Israel auf Persisch V: Yazd - Ein Tag in der Wueste
Monate der gewissenhaften und bis ins kleinste Detail ausgetüftelten Planung liegen hinter mir, denn ich habe eine aussergewöhnliche Reise unternommen: 2 Wochen Iran! Aber damit nicht genug - meine nächste Destination war ausgerechnet Israel...
Die Fahrt nach Yazd verbrachten wir ob der fruehen Stunde und kurzen Nacht fast ausschliesslich schlafend in dem - wieder einmal - voellig ueberheizten Bus. Leider schienen bei der sechsstuendigen Fahrt keinerlei Pausen eingeplant, weshalb wir den Fahrer bei einem kurzen Stop in der Naehe einer Moschee dazu noetigten, auf uns zu warten, waehrend wir deren Waschraeume aufsuchten. Ohne irgendeine Aussage ueber Religion treffen zu wollen - die Tatsache, dass jede der vielen Moscheen im Iran solche Oertlichkeiten besitzt, war fuer uns Reisende von enormem Vorteil.
In weiser Voraussicht hatten wir Betten im beliebtesten Hostel telefonisch reserviert, und tatsaechlich waren die Mehrbettzimmer bereits ausgebucht, als wir ankamen, und weitere Gaeste wurden auf das gegenueberliegende Partnerhostel verwiesen. Zum ersten Mal waren wir hier mit dem touristischen Iran konfrontiert - im ueberdachten Innenhof sassen fast ausschliesslich europaeisch aussehende Reisende, und unser Zimmer teilten wir uns mit einem Chilenen, einem Deutschen und drei Skandinaviern. Doch da der Iran nicht die typische Destination fuer einen Wochenendtrip ist, hatten alle interessante Geschichten zu erzaehlen. Wie reisefreundlich das Land doch eigentlich ist, fiel uns hier zum ersten Mal auf.
Nach einem Begruessungsgetraenk zogen wir los in die Altstadt, das Herz des Wuestenortes. Nach den doch eher winterlichen Temperaturen in Teheran und den nur leicht fruehlingshaften in Esfahan freuten wir uns ueber 25 Grad im Januar (und holten uns direkt einen kleinen Sonnenbrand). Die verwinkelten Gassen und alten Haeuser enttaeuschten uns allerdings ein bisschen - ganz eindeutig war dieser Ort auf Touristen zurecht geschnitten, die in moeglichst kurzer Zeit etwas geboten bekommen wollten. Die Jame-Moschee ("Jame" bedeutet uebrigens soviel wie Versammlung) in direkter Hostelnaehe war allerdings wirklich beeindruckend.
Zum Mittagessen liessen wir uns wieder zu einem Saft und Mais nieder; diesmal dauerte aber die Bestellung allein schon mehr als eine halbe Stunde, da die Verstaendigung zu wuenschen uebrig liess und es dem Mann einfach nicht in den Kopf wollte, welche Fruechte wir in unseren Saeften haben wollten. Mit Hilfe eines Studenten schafften wir es schliesslich und erlaubten dem Mann grosszuegig, uns ein bisschen zu viel zu berechnen.
Wir zogen weiter in Richtung Amir Tschachmak Platz, der im Fruehling sicher auch schoener war; auf dem angrenzenden Markt konnten wir uns allerdings gruendlich mit den beruehmten iranischen Suessigkeiten eindecken, fuer die Yazd unter anderem beruehmt ist. Neben Gaz (einer Marshmallow-aehnlichen Masse aus Pistazien) gab es auch Sohan, eine Art karamelliger harter Keks, und sogar eine Kombination aus beiden. Dazu viele verschiedene Kekse und Gebaeck, haeufig mit dem Nationalgewuerz Safran veredelt und gefaerbt. Baklava und verschiedene Marmeladen und Pasten rundeten das Bild ab. Wir probierten viele verschiedene Koestlichkeiten und kauften eine weitere Portion Souvenirs fuer Zuhause.
Dass es sich bei Yazd um ein wichtiges Zentrum des Zoroastrismus handelte, bemerkten wir bei unserer Tour allerdings leider nicht. Wohl fanden wir das Symbol haeufig abgebildet; dieses war uns in vielen anderen Staedten aber auch bereits begegnet. Das so genannte Faravar zeigt eine menschliche Figur mit Adlerkoerper, der Weisheit und Fortschritt symbolisiert. Das Motto lautet: "Gutes denken, Gutes reden, Gutes tun". Zoroastrismus spielt nach wie vor eine grosse Rolle in der (spirituellen) Identitaet vieler Iraner.
Den Abend verbrachten wir zunaechst mit einer Tee auf der Dachterasse der Nachbarn und schliesslich mit einem ausgiebigen Mahl im Hostelrestaurant. Im Zimmer kamen wir noch ins Gespraech mit unseren Mitbewohnern und tauschten uns ueber Erfahrungen aus. Wir hatten auch ein aelteres Paerchen aus Deutschland getroffen, die mit ihrem Fuehrer nebst Auto eine Reise der eher gehobenen Klasse unternahmen. Ich wurde ein bisschen neidisch auf unseren ebenfalls deutschen Mitbewohner, der bereits seit mehreren Monaten per Daumen in der Welt unterwegs war, also trampte. Als Frau alleine ist diese Moeglichkeit sogar mir zu gefaherlich.
Nach einem kostenlosen und sehr leckeren Fruehstueck (nebst Filterkaffee, den wir im Iran nur hier fanden), liessen wir uns zum Busbahnhof chauffieren und traten die naechste Fahrt an - die suedlichste Station unserer Reise, Shiraz, lag vor uns.