Kleinigkeiten
Claudula genießt ihre Freizeit in vollen Zügen. Sie erholt sich in einem Ferienhaus am See, genießt Saunengänge und feiert bunten litauischen Karneval.
In meinen bisherigen Berichten habe ich meist von den „großen“ Erlebnissen in Litauen erzählt, aber es gibt so viele kleine Dinge, die ich in den letzten Wochen erlebt und gesehen habe, dass ich dazu jetzt etwas schreiben muss.
Letztes Wochenende sind wir zu zwölft in das kleine Dorf Dusetos im Norden von Litauen gefahren. Wir kamen dort am Nachmittag an und bezogen als erstes unsere zwei Holzhäuser, die wir gemietet hatten. Sie waren sehr gemütlich mit Kamin und alles aus Holz im Inneren. Ideal zum Ausspannen! Nach einer kleinen Stärkung ging es zu einem Spaziergang. Die Umgebung ist wie im Bilderbuch. Es stehen nur 3 Häuser dort und es liegt direkt an einem Fluss, auf dem wir herumgetanzt sind. Das war ein Spaß. Es war so tolles Winterwetter. Es sind wunderschöne Fotos im Sonnenuntergang entstanden!
Am Abend nutzten wir vor dem Essen den mit Holz beheizten Jacuzzi. Es waren eisige Minusgrade draußen, aber das Wasser war wunderbar angenehm warm. Wir waren über eine Stunde dort drin, weil wir es so genossen. Am Ende war fast gar kein Wasser mehr enthalten, aber selbst das musste ausgenutzt werden. Zwischendurch wälzten wir uns im Schnee und dann ging es wieder zurück ins Warme.
Danach waren wir alle sehr hungrig und begannen mit dem Grillen. Es saßen alle rund ums Feuer. Nach dem Essen konnte es uns allen gar nicht schnell genug gehen und wir zogen uns unsere nassen Badesachen über und rannten so durch die eisige Nacht in ein anderes Haus, wo sich die Sauna befand. Wir passten alle nur ganz knapp hinein. Ach, es war einfach so entspannend und herrlich! Wir schlugen uns dann gegenseitig ganz typisch litauisch mit Birkenzweigen…das war ein Spaß. Zwischendurch rannten wir immer raus aus dem Haus in den Schnee zum Abkühlen und dann gings wieder rein…es war super Stimmung!
Am nächsten Morgen standen wir um 6.00 Uhr auf und beeilten uns in das nächste Dorf zu kommen. Es war noch ganz dunkel und wir mussten den Weg über den Fluss nehmen, da alles andere zu lange gedauert hätte und wir unseren Bus nach Kaunas nicht mehr erreicht hätten. Das war ein Abendteuer am Morgen den richtigen Weg zu finden. Es kam einer der ältesten Busse, die ich bisher in Litauen gesehen habe. Wir haben alle sofort wieder geschlafen, auch wenn es bitterkalt in diesem Bus war…brrhh…!
Um 11 Uhr kamen wir in Kaunas an und warteten an der Bushaltestelle auf den Bus, der uns nach Rumšiškis fahren würde, wo der größte Karneval von Litauen stattfand. Von der Haltestelle mussten wir noch über einen Kilometer laufen, bis wir die Kasse erreichten, an der eine riesige Schlange war! Sarah und ich waren die ganze Zeit zusammen, die anderen hatten wir bei dem Gewimmel verloren. Kurz vor der Kasse wurden wir fast zerquetscht, das war echt nicht mehr lustig gewesen. Die Leute wurden echt brutal. Mit Platzangst darf man dort nicht hinfahren.
Dann konnten wir endlich mit Karneval beginnen. Rumšiškis ist ein riesiges Dorf, wo alte Häuser der verschiedenen Regionen Litauens nachgebaut sind. So viele Stände, wo selbstgemachte Dinge verkauft wurden und die Menschenmassen (30000-40000 wurde uns gesagt)! Ich glaube, ganz Litauen war dort versammelt. Es gab auch einige Folkgruppen, die Musik machten und wir tanzten dazu. Die Litauer waren sehr ausgelassen und fröhlich. Natürlich aßen wir auch die traditionellen Süßigkeiten und Blynai, die so typisch für den Karneval sind. Einige waren auch verkleidet, als Hexen, Teufel usw., denn das Ziel dieses Festes (Užgavėnės) ist es, die bösen Dinge des Winters zu vertreiben, damit die Guten, wie Vögel, kommen können. Darum wurde auch eine große Hexe verbrannt und alle sind um sie herum getanzt. Das war ein Spektakel…so viele Menschen auf einem Haufen. Nach 5 Stunden bei eisigen Temperaturen machten wir uns wieder auf den Weg nach Kaunas, welches eine halbe Stunde entfernt liegt. Es war nicht überraschend, dass alle von uns an diesem Tag sehr früh schlafend ins Bett fielen.
