Jetzt weiß ich, was ich will
Nicht zu viele Erwartungen im Voraus, die möglicherweise hätten enttäuscht werden können - mit dieser Devise ist der Rumäne Razvan Martin für ein Jahr nach Deutschland gekommen.
„Ich habe mein Zuhause nicht allzu sehr vermisst. Ich hatte gar nicht die Zeit dazu. Und jetzt ist das genauso, wenn ich zurückgehe. Dann werde ich Strausberg mindestens ebenso vermissen wie umgekehrt Bukarest.“ Der Rumäne Razvan Martin ist nach einem Jahr als Europäischer Freiwilliger im brandenburgischen Strausberg heimisch geworden. Der Aufenthalt hat ihm unter anderem gezeigt, was er in Zukunft beruflich machen will.
Viel zu schnell verging die Zeit, und nun wagt er nicht daran zu denken, dass es demnächst wieder zurückgehen soll nach Rumänien. Möglichst offen nach Deutschland zu kommen und „alle Möglichkeiten zu ergreifen, die sich bieten“, das rät er den neuen Freiwilligen.
Razvan hat sich selbst daran gehalten: Nicht zu viele Erwartungen im Voraus, die möglicherweise hätten enttäuscht werden können. „Mindestens die Sprache lernen, das war mein Minimalziel“, sagt er nun, „doch es kam alles ja so viel besser.“ Vor allem die Menschen will er da aufgezählt wissen. Seine Mitbewohner Benoit, Simone und Bartek, mit denen er sich prima verstand, seine Kollegin Monique am Projektplatz, seine Mentoren und so viele andere, denen er im Laufe der Zeit nicht einfach nur begegnet ist, sondern zu denen er freundschaftliche Kontakte aufgebaut hat.
Besonders aber hatte er nicht erwartet, so viele Freiräume zum Sich-Ausprobieren zu haben, erklärt Razvan, und Dankbarkeit liegt in seiner Stimme. Er half unter anderem bei der Organisation einer Ausstellung und organisierte Seminare im Stasi-Museum sowie im Veranstaltungsort Horte. „Ich habe viel gelernt, meine Fähigkeiten und Stärken besser erkennen können – für mich selbst auch herausgefunden, was ich später machen will.“ Zu wissen, wie man sein Leben gestalten möchte: „Mit 26 mag das zwar ein bisschen spät sein, aber eben besser spät als nie“, sagt Razvan. Das Lachen täuscht, geht es doch um eine überaus ernste Frage. Und der junge Rumäne ist zu der Überzeugung gelangt, dass kulturelles Veranstaltungsmanagement, sozial und politisch angehaucht, eben „Seins“ ist. Das, was er beruflich machen möchte.
Sein Projektplatz Ku-Stall (Anm. d. Red. Ein Kulturtreff in Strausberg) war wie geschaffen dafür, diese Erkenntnis reifen zu lassen. „Anfangs war ich mir einige Wochen nicht ganz klar über meine Aufgaben, über Verantwortlichkeiten und Möglichkeiten. Probleme gab es für ihn nur am Rand. Überrascht worden sei er von der breiten alternativen Jugendkulturszene in Strausberg und Berlin, die ihm eine zweite Welt abseits dessen eröffnet habe, was gemeinhin als „typisch deutsch“ gelte.