Let’s talk about sex(robots)!
Es klingt ein wenig absurd und eher nach staubigen, dunklen Sex-Shops in Bahnhofsnähe aber Sex-Roboter sollen das neue Ding sein. Und tatsächlich reiht sich dies in die allgemeine Tendenz ein, unseren Alltag zu digitalisieren und immer mehr künstliche Intelligenz zu involvieren. Und dies wirft einige ethische Fragen auf: Kann man Sex-Roboter moralisch vertreten? Wie beeinflussen sie unsere Wahrnehmung von Sex und vom anderen Geschlecht?
Sie heißt Harmony, in jeder Haar- und Hautfarbe verfügbar und mit AI (artificial intelligence) ausgestattet. Das ist eine der neusten Erfindungen der Robotik aber auch der Sex-Industrie. Und sie ist alles andere als passiv: Sie kann sogar sprechen, reagieren und hat gewisse Charaktereigenschaften. So real wie möglich soll die Erfahrung mit Sexrobotern sein, fast, als würde man mit einer richtigen Frau schlafen. Diese lebensechten Roboter werde immer beliebter: Tatsächlich gibt es in Spanien und in Italien bereits jeweils ein Bordell, in dem nur Sexroboter, männliche wie weibliche, arbeiten - Wenn man denn von arbeiten bei einem Roboter sprechen kann. Bereits bei den Beschreibungen kommt man in moralische Konflikte und Fragwürdigkeiten: Ist ein Roboter-Bordell also so etwas wie ein Fitnessstudio, in dem man Maschinen einfach nur nutzt? Oder ist die intime Erfahrung mit Robotern etwas anderes? Ein Roboter kann dem Sex nicht zustimmen, vergewaltigt ihn man damit? Kann man überhaupt Maschinen oder Roboter vergewaltigen?
Mit der stetigen Weiterentwicklung und der wachsenden Verbreitung von Sexrobotern werden diese Fragen immer relevanter, und Sexroboter damit zum Politikum: Immerhin würde rund jeder fünfte Deutsche einmal mit einem Sexroboter schlafen, 6% könnten sich sogar vorstellen, sich in einen zu verlieben stellte eine Studie des Fraunhofer-Institut fest. Demnach wäre es also gar nicht so unrealistisch, bald Roboter-Bordelle in Deutschland zu haben oder vielleicht sogar Pärchen im Park zu sehen, wobei einer von den beiden ein Roboter wäre. Eine Dystopie? Oder Fortschritt?
Die Debatte darüber ist polarisiert: Einige argumentieren, dass Sexroboter zum einen Menschen helfen, ihre Bedürfnisse auszuleben, die sie sonst nur schwer ausüben können. So könnten Sexrobotern beispielsweise Menschen mit Behinderungen dienen oder alten Menschen. Gerade dadurch, dass Sexroboter durch ihre künstliche Intelligenz auch so etwas wie Intimität erzeugen können, kuscheln oder sogar eine Art Beziehung imitieren können. Es ist also mehr als Sex, Sexroboter könnten für einige Menschen das menschliche Bedürfnis nach Liebe decken.
Aber insbesondere in dieser Hinsicht stellen sich weitere, schwierige ethische Fragen: Wie dürfen diese Roboter eigentlich aussehen? In den USA und Kanada existieren bereits Gesetzte, nach denen Sexroboter nicht Kinder-ähnlich aussehen dürfen. Das ist eine der größten Befürchtungen: Dass durch Roboter problematische sexuelle Vorlieben ermöglichen, provozieren oder sogar antrainieren. Roboter können zwar praktisch gesehen genauso wenig vergewaltigt werden wie ein Toaster oder eine elektrische Zahnbürste, trotzdem ist dieses Verhalten gesellschaftlich kaum akzeptabel. Die Aktivistin Kathleen Richardson engagiert sich daher stark gegen Sexroboter: Ihrer Meinung nach sorgen die Roboter für eine „Dehumanisierung“ der Gesellschaft, sie lehnt die Vorstellung dass ganze Menschen (wenn auch künstliche) käuflich erwerblich sind und dann der Willkür ihrer Käufer ausgesetzt sind. Werden Menschen dadurch nicht auch verlernen, miteinander umzugehen, Intimität aufzubauen, Beziehungen zu führen, mit allen guten und schlechten Seiten?
Es ist unsere Generation, die einen enormen Schub der Digitalisierung erlebt: In den letzten zwanzig Jahren haben sich Technologien entwickelt, die unseren Alltag und unsere Gesellschaft grundlegend verändert haben. Viele kritisieren bereits heute, dass unser Zusammenleben immer „un-menschlicher“ wird, dass wir zu viel digital kommunizieren und echte menschliche Kontakte missen. Sexroboter würden dies nun auf eine neue Stufe bringen: Mit diesen könnte man eines der grundlegenden menschlichen Bedürfnisse befriedigen, ohne sozial zu interagieren. Und die Debatte hört hier nicht auf: Pflegeroboter sind bereits in der Entwicklung und werden zukünftig in der alternden Gesellschaft eine essentielle Rolle spielen. Wird es bald auch Freundschaftsroboter geben? Und wie lange wird es dann noch dauern, bis wir verstorbene geliebte Menschen in einem Roboter wiederbeleben können? Was wie gruselige Sciences Fiction klingt, ist eine potentielle Realität, die wir diskutieren müssen. Insbesondere als junge Generation sollten wir Wert darauf legen, humane Werte und soziale Interaktionen zu pflegen - Und nicht irgendwann in einer Dystopie a la Black Mirror aufzuwachen.