Ja-Sager
29. September 2007
29. September 2007
Endlich wieder Wochenende. Die Zeit in der Maternity Unit verbringe ich eh meist nur mit Rumsitzen und Warten, bis Sofia wieder eine Patientin auf TWI berät (was ich nicht verstehe) oder behandelt (wobei ich nicht helfen kann). Die ersten Geburten waren auch echt harter Tobak. Aber alles in allem setzt sich bei mir ein Gefühl der Nutzlosigkeit ein. Ich werd morgen mal mit Theretha wegen Verbesserungsmöglichkeiten reden. Aber jetzt ist erstmal arbeitsfrei und ich beginne die schönen Seiten dieses Jahres zu erahnen. Gestern hat Seth wieder mal angerufen und mir von ner Hochzeit erzählt, bei der er dabei ist. Da werd ich natürlich hellhörig und interessiert. Eine echt ghanaische Hochzeit! Da es sich um einen guten Freund handelt, lädt er mich mit ein. Das ist natürlich die Möglichkeit, mein erstes typisch ghanaisches Kleid, aus Batikstoff geschneidert, anzuziehen. Schon früh, kurz nach dem Wäschewaschen per Hand, mach ich mich also startklar und stell mich an die Straßenseite, um auf das Trotro aus Ajumako Richtung Swedru zu warten. Weil sich das mal wieder ein wenig hinzieht (kein Stress, man wartet doch gern 15 Minuten), kommen dann doch wieder ein paar Schwestern von der Klinik vorbei, die alle total aus dem Häuschen sind, weil ich ihren traditionellen Stoff trage. Man wundert sich doch echt, was hier als Anerkennung und Wertschätzung der Kultur verstanden wird. Die Kleidung, das Essen, die Frisuren... aber es verschafft mir auch gute Laune und als dann das Trotro kommt, bin ich echt entspannt. In Swedru will ich erstmal noch ins Internetcafe, bevor dann die Hochzeit losgeht. Hier in Ghana dauert ja eh alles ein wenig länger. Also klingele ich Seth zwei stunden später an, woraufhin er dann mit nem Taxi angedüst kommt. Sein Auto (eines der Statussymbole schlechthin) hat er seinem Freund für die hochzeit geliehen. Also dirigiert er den Fahrer die Hauptstraße entlang, dann beim Makola Square nach rechts und dann bleibt der Wagen vor einem kleinen Holzhäuschen stehen. Ach so...? Aber das ist natürlich nicht der Bestimmungsort. An dem Häusle geht's vorbei über sandige Hinterhöfe zu einer Kirche, vor der schon die typischen Canopys mit vielen Plasestuehlen stehen. Die Kirche (leider mit dem elendig heißen Wellblech überdacht) ist wahnsinnig voll (darum die Verlagerung der restlichen Gäste nach draußen). Aber natürlich findet der „Obruoni“ einen platz ganz weit vorne in der ersten Reihe, direkt unter einem der vielen Ventilatoren mit Plastikschmuck dran.
Obwohl die Zeremonie wohl schon ein ganzes Weilchen geht, sind wir doch echt zum besten Teil gekommen. Das Publikum ist schon ganz aus dem Häuschen, der Chor hat geschmettert und der Pfarrer sein Amen gegeben: Der Bräutigam darf die Braut küssen. Daraus wird aber ein echtes Prozedere gemacht, sodass die Trauzeugen (die immer mit einem Tuch zum Schweißabwischen bereitstehen) kräftig zu tun haben. Nach etwa fünf Minuten Antäuschen, Schleier heben, wieder Antäuschen, kommt dann doch tatsächlich noch ein Kuss. Sogar mit Wiederholung. Seltsam kommt sich die braut da schon vor, kein wunder, wenn die halbe Verwandtschaft mit Kameras und Fotohandys keine fünf Meter entfernt steht und die andere Hälfte danach ein riesen Gejohle einstimmt... Anschließend spielt die Band in der Kirche erstmal wieder Musik und alle Gäste werden zum Tanzen aufgefordert. Das passiert aber nicht ohne Grund. Der ganze Spaß hier ist schließlich teuer und daran werden alle erinnert, bevor eine art Urne auf Rädern vorn hingerollt wird, worum dann alle tanzen müssen... und wehe man wirft kein Geld rein (natürlich werden 5-Cedi-Scheine besonders gern gesehen). Nach dem Tanzen wird's etwas ruhiger, weil das Paar die Heiratsurkunde unterschreiben geht. Seth führt mich zu Eric und seinen zwei andern Freunden raus, die mir erklären, wie man hier „richtig“ Groundnuts, also Erdnüsse, isst und dass wir anschließend noch zu einem anderen Ort zur eigentlichen Feier fahren. Die ganze Zeremonie scheint dann auch schon beendet zu sein, weil alle Gäste auf dem Platz nach ihrer Mitfahrgelegenheit bzw. einem Taxi Ausschau halten und die ganzen Plastikstühle auf einen großen Laster gestapelt werden und zur Taverne gebracht werden. Die liegt ein wenig außerhalb von Swedru. Erinnert fast ein bisschen an eine typisch deutsche Kleingarten-Kolonie. Da stehen dann auch schon die Canopys bereit und zeitgleich mit uns kommen auch die Plastikstühle. Die restlichen Gäste, alle in den tollsten ghanaischen Stoffen mit irren Schnitten gekleidet, organisieren sich also ihre Sitzgelegenheiten und verlangen (wie's hier so gastgeberisch Sitte ist) auch schon bald ihr gutes Guiness Bier. Die Band spielt also in der Wartezeit die ewig gleichklingende High-Life-Musik und die teilweise recht üppigen Damen erheben sich und umtanzen den Bräutigam. Leider zieht sich der Beginn des eigentlichen Programmstarts so ewig hin, dass ich nur noch das Korkenknallen der Trauzeugen mitbekomme, bevor ich mich auch schon auf den Weg zum Ajumako Trotro machen muss, das nach sechs, wenn's dunkel wird, nicht mehr fährt. Ich erwische es grad noch und bin ganz erfüllt von alle der Freude und der Fröhlichkeit, die die Menschen um mich herum den ganzen Tag ausgestrahlt haben. All das Gesinge und Getanze war ein echtes Schauspiel, sodass ich mir sicher bin: Auch wenn das Projekt hier nicht so spannend ist, die Feste sind es allemal!