Genaues Planen?? Hier besser nicht!
Nach einer Woche voller Arbeit, Überraschungen und vielen schönen Eindrücken bin ich nun auch um eine Erfahrung reicher.
11./12.10.2010:
Die ersten beiden Tage dieser Woche verbrachte ich hauptsächlich im Büro. Ich beschäftigte mich mit einer Informationstafel über die hier lebenden Vögel. Die Tafel stand im Hof der Parkverwaltung, also sozusagen im “Freilichtmuseum” des Parks.
(An dieser Stelle vielleicht mal eine kleine Begriffsklärung: Mit “Park” meine ich zumeist das Bürogebäude des Naturparks, in dem sich auch das Besucherzentrum befindet, sowie einige Informationstafeln im Hinterhof).
Zu den gezeigten Vögeln fehlten allerdings noch die Etiketten. Diese begann ich zu entwerfen und mir zu überlegen, wie man die an der Tafel befestigen könnte.
Am Montagnachmittag stand nur noch ein kurzer Ausflug mit dem deutschen Freiwilligen Kai auf einen Berg (Pionerskaja Sopka) neben Esso an. Kai wollte dort ein paar Aufnahmen für sein Dokumentationsfilmprojekt machen.
Auf dem Weg nach oben dachten wir, das wir nicht den richtigen Weg gefunden hatten, denn wir waren nur auf einem rutschigen und steilen Matschpfad unterwegs und glaubten nicht, dass das ein Wanderweg ist.
Deshalb, und weil der weg für den Abgang zu gefährlich wäre (Rutschgefahr), suchten wir dann vom “Gipfel” aus einen neuen weg. Natürlich fanden wir keinen, da wir ja den richtigen Weg schon hochgekommen waren. So gingen wir dann halt durch das Gelände nach unten. Was wahrscheinlich teils nicht weniger gefährlich war als der Matschweg, da auch die Offroadstrecke sehr steil war.
Aber wir kamen dann heil wieder unten an und hatten lediglich lila Finger von den leckeren Heidelbeeren, die wir am Wegesrand pflückten und verzehrten.
Schon am Montag wurde den Volontären aufgetragen, dass man demnächst zu einem nahen See laufen solle, um den Weg dorthin und die Informationsstationen an diesem auf ihren Zustand zu kontrollieren, d.h. überprüfen ob irgendetwas neu gemacht werden musste, ob Müll am Weg liegt etc.
Wir Freiwilligen beschlossen dann dies am Dienstag zu tun.
Ebenso wurde mir von Judith, meiner Tutorin, gesagt, dass sie mir und einem anderen Freiwilligen am Mittwoch das örtliche ethnografische Museum zeigen wollte und anschließend noch mit mir bei einer Kunsthandwerkerin vorbeischauen wollte.
Das hörte sich ja schon ziemlich gut an. Ich hatte die halbe Woche schon Programm und dachte zu wissen was mich erwarten würde.
Am Dienstagmorgen dann wurde mir von den anderen Freiwilligen offenbart, dass man den Kontrollgang zum See auf Freitag verschoben habe. Naja, also Rucksack umsonst gepackt.
Am Nachmittag kam dann irgendwann einer der Parkinspektoren (Pjotr Petrovitsch) zu mir und fragte mich, ob ich morgen Zeit hätte, mit ihm zum Kardon zu fahren und dort zu arbeiten. Ich meinte dann, dass ich da eigentlich mit Judith unterwegs sei. Da das Wetter am Mittwoch eh nicht so dolle werden sollte, meinte er, dass wir dann am Donnerstag gehen würden. Da dachte ich: “ist ja Prima!” Am Mittwoch Museum und Kunsthandwerkerin, am Donnerstag Arbeit am Kardon und am Freitag dann Kontrollgang zum See. Die Woche schien also bis zum Freitag durchgeplant zu sein.
Mittwoch, 13.10.2010:
Am Mittwoch stand ich dann nichts ahnend mit der Zahnbürste im Mund im Bad als der bei uns im Haus wohnende Inspektor zu mir kam und mir sagte, dass Pjotr Petrovitsch mich in einer halben Stunde abholen würde, um ans Kardon zu fahren. Nanu?? Heute? Ich dachte morgen, naja also schnell Arbeitshose und warme Klamotten anziehen. Dann warten bis Pjotr kommt. Als er dann kam die nächste Überraschung: Er kam alleine mit dem Quad, ich dachte er kommt mit dem LKW und ich könnte dann im Führerhaus Platz nehmen. Da dem aber nicht so war, rannte ich noch mal schnell in mein Zimmer, um noch schnell meine warmen Handschuhe zu holen. Als ich dann vor Pjotr Petrovitsch stand hatte ich aber das Gefühl immer noch zu wenig an zu haben, denn er trug zusätzlich zu seinen normalen Klamotten eine Daunenjacke, eine gefütterte Pilotenmütze, wie man sie aus dem zweiten Weltkrieg kennt und extra dicke Handschuhe. Scheinbar hatte er dasselbe Gefühl, denn er fragte mich noch, ob ich den warm genug angezogen wäre. Ich meinte dann, dass würde schon gehen und fummelte noch schnell die in meiner Jacke integrierte Mütze aus, damit ich gegen den Fahrtwind geschützt sein würde.
Da der Beifahrer auf dem Quad mit dem Rücken zur Fahrtrichtung sitzt, war die Fahrt noch erträglich, da mir der Fahrtwind nicht ins Gesicht blies. Ansonsten ist so eine Fahrt auf dem Quad recht amüsant, wenn man die zum Kardon übliche „Panzerteststrecke“ fährt.
