Irgendwas ist immer :) :) :)
...
Typisch estnisch sind Gesangfestivals. Alle fünf Jahre gibt es ein großes Festival, bei dem sich tausende von Estinnen und Esten versammeln, um gemeinsam patriotische und geschichtsträchtige Lieder zu singen. Beim Liederfest 2014 traten über 33.000 Sänger vor fast 153.000 Zuhörern auf. Wenn man sich mal überlegt, dass in Estland nur 1,3 Millionen Menschen leben, ist das schon eine beeindruckende Zahl. Wir besuchten im September einen kleinen Ableger dieser Tradition in Tallinn auf dem Vabaduse väljak (Freiheitsplatz).
Das „Hipsterviertel“ Tallinns, Kalamaja, bietet viele unabhängige Cafés, Kunstgalerien, Indie-Pop-Rock-Konzerte, Kurzfilmfestivals, Weinbars, etc. Leider habe es ich es noch immer nicht geschafft mich mal in diesen Teil der Stadt zu verirren, obwohl er sich nicht weit entfernt von unserer Wohnung befindet.
Vom 02.10. bis 07.10. hatte das Peeteli Besuch von der norwegischen Kirchengemeinde. Dies ist die Gemeinde der Norwegerin welche wir am 10.09. mit nach Südestland begleiten durften. Jedes Jahr im Oktober kommt diese Gemeinde nach Tallinn um auf unterschiedliche Weise im Peeteli auszuhelfen. Dieses Jahr waren es 60 Personen im Alter von 5 bis 55 Jahren. Sie helfen beim Verteilen von Lebensmittelpaketen, beim Instandhalten der Außenanlagen oder beim Putzen. Gleichzeitig haben sie Ausflüge für die Kinder geplant (z. B. Skypark oder Schwimmbad) an welchen wir ebenso teilgenommen haben. Am Tag der Anreise, am Sonntag den 02.10. fand ein kleines Event in der Peeteli Kirche dazu statt. Die Familien der Kinder aus dem Peeteli, aber auch andere Bewohner waren dazu eingeladen. Zusammen mit den Kindern haben wir schon Wochen im Voraus einen Tanz und ein Lied vorbereitet welches wir vortragen wollten. Die Kinder wollten an diesem Tag besonders glänzen und sich dazu auch schick machen denn der norwegische Besuch hatte für sie noch eine andere besondere Bedeutung -> Jedes Jahr verbringen einige der Kinder aus dem Peeteli das Weihnachtsfest in Norwegen bei ihrer Gastfamilie. Unter den 60 norwegischen Gemeindemitgliedern befanden sich nun einige dieser Gastfamilien. Demnach war die Aufregung bei den Kindern jetzt umso größer. Auch die norwegische Gemeinde hatte ein Programm vorbereitet mit verschiedenen Tänzen und Liedern. Diese Gemeinde lebt ihren Glauben, dies haben sie auch in ihrem Programm wiedergespiegelt. Es ist faszinierend wie sehr jeder einzelne von ihnen vom Glauben berührt ist und wie viel Kraft sie daraus schöpfen und wie sie versuchen dies mit anderen Menschen zu teilen. Für mich persönlich war dies eine anstrengende Woche weil ich diese Art von „Glauben leben“ noch nicht einordnen kann.
Vom 09.10. bis zum 13.10. gab es für uns ein kleines Einführungsseminar außerhalb Tallinns, in Saku. An dem Seminar haben ca. 20 Freiwillige aus ganz Estland teilgenommen. Wir waren ein bunt gemischter Haufen von Freiwilligen aus Frankreich, Russland, Polen, Ungarn, Bolivien, Italien, Deutschland… . Das Seminar war sehr informativ und hilfreich und die 5 Tage dort haben mich wirklich bereichert. In Kleingruppen wurden zum Beispiel die einzelnen Dienststellen der Freiwilligen vorgestellt. Interessant dabei war, dass man plötzlich gemerkt hat, dass man mit seinen Problemen und Schwierigkeiten nicht alleine ist. Man hatte die Möglichkeit sich gegenseitig auszutauschen und gemeinsam an Lösungsansätzen zu arbeiten. Auch gab es noch einmal eine sehr interessante Dokumentation über die Geschichte Estlands und den Weg hin zur Unabhängigkeit. Zugleich haben wir uns intensiv mit der estnischen Kultur und den Charaktereigenschaften der Esten auseinandergesetzt. In Gruppen sollten dazu kleine Präsentationen erarbeitet werden, allerdings sollten wir unsere Informationen von estnischen Bürgern erhalten und diese interviewen. Die daraus resultierenden Präsentationen waren wirklich klasse. Aber auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Person, mit Zielen und Erwartungen an uns selbst für unseren Freiwilligendienst, war ein großes Thema. Diesen Punkt empfand ich persönlich als sehr wichtig. Wann setzt man sich schon mal wirklich hin und denkt darüber nach was man in diesem Jahr erreichen will. Denn sobald einen hier der Alltag eingeholt hat, nimmt man sich dafür keine Zeit mehr. Dabei ist es so wichtig, denn dieses Jahr haben wir nur einmal. Ein Jahr was uns einfach so viele Möglichkeiten bietet. Aber auch all die Kontakte die man hat knüpfen können in diesem Seminar konnte man mit nach Hause nehmen. Inzwischen sind wir bereits eine große Community. Gemeinsame WG-Partys, kulturelle Abende, Konzertbesuche (z. B. Flamenco) oder Sprachveranstaltungen die man gemeinsam besucht, sind dann eine schöne Abwechslung zum Arbeitsalltag. Da nicht alle Freiwilligen in Tallinn wohnen, besteht nun auch die Möglichkeit sich einfach mal gegenseitig für ein Wochenende zu besuchen um auch einmal andere Teile Estlands näher kennen lernen zu können.
