen, sondern zu meiner Verwunderung zu einem sehr großen Teil auch aus zwanghaft anmutenden Bildungsmaßnahmen. Obwohl die meisten Kinder in der Gruppe in der ich arbeite erst zwei Jahre alt sind, dreht sich sehr viel, meiner Meinung nach um einiges ZU viel, um die Schule. So werden jeden Morgen auf spanisch und englisch Gegenstände, die man in der Schule braucht wiederholt und es werden Gedichte und Geschichtchen über tolle Tage in der Schule erzählt.
Kein Wunder, dass manche Kinder bei diesem Part meist skeptisch gucken, abschalten oder sogar anfangen zu weinen. Immerhin ist das dritte Lebensjahr für die meisten spanischen Kinder das letzte Jahr, in dem sie noch nichts mit der Schule zu tun haben müssen. Denn die Vorschule in Spanien beginnt schon ab drei Jahren und obwohl es nicht obligatorisch ist sein Kind zur Vorschule zu schicken, wäre es anormal es nicht zu tun. Also zeige ich ihnen lieber Bilder von Tieren und Blumen, dafür ist das Interesse sowieso grösser, und vor allem singe ich mit ihnen, denn Musik kann auf Kinder wirklich eine magische Wirkung haben. Auf mich haben die spanischen Kinderlieder die Wirkung ständig Ohrwürmer zu verursachen..zum Beispiel: „Para dormir un elefante necesita chupete gigante“ („Zum Schlafen braucht ein Elefant einen großen Schnuller..“).