Kinderstunde
Ein paar Zeilen zur Arbeit mit den Indianerkindern.
Jeden Tag gebe ich nun zwei Stunden lang Unterricht für die Altersklassen 5-8 und 9-13.
So kurz nach dem Essen bin ich manchmal etwas demotiviert, -die prasselnde Mittagssonne läd eher zu einer ausgedehnten Siesta in der Hängematte
ein als zur Arbeit...
Aber dann steige ich kurz vor um zwei die Treppen hinunter und ein Kind nach dem anderen rennt mir jubelnd entgegen, laut wird verkündet, dass die
Lehrerin Merita kommt und der Streit um meine Hände geht los. Dieser Moment ist unbeschreiblich toll, die strahlenden und erwartungsvollen
Gesichter lassen mich alles andere vergessen und sind ein unglaubliches Geschenk dieser kleinen Geschöpfe.
Sobald ich den Schlüssel in der Hand habe, bilden sie brav eine Schlange vor der Tür, damit ich ungestört aufschließen kann (undenkbar in der ersten Zeit!). Die Spielplatzzeit ist nämlich vorbei, ich habe nach langem Kampf ein Zimmer erhalten!
Längst haben alle abgecheckt, ob ich den Ball mithabe, das Bastelbuch, Kreide - vielleicht sogar Luftballons?
In neugierige und wissbegierige Gesichter blickend erkläre ich dann alle möglichen Dinge. In spannende Geschichten aus Deutschland gepackt oder als großes
Ausmalbild gestaltet saugen sie jegliche Information auf, sei es die Uhr, das Thema Wasser, Englisch, Geografie oder Tierkunde.
Die Neuigkeiten liegen dabei stets auf beiden Seiten. Sie staunen über das Wort "Karibik" und ich muss feststellen, dass nur die wenigsten schon einmal
das 6 km entfernte Meer zu Gesicht bekommen haben.
Die Zensur 1, mit der ich anfangs die fehlerfreien Übungen bewertete, sorgten für viel Verwirrung und Protest, ist doch hier die 5 viel lieber gesehen.
Spaß haben wir immer viel. Selbst scheiternde Projekte, wie zum Beispiel das Drachen steigen lassen (ich schiebe es einfach mal auf den nicht vorhanden gewesenen Wind...), sorgen für eine Menge Unterhaltung und wecken den Ehrgeiz aller.
Aber es gibt auch eine dunkle Seite, die ich nicht so leicht wegstecke. Wenn große kugelrunde Kinderaugen mich ernst anschauen und mir erklären, dass die Wunde von der Lehrerin stammt, komme ich mir so hilflos vor. Kinder im Alter von 13 Jahren, die für die Aufgabe 2+3 kleine Kreise aufzeichnen und dann zusammenzählen, machen mich regelrecht sprachlos.
Was die Kinder überhaupt nicht verstehen können: Warum gebe ich am Wochenende keinen Unterricht? Alle Erklärungen, dass die Schule auch nur die Woche über
ist und ich auch mal eine kleine Pause brauche zum Ideen sammeln, werden als nichtig abgetan und es bleibt dabei, dass sie jeden Samstag und jeden Sonntag unermüdlich fragen, ob heute um drei Unterricht ist, und wieso denn nicht?...
Meine neueste "Errungenschaft" ist die außerordentlich coole, unlehrbare Jungsbande bestehend aus Obed, Jackner und Penchu. Die drei Lausebuben, die immer
stören im Unterricht, Bücher mitgehen lassen, lügen und andere ärgern - genau die kamen mich neulich besuchen. Penchu mit einer selbstgebastelten Milchpackung-Geldbörse für mich, Jackner mit einem selbstgefangenem Fisch und Obed steckte mir heimlich, als er sich unbeobachtet fühlte, seine Hand in die meine. Ich war total überrascht und hab mir als Gastgeberin alle Mühe gegeben, was in einer Menge Spaß endete und nun sind sie die fleißigsten und zuverlässigsten Schüler, die ich habe....
Und nein, das ist keinem Märchenbuch entnommen.
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