Vom 24.10. bis 26.10. ging es mit 2 Kleinbussen und all unseren Kollegen nach Liepāja, den südwestlichsten Punkt Lettlands. Dort besuchten wir ein Jugendzentrum. Nach einer bestimmten Vorgehensweise werden die Jugendlichen dort betreut. Dieses Programm nennt sich „Hope 21“. Jugendliche bis 21 Jahre bewegen sich innerhalb dieses Projekts. Monatlich gibt es ein zu bearbeitendes Thema um den Charakter zu formen. Dies können z. B. Themen sein wie Ehrlichkeit, Respekt, Offenheit usw. Ein Thema wird dann einen Monat lang bearbeitet. Es finden Gesprächsgruppen, sowie abwechslungsreiche und interessante Aktivitäten für die Jugendlichen statt. Ebenso werden von den Jugendlichen passend zum Thema Plakate angefertigt und aufgehängt um sich täglich damit auseinandersetzen zu können. Auch das Peeteli hat inzwischen begonnen nach diesem Prinzip zu arbeiten. Natürlich ist dies bei uns nur begrenzt möglich, weil einige der Kinder einfach noch zu klein sind um daran teilnehmen zu können. Auch Amina und ich können nicht komplett in dieses Projekt involviert werden, einfach aufgrund unserer fehlenden Sprachkenntnisse. So ist es uns nicht möglich Gesprächsgruppen mit anzuleiten. Verschiedene Aktivitäten können wir jedoch mit gestalten. Natürlich war dieser Ausflug auch wieder von dramatischen Lebensgeschichten geprägt. Wie Menschen, die unvorstellbares in ihrem Leben durchgemacht haben, dennoch die Kraft haben sich eine Organisation aufzubauen und in dieser hunderte Kinder zu betreuen, ist einfach bewundernswert.
Nach unserer Rückkehr aus Lettland stand ich vor einer neuen Herausforderung. Am Donnerstag den 27.10. habe ich mich früh um 8.30 Uhr erst mal ins Peeteli begeben um ein paar Brote zu schmieren für die Kinder. Gegen 9.00 Uhr trafen dann meine 4 Schützlinge ein. Weil sie noch sehr klein sind (5 und 7 Jahre) konnte die Kommunikation nur auf Russisch erfolgen. Meine Aufgabe an diesem Tag war es mit ihnen ins Schwimmbad zu gehen und im Anschluss mit ihnen einen russischen Trickfilm im Kino anzuschauen. Im Schwimmbad angekommen sind wir schon mal ohne Zwischenfälle. :) Auf der schwarzen Rutsche war wohl ICH diejenige die am lautesten geschrien hat. :) Ja, ich habe Panik davor und das nicht zu knapp. Aber „nein“ zu sagen wäre UNCOOL :) ! Nachdem ich die kleinen Wasserratten dann endlich davon überzeugen konnte sich jetzt in die Umkleiden zu bewegen war es inzwischen schon fünf vor zwölf und wir mussten uns wirklich beeilen. In Richtung Kino bin ich erst mal 1000 Tode gestorben weil den kleinen plötzlich einfiel mich ein bisschen zu testen. Quer über die Straße zu rennen oder in Gebäuden zu verschwinden hat ihnen Spaß gemacht. Verbal konnte ich mich leider nur schlecht dagegen währen da mir das passende Vokabular fehlte, und genau das wussten sie. Ich hatte einfach ständig Angst gleich würde unvorhergesehen ein Auto um die Ecke rasen und eines der Kinder erfassen. Gott sei Dank blieb das jedoch aus. Im Kino angekommen war ich froh, dass ich irgendwann mal alle auf ihre Sitze verfrachten konnte. Nachdem sie ihre Brote verspeist hatten und die ersten 30 Minuten des Filmes vorüber waren, wurde ihnen langweilig. Drei Mal wurde nun aus dem Kinosaal gerannt und zwischendurch mit mir Verstecken gespielt. Im Großen und Ganzen war es ein wirklich schöner Tag mit den kleinen, zu sehen wie sie lachen und wie viel Spaß sie einfach hatten. Natürlich möchten sie sich auch ein bisschen ausprobieren und schauen wie weit sie gehen können. Vielleicht muss ich in solchen Situationen einfach noch lernen überzeugender zu wirken wenn ich etwas verbiete. Es war auf jeden Fall eine interessante Erfahrung für mich denn ich hatte es mir doch ein bisschen einfacher vorgestellt. Alleine schon alle wieder ordentlich anzuziehen bevor sie aus dem Gebäude stürmen bei der Kälte ist eine Kunst. Denn warten ist ein Fremdwort.. :)