An einem anderen Wochenende waren wir nach Birštonas gefahren. Das ist ein Dorf oder eine kleine Stadt, in der es möglich ist, Ski zu fahren. Wir freuten uns schon sehr darauf, dies zu tun! Doch unsere Erwartungen wurden enttäuscht. Als wir an den „Berg“ ankamen, mussten wir lachen, so klein ist er. Der ist sogar für mich als Anfänger ziemlich brav und von der Schlange am Lift möchte ich gar nicht erst reden, so lang war sie. Also nutzten wir die Zeit für einen Spaziergang durch den wunderschön verschneiten Wald und auf dem vereisten Nemunas. 3 Stunden dauerte unsere Wanderung. Sie wurde ab und zu für kleine Rutschpartien unterbrochen. Das war ein Spaß! Ich liebe Schlitten fahren! So konnten wir den Tag in Birštonas doch noch für eine sportliche Winteraktivität nutzen.
An einem Mittwoch besuchten wir das Musiktheater. Dort haben wir uns das Musical „My fair Lady“ angeschaut. Es war toll! Für nur 10 Litas (ca 3 Euro) hatten wir eine gute Sicht. Es wurde zwar nur auf Litauisch gesprochen und gesungen, aber das störte uns nicht. Einiges verstanden wir und die Handlung war uns auch bekannt. Wir genossen einfach die Atmosphäre.
Natürlich betätigen wir uns auch ab und zu sportlich! An einem Sonntag waren wir Laser-Paintball spielen...das war ein Spaß kann ich sagen. Drei gegen drei! Mein Team, bestehend aus Bart und Jehanne hat gewonnen…juhu…gegen Jagna, Lilli und Sophie…hihi…Am Ende waren wir total durchgeschwitzt und außer Puste, aber den Spaß war es wert!
Neben diesen ganzen tollen Veranstaltungen arbeite ich aber natürlich auch. Vor ein paar Wochen haben Jagna und ich zusammen mit den Kindern einen Obstsalat zubereitet. Zu unserem Workshop kamen 15 Kinder. Sie waren viel leiser, als beim Plätzchenbacken, welche wir vor Weihnachten zubereitet hatten, und ganz lieb. Hätten wir nicht vermutet… Wir hatten das ganze noch damit verbunden, dass die Kinder die Früchte auf Englisch benennen mussten, wenn sie neue schneiden wollten. Ich war überrascht, dass sie das so eingehalten haben.
Anfang Februar habe ich damit begonnen Klavierstunden zu geben. Derzeit versuchen sich 6 Kinder daran. Mit den kleineren, die in der 2. Klasse sind, spreche ich auf Litauisch und den größeren kann ich alles auf Englisch erklären. Es macht wirklich Spaß. Ich habe endlich eine Aufgabe und ich sehe Resultate. Es gibt mir unwahrscheinlich Motivation, wenn die Kinder am Ende der Stunde mit einem Enthusiasmus aus dem Raum gehen und sagen, dass sie sich schon wieder auf nächste Woche freuen. Bisher sind sie sehr lernbegierig und geben sich große Mühe. Ich freue mich schon immer, wenn eine Unterrichtsstunde ansteht. Ich bin auch endlich mental gefordert und nach diesen 30 Minuten bin ich oft müde, da es viel Energie kostet, die Kinder konzentriert zu halten und motivierend zu wirken. Aber ich denke, dass das ganz gut klappt.
