Homosexualität in Irland
Seit dem November 2015 sind homosexuelle Ehen in der Republik Irland per Gesetz legal. Wie kam es dazu, wo Irland doch ein tief katholisches Land ist?
Als ich im August hier in Irland ankam war die Entscheidung schon fast getroffen – ab spätestens November dürfen auch gleichgeschlechtliche Paare heiraten, richtig heiraten, und nicht nur eine Lebenspartnerschaft führen. Bis zum Jahre 1993 war Homosexualität noch ganz verboten. Im Jahr 1993 wurde es legal. Seit den 1970er Jahren gibt es in Irland eine Lesben- und Schwulenbewegung. Employment Equaly Act und Equal Status Act schützen Homosexuelle vor Diskriminierung. Dieser Sachverhalten ist etwas ironisch, wenn man bedenkt, dass Irland als streng katholisch gilt. Was hat also die Republik Irlands dazu veranlasst einen so großen Schritt in Richtung Gleichberechtigung zu wagen? Das Land erkannte bis 1997 nicht mal die Scheidung an, wenn sie vom Vatikanstaat selbst durchgeführt wurde. Der Kirche steht in Irland faktisch circa die Hälfte der Macht zu. Selbst beim Eintritt Irlands in die EU als Modernisierungen anstanden, verlor die Kirche niemals ihr Mitbestimmungsrecht. Genauso wenig wie die Regierung an der Kirche vorbei gingen, gingen auch die Missbrauchsskandale nicht an der irischen Kirche vorbei. Die Gesellschaft ist dadurch in ihren Grundfesten erschüttert wurden. Wie kann man noch hundertprozentiges Vertrauen aufbringen, wenn man weiß, dass sich Hunderte Priester an kleinen Kindern vergingen? Dazu kamen noch fast gleichzeitig die Unzufriedenheiten mit den regierenden konservativen Parteien. Die irische Bevölkerung reagierte. Die Gesellschaft änderte sich. Schwulenkampagnen, z.B. „The Castle – Joe Caslin“ treffen auf 60-70 % Befürworter unter der irischen Bevölkerung. Sogar Kopf der konservativen Parteien steht völlig hinter dieser. Seit 2011 sind eingetragene Lebenspartnerschaften legal, was auf rund 84 % Befürwortung der irischen Bevölkerung stößt. Der Weg hierzu dauert jedoch 4 Jahre.
Und dann 2015, am 22. Mai fand in Irland ein Referendum statt, bei dem alle Wahlberechtigten – einige von ihnen sogar extra angereist – ihre Stimme im Rahmen einer Volksabstimmung abgeben durften. Diese Abstimmung dauerte 15 Stunden und das Ergebnis war eine Verfassungsänderung und die Erlaubnis für gleichgeschlechtliche Paare eine Ehe zu schließen. Endgültig verabschiedet wurde das ausführende Gesetz am 22. Oktober 2015. Auch wenn alle Umfragen zu diesem Thema ergeben, dass die deutliche Mehrheit des irischen Volkes für eine Eheschließung von gleichgeschlechtlichen Partnern stimmt, gibt es dennoch einen Teil, der damit nicht einverstanden ist. Weitere Umfragen ergeben nämlich auch, dass trotz allem rund 80 % homosexueller Paare über verbale Attacken klagen, 25 % sogar über körperliche Gewalt. Heutzutage werden Homosexuelle trotzdem noch als „Bürger zweiter Klasse“ abgestempelt. Ich denke, wir sind also noch nicht ganz bei Normalität angekommen, auch wenn wir hier schon einen riesigen Fortschritt gemacht haben. Immerhin ist Irland erst das 20. Land, das homosexuelle Ehen gesetzlich erlaubt.