Vom 27.10. bis 31.10. hatte ich dann meinen ersten Besuch aus Deutschland – Hubi !!! :) Am Freitag durfte er gleich mal einen 9-Stunden-Arbeitstag mit erleben. Wir hatten Gäste aus Norwegen und ein kleines Event. Es gab also viel zu tun. Mit den Kindern hat er sich auf Anhieb super verstanden, was ich einfach total toll fand. Das Wochenende haben wir damit verbracht Tallinn noch ein bisschen näher kennen zu lernen. Auch eine kleine Halloweenparty in der WG von Mitfreiwilligen haben wir mitgenommen. Und dann war auch schon wieder Montag...
Auch der zweite Besuch ließ nicht lange auf sich warten. Der liebe Thomas aus Dresden hat vom 11.11. bis 14.11. den Weg nach Tallinn gefunden. Zusammen setzten wir am Samstag mit der Fähre nach Helsinki über, wo wir 2 Nächte verbrachten. Eine Stadt in der ich mich sehr wohl gefühlt habe. Vor allem wenn es dunkel wird strahlt sie nochmal in einem ganz anderen Licht. Alle Sehenswürdigkeiten sind entspannt zu Fuß zu erreichen. Natürlich ist Helsinki aber auch eine sehr teure Stadt. Ein Grund warum viele Finnen oft nach Tallinn übersetzten um sich z.B. mit Alkohol einzudecken. Schneller als man schauen konnte war aber auch dieses Wochenende wieder vorbei.
Aktuell dreht sich bei uns im Peeteli alles um die Weihnachts-Event Vorbereitung. Die Kinder werden ein kleines Theaterstück zu Disneys „Frozen“ aufführen. Auch Amina und ich dürfen bei diesem Event mitwirken. Amina wird einen Teil eines Liedes auf dem Klavier begleiten und ich werde gemeinsam mit dem norwegischen Freiwilligen ein norwegisches Lied auf der Gitarre vortragen und dazu singen. Ich finde es sehr schön, dass wir unsere Fähigkeiten hier mit einbringen dürfen. Auch gestern wurde wieder fleißig geübt. Das Stück ist einfach jetzt schon total süß. Natürlich wird es auch Kostüme geben, die wir allerdings alle selbst anfertigen. Vor ein paar Wochen haben wir große Mengen an Stoffen besorgt welche wir sehr günstig ergattern konnten. Auch das Bühnenbild nimmt so langsam an Gestalt an. Man kann einfach aus simplen Materialien so viele schöne Dinge herstellen. Genau das habe ich in meinem alltäglichen Berufsleben in Deutschland ein wenig verloren – meine Kreativität.
An dieser Stelle wollte ich kurz anmerken, dass ihr euch zu jeder Zeit frei fühlen könnt eure Gedanken zu meinen Erfahrungen hier zu kommentieren. Gern könnt ihr euch auch persönlich an mich wenden bei Dingen, die euch komisch vorkommen oder ihr nicht ganz nachvollziehen könnt. Gern beantworte ich all eure Fragen. Meinen Aufenthalt hier, all das Erlebte und meine Gefühle kann ich nur geringfügig in meinen Einträgen hier wiederspiegeln. Wenn man da nicht selbst direkt dabei ist, können manche Dinge vielleicht wirklich einfach nicht ganz nachvollziehbar sein für den einen oder anderen. Aus diesem Grund - fragt einfach wenn euch danach ist :)
Eure Maria :)