Ich gehe auch immer noch jeden Montag zum Chor an der Medizinischen Universität Kaunas. Das ist ein Spaß! Jede Woche lerne ich neue Litauer kennen. Seit unseren letzten Auftritten fühle ich mich richtig wohl dort. Die Auftritte waren anlässlich des Unabhängigkeitstages am 16. Februar. In der Universität, wo der Auftritt stattfand, haben wir lange warten müssen, eh wir sangen. Diese Zeit wurde zum Singen. Die weiblichen Mitglieder des Chores tragen schwarze Kleider und die männlichen Anzügen. Es gibt ein tolles Bild alles so zusammen stehend zu sehen. Ich bin auch nicht mehr die einzige Ausländerin im Chor. Ein spanischer Erasmusstudent, der mit mir im Sopran singt, ist auch gefolgt. Anschließend gab es in der Empfangshalle Brot, Käse, Fisch und halbe Liter Bier. Ich war überrascht darüber, habe mich aber gefreut, denn mein Magen war noch leer.
An dem eben erwähnten Unabhängigkeitstag war ich in Kaunas. Um 15 Uhr war im Kulturzentrum ein Konzert. Verschiedene Gruppen führten traditionelle Tänze vor. Es war toll. Es waren viele unserer Freiwilligen da und auch einige, die im Chor mitsingen haben mitgetanzt. Am Abend fand noch ein Konzert statt, auf dem Opernsänger bekannte Songs aus Musicals, natürlich alles auf litauisch übersetzt, sangen. Da es auch noch schneite war die Atmosphäre herrlich. Es war nichts Besonderes, aber schön. Der Bürgermeister hat noch eine Rede gehalten, dass Kaunas im Herzen immer noch Hauptstadt ist usw…und zum Abschluss gab es ein Feuerwerk! Es war nicht lang, aber ich mag Feuerwerke!
Einige Tage waren vier Wandergesellen aus Deutschland zu Besuch in Kaunas. Es ist echt beeindruckend, wie sie sich durch Europa schlagen. Es sind zwei Mädchen und zwei Jungen, die sich zufällig bei ihren Reisen getroffen haben und nun einige Zeit zusammen bleiben. Sie sind seit eineinhalb bis zwei Jahre als Gesellen unterwegs. Sei dürfen kein Geld verdienen, dürfen kein Geld für Reisen oder Schlafgelegenheiten ausgeben, immer ihre schwarze Hose, weiße Bluse und Filzhut tragen. Die haben schon so viel erlebt und Leute kennen gelernt. Ich denke nicht, dass ich dazu in der Lage wäre. Sie dürfen nicht in die Nähe ihres Heimatortes kommen, solange sie reisen. Das ist echt Wahnsinn! Ich bin jedes Mal beeindruckt, wie sie das aushalten. Es ist bewundernswert. Ich habe vorher noch nie solche Menschen kennen gelernt.
Bevor ich nun meinen Bericht beende, möchte ich noch bekannt geben, dass Marie und ich einen neuen Mitbewohner haben. An einem Abend saßen wir gemütlich in der Küche, als wir seltsame Geräusche vernahmen…und ja, ihr vermutet sicher schon richtig, wir haben eine Maus! Wir haben erst einmal auf den Stühlen gestanden, weil wir uns so erschreckt hatten. Unsere Freude war grenzenlos! Am Abend waren wir noch in der Karaokebar, wo das Gesprächsthema Nummer eins war und wir auf diesen Anlass anstießen. Am nächsten Tag habe ich vor der Arbeit eine Mäusefalle gekauft. Das war ein Spaß. Der Baumarkt ist so ein großer Komplex mit fünf Häusern. Intuitiv bin ich sogar gleich in das richtige, aber dann kam ich nicht mehr weiter, also fragte ich mich mit meinem Litauisch durch, mit Zuhilfenahme meiner Hände und Mimik und siehe da, ich fand sie! Einkaufen in Litauen kann ja so lustig sein! Bis jetzt haben wir sie leider noch nicht gefunden, aber vielleicht ist ja weitergezogen. Wäre auf jeden Fall zu wünschen…
Wie ihr seht, ist in der letzten Zeit viel passiert und genieße meinen Freiwilligendienst in vollen Zügen. Fünf Monate bin ich nun schon hier. Die verbleibenden Monate werden bestimmt genauso aufregend und schön, wie die letzten. Ihr werdet es erfahren ;-)!
Bis dahin, lasst es euch gut gehen und genießt die letzten Wintertage!
Die liebsten Grüße aus Kaunas
Eure Claudia ;-)