"How to reorganize the Baltic states" - Russische Propaganda im Baltikum?
Propaganda – Dieses Wort erinnert an dunkle Zeiten, an Krieg und Massenmanipulation. Auch heute ist das Wort wieder häufiger im Umlauf, vor allem im Kontext internationaler Politik. Wie moderne Propaganda angewendet wird, soll hier am Beispiel der baltischen Staaten erklärt werden.
"The Balts to this day are conducting an ethnocide against the Russian people." So beginnt ein Artikel der Website SputnikPogrom (sputnikipogrom.com/empire/baltic-states/68062/plan-for-baltics/#.WNOGaaIpDIX ), einer pro-russischen News-Website – Er beschreibt detailliert, wie die russische Regierung die baltischen Staaten Estland, Lettland, Litauen aufspalten will und unter seinen Einfluss bringen will. Selbstverständlich sind dies keine offiziellen Statements Moskaus, sondern populistische Meldungen, aber sie verfolgen ein bestimmtes Ziel: Eine falsche Narrative zu schaffen.
Und dazu benötigt es nicht einmal offizielle Nachrichten oder belegbare Fakten, wenn FakeNews nur oft genug geteilt und wiederholt werden, gewinnen sie an Kredibilität. Und das ist gefährlich: Es wird eine Narrative geschaffen, die den baltischen Staaten ihr Existenzrecht abspricht. So werden verschiedene Regionen in beispielsweise Litauen zu eigentlich belarussischen Städten erklärt und die russischen Minderheiten zu Unterdrückten des Westens.
So ruft dieser Artikel zu einer Art Freiheitskampf auf, bis zur "Unabhängigkeit" dieser Regionen, beziehungsweise zu ihrer Eingliederung in die russische Einflusszone. In dieser Art und Weise produzieren FakeNews Instabilität, sie erschüttern die Identität vieler Menschen in Grenzgebieten und verhindert die nationale Integration. In diesem Sinne sollen auch bereits existierende regionale Projekte wie beispielsweise LatGale in Lettland oder Vilno Kray in Litauen unterstützt werden, die auf kulturelle Unabhängigkeit pochen und ihre Nähe zu Russland demonstrieren.
Die Menschen in diesen umkämpften Gebieten werden zu Spielbällen der Mächte: Sie werden von beiden Seiten mit stark subjektiven Nachrichten beschallt, sodass Wahrheit zu einer Frage der Perspektive wird. Sie werden mit der Siedlungspolitik Teil des machtpolitischen Kalküls, und sogar auf inter-ethische Paare wird spekuliert: Da circa 20% der Menschen des Baltikums mit anderen Ethnien, häufig russischsprachigen, verheiratet sind, sieht SputnikProgrom großes Potential darin, so die Nationen zu spalten. Auf der anderen Seite werden russische Minderheiten in manchen Regionen unterdrückt, und teilweise wird ihnen der Gebrauch des Russischen verboten.
Und genau darin liegt meiner Meinung nach die größte Gefahr: Mit der Polarisierung der Staaten zwischen West und Ost wird die demokratische Kultur letztlich wirklich geschwächt. Anstatt sich gegen Russland und den Osten zu definieren wäre es notwendig, eine eigene integrative Identität zu schaffen – Und gegen eine starke Demokratie mit effizienten Institutionen können auch die drastischten FakeNews nichts anhaben, sie schaffen es auch, Minderheiten mit ihren Sprachen in die Gesellschaft zu integrieren.
Estland, Lettland und Litauen befürchten eine Entwicklung wie in der Krim und im ukrainischen Donbass, wo russische Minderheiten zum Vorwand für Annexionen genommen wurden und das Land in einen kriegsähnlichen Zustand verfallen ist. Zurzeit erscheint die Situation besonders brenzlich, weil es Meldungen gab, nach denen Russland weitere Truppen in Weißrussland stationieren wird, nah an den Grenzen zum Baltikum (.https://www.nytimes.com/2017/07/31/world/europe/russia-military-exercise-zapad-west.html). Mit der Enhanced Forward Presence hat die NATO auch bereits auf diese sich zuspitzende Situation reagiert, was Russland wiederum als Provokation aufgefasst hat...
Eine Esklation dieses Konflikts hätte verherenden Folgen, da dies einen Krieg zwischen Russland und seinen Partnerstaaten und den NATO-Staaten erzwingen würde - Deswegen ist es umso wichtiger, jetzt an friedlichen Lösungen zu arbeiten: Die Demokratien und die politische Kultur im Baltikum stärken um sie unempfänglich gegenüber Propaganda und FakeNews zu machen, den Dialog mit Russland suchen und diplomatisch verhandeln aber vor allem die Minderheiten schützen, die von der Krisensituation betroffen sind.
Zu empfehlende Website: http://www.stopfake.org/en/news/