Am Kardon selbst musste ich dann einige Holzbretter entrinden, damit diese für eine Brücke am Kardon verwendet werden konnten. Nachdem diese Brücke dann gebaut war, ging es dann wieder auf dem Quad zurück nach Esso, diesmal bei Dunkelheit.
In Esso angekommen, fragte mich Pjotr Petrovitsch, ob ich morgen wieder ans Kardon wollte zum arbeiten. Ich erwiderte mit ja. Dann sagte er mir, dass ich mit meinem Kollegen Sergej hinlaufen müsste. Laufen? Na gut, jetzt haste schon zugesagt und so weit ist es ja nicht, außerdem ist es eine recht schöne Strecke zum wandern.
Beim Abendessen offenbarte mir Sergej dann, dass er erst am Freitag zurückkommen werde, also einmal dort übernachten werde. Aha. Da kommt ja immer noch was dazu. (Tatsächlich ist Sergej dann erst am Sonntag gekommen).
Als ich meiner Tutorin von dem Vorhaben berichtete und Kai davon erfuhr, schloss er sich mir und Sergej an. Das war mir sehr willkommen, das ich somit nicht alleine mit Sergej und dem Kardoninspektor (der übrigens auch Sergej heißt) zwei Tage verbringen musste und Kai um einiges besser Russisch konnte als ich.
Donnerstag, 14.10.2010:
Nachdem ich mit Kai am morgen noch schnell ein paar Dinge zum Essen eingekauft hatte (das ich etwas zum Essen mitnehmen musste, erfuhr ich übrigens nur, da ich noch mal nachgefragt hatte, obwohl es eigentlich am Kardon Essensvorräte für die dort arbeitenden Leute gibt. Aber sicher ist sicher), liefen wir los.
Nach einem Marsch in Gummistiefeln von ca. 3 Stunden inklusive einem kleinen Umweg über einen Aussichtspunkt kamen wir am Kardon an.
Natürlich fingen wir nicht sofort an zu arbeiten. Schließlich war es Mittagszeit und somit gab es erstmal einen Tee und etwas zu Essen. Danach wurde mir und Kai dann unsere Arbeit gezeigt. Diese bestand darin, dass wir das Brennholz, das ich die Woche zuvor mit den Parkmitarbeitern gesägt hatte, mit der Axt und ausreichend Muskelkraft so spalten. Dies taten wir bis es dunkel wurde (ca. 19.00 Uhr), unterbrochen nur von einer Pause mit Tee und einer warmen Mahlzeit. Obwohl diese Arbeit teils anstrengend war, hatte sie einen eindeutigen Vorteil: Mir wurde trotz leichten Minusgraden nicht kalt.
Am Abend saßen wir vier (Kai, ich, Sergej der jüngere und Sergej der ältere (also der Kardoninspektor)) dann in der Wohnhütte des Kardons und die Russen unterhielten sich über vieles von dem ich beinahe nichts verstand und Kai nur wenig.
Freitag, 15.10.2010:
Am Freitag, nach einer Nacht im Schlafsack auf Rehntierfellen, begonnen Kai und ich den Tag mit einem kleinen Spaziergang rund um das Kardon, denn die beiden Russen schliefen noch. Als wir wieder am Kardon waren, stand dann aber schon der Tee bereit.
Den Arbeitstag starteten wir dann mit dem anbringen von Funierplatten an der Decke der Wohnhütte. Danach ging es dann wieder zum Hackklotz. Um ca. 16.00 Uhr wurde Kai und mir gesagt, dass wir für heute genug gemacht hätten und jetzt reinkommen sollten und einen Tee trinken sollten. Nachdem wir dann ungefähr eine Stunde in der Hütte saßen, beschlossen Kai und ich noch mal raus zu gehen und noch Holz zu hacken. Warum wundert ihr euch?? Nur weil es in der Hütte nicht sonderlich warm war und man sich beim arbeiten wenigstens warm halten konnte.
Da am Freitagabend die Sauna des Kardons angeheizt wurde, beschlossen Kai und ich noch einen Tag länger zu bleiben. So konnte ich dann meinen ersten russischen Saunaabend mitmachen.
Wochenende, 16/17.10.2010
Nach einer weiteren Nacht auf Rentierfellen ging es am Samstagmorgen für mich und Kai bei Sonnenschein und Minusgraden zu Fuß zurück nach Esso.
Am Sonntag lud mich Judith auf eine Wanderung ein. Obwohl ich eigentlich keine große Lust hatte, da ich eigentlich die letzten Tage genug gelaufen und gearbeitet hatte, ließ ich mich überreden. Im Nachhinein muss ich sagen, dass dies kein Fehler war.
Wir liefen gegen 11 Uhr los. Die Tour führte uns ein Flusstal entlang. Dieses sollte uns eigentlich zu einem Berg führen. Da der Weg bisher jedoch noch nicht als Wanderroute erschlossen war, kamen wir nicht bis dorthin. Denn wir fanden die Furt über den Fluss nicht, die es angeblich geben sollte, nicht. Da brachte es auch nichts mehr, dass wir uns noch mit unseren Gummistiefeln am Flussufer entlang pirschten und fürchten mussten, dass jemand von unserer Gruppe in den kalten Fluss fiel.
Gegen 18.00 Uhr kamen wir dann aber wieder alle wohlbehalten in Esso an.
So steckte diese Woche voller Überraschungen und ich weiß nun, dass man hier nicht wirklich genau planen kann und immer damit rechnen sollte, dass man plötzlich die Nachricht bekommt, dass man in wenigen Minuten irgendwohin mitgenommen wird. Wenn man dann schon den Rucksack mit den alten Klamotten zum Arbeiten im Büro stehen hat, kann man diesen Überraschungen vielleicht gut entgegentreten.
Bis demnächst
David
Bis demnächst
David