“Jardin d´enfants” und “Mütterliche Schule”
Über die Unterschiede von deutschen Kindergärten und französischen „Écoles Maternelles“.
Die komplexen Unterschiede zwischen dem französischen und dem deutschen Schulsystem beginnen schon bei den Kleinsten. Während ein deutscher Dreijähriger in den Kindergarten geht, kommt ein Französischer Dreijähriger in die École Maternelle – übersetzt etwa „Mütterliche Schule“.
Moment, eine Schule für Dreijährige?
Ja, in Frankreich beginnt die Schulzeit um einiges früher als in Deutschland – und auch wenn die Écoles Maternelles keine strengen Erziehungsanstalten mit Frontalunterricht sind, so sind sie doch eindeutig Schulen.
Dies beginnt damit, dass die Lehrerinnen und Lehrer genau dasselbe Studium durchlaufen wie ihre Kollegen in der Grundschule – theoretisch kann also jederzeit eine Lehrkraft der Grundschule an die École Maternelle wechseln und umgekehrt.
Während im Kindergarten Kinder unterschiedlicher Altersgruppen zusammen in einer großen Gruppe sind und den Großteil des Tages im freien Spiel verbringen, haben die Kinder in der École Maternelle bereits richtige Klassen – nach Altersstufe unterteilt. Jede Klasse hat eine Lehrkraft und eine Hilfslehrkraft – und wird nach einem Lehrplan unterrichtet, der für ganz Frankreich gilt.
Es wird gebastelt, gesungen und vorgelesen, nebenbei sollen die Kleinen bereits erste Buchstaben und Zahlen lernen. Der Tagesablauf in einer französischen École Maternelle ist um einiges durchorganisierter als in einem Kindergarten – Aktivitäten werden vorgegeben und von den Lehrkräften begleitet. Freies Spiel, wie wir es aus dem Kindergarten kennen, gibt es nur in den Pausen.
Die französische École Maternelle ist eine staatliche Einrichtung und als solche im Gegensatz zum Kindergarten kostenfrei für die Eltern. Zwar ist der Besuch einer École Maternelle nicht vorgeschrieben, dennoch wird sie von nahezu allen französischen Kindern durchlaufen. Der Besuch erleichtert den Kindern den Eintritt in die Grundschule, die wie in Deutschland im Alter von sechs Jahren beginnt. Sie haben bereits ein gewisses Basiswissen was Wortschatz, Zahlen, Buchstaben etc. angeht und finden sich in einer Klassengemeinschaft zurecht.
Welches ist nun die bessere Einrichtung? Wir als Deutsche sind natürlich instinktiv dazu geneigt, diese Frage mit „Kindergarten“ zu beantworten, doch das lässt sich nicht so einfach pauschal sagen. Weder zieht die École Maternelle kleine unselbstständige Roboterkinder heran, die niemals einen Mucks von sich geben, noch sind deutsche Kindergartenkinder rücksichtslose, rabiate Ungeheuer die bei der kleinsten Meinungsverschiedenheit aufeinander losgehen. Zweifelsohne haben sowohl deutsche Kindergärten als auch französische Écoles Maternelles ihre Vor – und Nachteile. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich – wie so oft – irgendwo in der Mitte.