Kindergeburtstag der Baumaschinen
Eines Morgens werden claudi und ihre Mitbewohner von einem infernalischen Krach unbekannter Herkunft geweckt. In aller Herrgottsfrühe. Dieser unerfreuliche Start in den Tag verleitet claudi zu einer kritischen Betrachtung des ganz normalen Chaos’ spanischer Alltäglichkeiten.
Es ist Samstagmorgen, 8.30 Uhr – was mache ich hier!?
Die ganze Sache ist leicht zu erklären. Ich bin ein klein wenig erkältet, habe mich gestern also schon ein bisschen eher hingelegt, kann mich folglich um diese Uhrzeit auch nicht mehr in irgendwelche Tiefschlafphasen flüchten… und ich bin dort, wo Mister Spock sich, glaube ich, freiwillig das Leben nehmen würde. Hier ist das Unlogischsein erstes Gebot.
Nehmen wir zum Beispiel jetzt gerade: Samstagmorgen, ab circa 7.00 Uhr ist da dieses Geräusch. Gut, Geräusch ist untertrieben. Da ist dieser pochende, ohrenbetäubende Lärm irgendwo auf der Straße. Kein Mensch vermag mit einer so konstanten schnellen Geschwindigkeit etwas zu zerschlagen, kein Bohrhammer kann sooo laut sein. Wo kommt das her? Dafür, dass ich es aus keinem der zahlreichen Wohnungsfenster sehen kann, ist es einfach zu laut. Was wird hier gespielt? Falls das Unmögliche der Fall ist und eine einzelne Person oder eine kleine Gruppe für diesen netten Weckruf verantwortlich ist, werden sie so etwas vermutlich nie wieder tun, denn unter den Lärm von weit weg hat sich das gelegentliche Brüllen und Fluchen der Anwohner gemischt. Die Frau, die im Regen mit dem Hund spazieren geht, der Mann im traditionellen Wüstengewand eins über uns und der von gegenüber, der sich gerade im Schlüpfer Zähne putzt – alle sind ein wenig erbost…
Aber generell verlebe ich hier witzige Stunden – Stichwort Busverkehr. Mit der Zeit gewöhnt man sich ja an viele Dinge (außer an dieses Geräusch, das im Übrigen nach fünf seligen Minuten der Ruhe wieder da ist). So auch die kleine Gruppe europäischer Freiwilliger in Calpe, die die alles zwischen 30 und 75 Minuten variierenden Wartezeiten am Busbahnhof nach vier Wochen ganz gelassen sehen. Anfangs konnte so etwas schonmal den Morgen ruinieren, jetzt wird gelesen, gelernt (wir befinden uns nämlich in einem Vokabel-Bootcamp) oder Musik gehört. Manche von uns frühstücken auch, weil sie mal wieder verschlafen haben. Vielleicht sollte ich das Geräusch suchen und diesen furchtbaren Menschen ein Frühstück bringen, damit sie mich weiterschlafen lassen.
Rückblende. Mittwochmorgen. Wir sitzen seit fünf Minuten an der Haltestelle und da kommt einfach so der Bus. Kein Scherz. Die Uhr zeigt 8:45, die schriftlich festgehaltene Abfahrtszeit. Und der Bus ist da! Ein normaler Deutscher kann sich vielleicht nicht vorstellen, was einem möchtegernspanischen Freiwilligen da durch den Kopf geht, aber das ist ein Unding. Wir sind so geschockt, dass keiner es wagt, aufzustehen und einzusteigen. Alles, was wir bisher gelernt und adaptiert haben, wird in diesen Minuten scheinbar zerstört (so wie das Wasauchimmer, das sie da gerade versuchen kaputt zu machen. Es muss verdammt hart sein, verdammt hart. Es hört sich an, als ob riesige Maschinen Topfschlagen spielen. Ich rufe heiß! Heiß! Aber das interessiert sie nicht, wahrscheinlich suchen sie gar nichts und spielen nur aus Spaß an der Freude)
Aber doch ist alles in Ordnung, nur scheinbar ist der Bus pünktlich, denn als wir es dann doch wagen, unsere gewohnten Sitzplätze einzunehmen und gespannt darauf warten, das erste Mal pünktlich in Altea anzukommen, sieht man draußen vorm Fenster den Busfahrer verschwinden. Zehn Minuten später ist er wieder da, mit einem Kaffee in der Hand, gemütlich seine Morgenzigarette mit einem Kollegen rauchend und plaudernd. Und sie plaudern und plaudern solange, bis die obligatorische halbe Stunde vorbei ist. Dann erst fahren wir los. Die restlichen 15 Minuten, die wir ja eigentlich immer noch “zu früh” sind, werden dadurch kompensiert, dass auf der rechten Fahrbahnseite ein winziges Schlagloch ausgebessert wird, was zu einem etwa fünf Kilometer langen Verkehrsstau führt. Die Welt ist wieder in Ordnung.
Und da es grade aufgehört hat zu regnen, werde ich mich auf die Suche nach diesem folternden Ton begeben - zum Kindergeburtstag der Baugeräte…
Hier noch ein paar Impressionen: