Lange ist es her!
Kurzes Update über die letzten Wochen (fast schon Monate)
Am Anfang meines Freiwilligendienstes habe ich mir vorgenommen, wöchentlich einen Blogeintrag zu veröffentlichen. Eigentlich hat das die ersten Monate auch relativ gut geklappt, doch dann sind nach Weihnachten so viele Dinge passiert, dass ich das zeitlich einfach nicht mehr so realisieren konnte, wie ich mir das ursprünglich vorgestellt hatte. Obwohl wenn ich genauer darüber nachdenke, so viel ist eigentlich gar nicht passiert, aber ich glaube meine Prioritätensetzung hat sich ein bisschen geändert. Nun also eine ausführlichere Zusammenfassung meiner aktuellen. Ich hoffe, dass ich es hinbekommen habe, einen einigermaßen strukturierten Überblick zu geben.
Wie geht es mir?
Mir geht es ziemlich gut. Die Tage werden immer länger – 5:00-22:00 Uhr Licht, ein wahrer Traum - und mir ist erst hier zum ersten Mal bewusst geworden, wie viel das an der Stimmung ändern kann. Vor einem Jahr habe ich meine Mutter noch ausgelacht, wenn sie sich in den finsteren Wintermonaten vor eine Vollspektrum-Lampe gesetzt hat, mit der Begründung, dass sie die Dunkelheit so träge macht. Inzwischen kann ich das sehr gut nachvollziehen und werde ihre Umgangsweise mit der Dunkelheit auf jeden Fall in Erwägung ziehen. Zudem wird das Wetter besser und man kann mehr draußen unternehmen. Auch wenn der Frühling langsam kommt, immerhin kommt er. Ich habe die letzten Wochen vermehrt Ausflüge unternommen, sowohl in Kaunas, als auch außerhalb. Inzwischen kann ich stolz sagen, dass ich so gut wie jedes Kuhkaff in Litauen gesehen habe. Manche Örtchen sehenswerter als andere. Aber da ich die Einstellung habe, so viel wie möglich mitzunehmen, besichtige ich jeden Ort, der auch nur ansatzweise auf Google Maps interessant aussieht. Sprich wenn eine Kirche und ein anliegender Park vorhanden ist, wird das besichtigt. Denn so schnell kommt man hier ja nicht mehr her! Ich bin sehr froh, dass ich mir über Weihnachten überlegt hatte, ein Klapprad mit nach Litauen zu nehmen. Einer der besten Entscheidungen! Inzwischen fahre ich fast täglich mit dem Fahrrad und kann somit auch gut etwas aktivere Ausflüge bestreiten. Das schöne am Fahrrad fahren ist, dass man auch ein bisschen mehr von seiner Umgebung mitbekommt. Denn wenn ich alles mit dem Bus fahre, sitze ich meistens am Handy oder nutze die Zeit effektiv, um zu schlafen. Doch mit dem Fahrrad ist das nicht möglich, somit hat sich auch meine Orientierung in den letzten Wochen noch einmal deutlich verbessert. Inzwischen kann ich stolz behaupten, dass ich 90% der Strecken ohne Google Maps hinbekomme. Was für meine Verhältnisse ein wahrer Fortschritt ist. Leider ist Litauen bis lang kein wirklich fahrradfreundliches Land, denn es gibt kaum Fahrradwege. Doch der Wille ist da, denn es gibt überall Baustellen, ob dort aber explizit Fahrradwege gebaut werden, ist die Frage. Ich hoffe es für alle zukünftigen Fahrradfahrer. Desweiteren habe ich angefangen Tennis Stunden zu nehmen. Letzten Sommer hatte ich bereits ein paar und jetzt möchte ich meine Grundkenntnisse ein bisschen auffrischen. Nicht nur weil es Spaß macht und ich gerne eine neue Sportart lernen würde, sondern auch weil Tennis ein sehr Corona freundliches Hobby ist und man ja nie weiß, wie sich die aktuelle Lage entwickelt.
Jetzt kommt meine adäquate Ausrede, wieso ich so lange keine Einträge mehr veröffentlicht habe: Mein Laptop! Der ist nämlich kaputt, was auch zu erwarten war, denn er war echt alt und hat mir eigentlich auch schon vor einem halben Jahr signalisiert, dass er keine Lust mehr hat. Optimistisch wie ich war, bin ich aber davon ausgegangen, dass er Litauen noch mitmachen würde. Tja… hätte ich mal auf meine Eltern gehört, die haben mir sehr ans Herz gelegt, mich vielleicht schon etwas früher darum zu kümmern. Jetzt haben sich meine Eltern darum gekümmert und mir einen neuen Laptop nach Kaunas geschickt. Was lerne ich daraus: manchmal ist es besser, auf die Eltern zu hören. Jetzt habe ich auf jeden Fall auch keinen driftigen Grund mehr, so unregelmäßig Blogeinträge zu veröffentlichen.
Wie läuft die Arbeit?
