Feiern, feiern, feiern
DoroLs Wohnung wurde in ein Königreich umfunktioniert. Jetzt darf jeder mal regieren und die Feiertage bestimmen. Gefeiert wird in Litauen ziemlich oft.
...und wenn man keinen Grund hat, dann sucht man sich eben einen! Ja, so machen wir das hier in Litauen.
Gestern zum Beispiel war der Geburtstag von "Citrina und Gelita" (Zitrone und Blümchen), eine "Organisation für mehr Spaß, Freundschaft und Blabla" (auf Litauisch heißt sie anders ;)) in unserem Zentrum, gegründet von Christina (Citrina, weil eine Behinderte ihren Namen immer so ausspricht) und Laura (Gelita, ohne Begruendung). Und der musste natürlich gefeiert werden. Als ich nichtsahnend ins Büro gegangen bin, um Geld zum Einkaufen zu holen, saßen alle um einen Tisch mit Torte und fingen auf einmal an Su Gimtadiene (zum Geburtstag viel Glück) zu singen. Ich hab mich natürlich schnell dazugestellt und kräftig mitgesungen, man will schließlich nicht unhöflich sein, tja, und dann wurde ich aufgeklärt, dass niemand wirklich Geburtstag hat, sondern eben nur diese "Organisation". Nun gut. Abends sind wir dann in eine Bar gegangen und haben noch ein bisschen gefeiert und getanzt. Mein erster Abend allein unter litauischen Mädchen... ;)
Davor ist aber noch einiges anders passiert. Wir waren mit dem Projekt auf einem Konzert und einer Art Preisverleihung für Aktionen für Behinderte, wie zum Beispiel eine Musikgruppe, in der auch einer aus unserer Gruppe ist, sie haben einen Preis gewonnen und hatten außerdem einen Auftritt und da sind wir natürlich hin. Also war ich zum ersten Mal in der Siemens Arena, hier finden auch immer die Basketballspiele statt, ziemlich großes Ding. Positiver Nebeneffekt vom Konzertbesuch: Wir haben erst um elf Uhr angefangen... ich konnte laaange schlafen...
Das Konzert war sehr witzig, ich habe seehr berühmte litauische Sänger sehen dürfen, es war wirklich ein interessantes Erlebnis. Zum Beispiel den dritten Sieger bei Litauen sucht den Superstar. Überwältigend. Das Tollste war aber, dass wir alle nach unten gegangen sind und getanzt haben. Meine Güte, sind die alle abgegangen. Fasziniiierend. Nachdem wir uns also die Seele aus dem Leib getanzt haben, haben wir alle aus unserer Gruppe gesammelt und sind losgefahren. Nun ja, wir dachten jedenfalls, wir hätten alle beisammen... Christina und ich hatten grade die letzten abgesetzt und wollten in die Bar fahren um zu feiern, da kriegt Christina einen Anruf, dass Akvile (eine Behinderte in unserer Gruppe) sich noch in der Siemens Arena bei den Security-Menschen aufhält... Ups. Da sind wir natürlich noch mal zurückgefahren, schon klar... Alles war schon dunkel und zugeschlossen, wir mussten erst mal um die ganze Arena rumlaufen, bis wir ein offenes Türchen gefunden hatten. Tja, und da saß dann unsere Akvile quietschvergnügt im Überwachungszentrum und hat sich mit den Security-Männern über Basketball unterhalten... Jaja... Die meinten nur zu uns: Macht das nie wieder! (auf Litauisch) Und Akvile hat gefragt, ob wir jetzt Schweine (Kaule, ihr absolutes Lieblingsschimpfwort neben Durna) wären, weil wir sie vergessen haben. Nun ja, wenn man es so betrachtet... Außerdem wird sie uns, wenn das noch einmal passieren sollte, nach Frankreich schicken. Eine schlimme Strafe. Tja, an Abenteuern darf es eben nie fehlen.
Anschließend sind wir, wie eben schon erwähnt, in eine Bar gegangen und das hat es mir heute morgen extrem schwer gemacht aufzustehen. Hinterhältig! Aber die anderen waren genauso müde. :) Heute wurde direkt weitergefeiert, nämlich Olgas Geburtstag (Olga ist ebenfalls eine Sozialarbeiterin, sie macht zum Beispiel die Musiktherapie). Vormittags haben wir alles vorbereitet, Torte und Obst gekauft, Pizza und Waffeln gebacken, das Zimmer geschmückt und Geschenke verpackt und dann haben wir gegessen und gegessen und gegessen. Pizza essen ist hier wirklich ein interessantes Erlebnis, mal essen wir sie mit Blätterteig, heute gab es als Belag unter anderem saure Gurken und Bohnen... es geht alles.
Genug vom Feiern. Kommen wir zu ernsten Dingen. Mittlerweile hatte ich zwei Stunden Sprachkurs. Es wird immer besser. Hier im Projekt sprechen alle erst mal Litauisch mit mir und wenn ich dann nicht verstehe, wird’s noch mal in Englisch wiederholt, aber das ist echt hilfreich. Mit meiner Gruppe spreche ich jetzt schon richtig viel. Also gut, was heißt viel, auf jeden Fall wesentlich mehr als nur Taip und gerai, gerai. Ich kann jetzt nämlich auch Palauk und ateik. ;) (Warte und Komm.) Auch noch mehr. Also, das wird schon.
Jetzt wartet das Wochenende auf mich, mal sehn was es zu bieten hat. Ich bleibe in Vilnius, versuche zu schlafen und all das zu machen, was ich in der Woche nicht schaffe und außerdem müssen wir mal wieder unsere Wohnung reinigen. Baah. Es gibt Schöneres. Außerdem werde ich das Wochenende dazu nutzen, einige Fotos auf eine CD zu machen (mit dem Laptop von Marianne, der Französin in meiner Wohnung) und dann werd ich sie Montag vielleicht schon hochladen können. Das wäre genial. Wir haben in unserer Wohnung übrigens ein Königreich gegründet (die Grenze ist die Tür, Einwanderer müssen Geschenke und ihren Pass mitbringen, um einreisen zu dürfen), The Kingdom of the Flat, mit eigener Sprache -Sušaa- für alle Wörter, die wir nur auf Deutsch, Französisch oder Italienisch kennen, nicht aber auf Englisch. Jeder ist eine zeitlang King und darf in dieser Zeit die Feiertage bestimmen. Unsere Nationalspiele sind Arschloch und Uno, eine Flagge müssen wir noch entwerfen. Aber sonst geht’s uns wirklich gut, doch. Damit verabschiede ich mich für heute, mein Bett wartet. ;)