Ziemlich gut! Ich arbeite inzwischen in vielen Klassen im Deutsch Unterricht mit und unterstütze die Lehrerin. Aktuell arbeite ich überwiegend mit der achten Klasse, neunten Klasse und mit vereinzelten Schüler*innen der elften Klasse. Mir ist mit Schrecken bewusst geworden, dass ich wenig Ahnung von deutscher Grammatik habe. Fälle Abfragen ist beispielsweise ein heikles Thema, da musste ich erst einmal einen kleinen Crash Kurs von meinem Bruder bekommen. Nachdem ich den Schüler*innen die Fälle falsch erklärt habe, kann ich sie zumindest und die Klasse weitgehend auch, teilweise sogar besser als ich. Schon ein bisschen peinlich… In der elften Klasse habe ich Schüler*innen die sich freiwillig Freitag nachmittag mit mir treffen, um Deutsch zu reden und ihre Kenntnisse zu verbessern. Ich war schon sehr beeindruckt! Denn als ich in der elften Klasse gewesen bin, war ich Punkt Gong aus der Schule draußen und habe mich nicht noch freiwillig für so etwas in der Schule aufgehalten. Zudem nehme ich auch an handwerklichen Unterrichtsstunden teil. Aktuell finden für die zehnte Klasse Nähkurse statt, inklusive mir. Ich würde mich durchaus als fleißige und motivierte Schülerin bezeichnen und mache tatsächlich Fortschritte. Hosen umnähen oder Jute Beutel nähen, kein Problem! Ich hätte auch nie im Leben gedacht, dass ich an so etwas nochmal Freude haben kann, aber mir macht es unfassbar viel Spaß. Würde ich das meiner ehemaligen Handarbeitslehrerin aus der Mittelstufe erzählen, würden der auch die Augen ausfallen. Dadurch, dass man Stoffe für einen Euro in Humana bekommt, ist das auch echt ein ziemlich billiges Hobby und Covid freundlich obendrauf. Ich wäre für die nächste Welle gerüstet… Ich arbeite nach wie vor auch noch im Kindergarten. Meistens bin ich dort einen Tag in der Woche und backe mit ihnen zusammen. Superlustig, aber auch eine Herausforderung, vor allem wenn man Rezepte suchen muss, die Glutenfrei, Laktosefrei, Ei-frei und am besten noch gesund sind, da ein paar Kinder Unverträglichkeiten haben. Schmeckt dann meiner Meinung nach auch alles sehr trocken, aber bis jetzt gab es noch keine Beschwerden.
Wie schaut es mit Covid aus?
Die Schulen haben im Wechselunterricht geöffnet, weswegen mein Arbeitsalltag auch ziemlich normal abläuft. Inzwischen haben Bars, Restaurants und Cafés im Außenbereich bis 21:00 Uhr offen. Dies ist inzwischen auch ein großer Bestandteil meiner Freizeit. Nachdem wir sechs Monate lang nur Meetings in WG -Küchen hatten, sind wir alle heil froh, dass unser Treffpunkt auch mal wo anders sein kann, da halten uns auch keine minus Grade und Regen ab. Nach -20 Grad ist alles rund um den Nullpunkt völlig aushaltbar, auch über einen längeren Zeitraum. Auch die Shopping Malls haben unter der Woche wieder geöffnet. Somit ist es da dann auch nicht mehr so gespenstisch leer. Eigentlich ist mir das ziemlich egal gewesen, da ich mich davor auch nicht wirklich oft dort aufgehalten habe, aber Humana – eine Second- Hand Kette – habe ich schon sehr vermisst, mein Geldbeutel und mein Koffer eher weniger.
Diese Woche habe ich meine erste Impfung bekommen, worüber ich sehr froh bin, da mir das auf jeden Fall die Rückreise nach Deutschland erleichtern wird. Nach einer üblen Nacht mit wenig Schlaf und vielen Nebenwirkungen, ging es mir aber auch wieder ziemlich gut.
Man darf sich inzwischen auch im Land wieder frei bewegen, was einem eine ganze Reihe von Adrenalin kicks erspart. Denn ich bin davor ja auch schon gereist, was eigentlich immer eine ziemlich große Grauzone war und ich jedes Mal heil froh war, wenn ich nicht von der Polizei kontrolliert wurde. Somit darf ich jetzt offiziell legal jedes Kuhkaff bereisen und echt noch schöne Orte von Litauen besichtigen.
Was habe ich die letzten Monate geplant?
Ja so lange bin ich gar nicht mehr hier. Die Zeit vergeht einfach unfassbar schnell. Viele Mitfreiwillige und Freund*innen verlassen schon im Juni ihr Projekt. Das ist schon wieder so greifbar und trotzdem kann man es noch gar nicht realisieren. Wir haben die letzten Monate so viel Zeit miteinander verbracht und ab Sommer gehen wir alle wieder in unsere Heimatländer oder sonst wohin und sind Kilometer weit voneinander entfernt. Aber jetzt ist erstmal angesagt, die restliche Zeit noch möglichst zu genießen. Wir wollen noch an die Ostsee fahren, wenn das Wetter irgendwann mal wieder besser werden sollte. Außerdem ist auch noch eine Woche Polen in Planung, da Warschau gar nicht so weit von Kaunas entfernt ist. Meine Eltern werden mich in der ersten Juni Woche besuchen kommen, worauf ich mich unfassbar freue. Leider diesmal ohne meinen Bruder, da es nach wie vor noch schwierig ist, Grenzen ohne Impfung zu überqueren. Ich werde bis Ende Juni weiterhin in der Schule und im Kindergarten arbeiten. Anschließend werde ich an Pfadfinder Camps als Teamer teilnehmen. Da bin ich schon sehr gespannt drauf. Ich habe die letzten Jahre in meiner Heimatstadt Sommercamps mitbetreut, doch da haben wir immer in einer Hütte geschlafen und mussten uns keine Zelte aus Holz selbst bauen. Naja, aus Herausforderungen wächst man ja bekannterweise. Tatsächlich haben sich auch ein paar Freundinnen angemeldet, mich besuchen zu kommen. Worüber ich mich unfassbar freue, nicht nur sie endlich wieder zu sehen, sondern auch weil ich keine Ahnung habe wie ich mein ganzes Gepäck nach Hause bekommen soll, aber das ist nochmal eine andere Geschichte!
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