Europa in einem Land
Meine Zeit in England glich einer Reise durch ganz Europa, berichtet Svenja. Sie ist ziemlich schnell in die internationale Clique reingewachsen und hat festgestellt, dass aus losen Bekanntschaften bemerkenswert schnell enge Freundschaften werden können.
Im Januar 2003 begann ich einen Europäischen Freiwilligendienst (EFD) in England, lebte dort für sechs Monate und arbeitete in einem Tageszentrum für alte Menschen. Es war eine sehr schöne Zeit und ich sammelte wertvolle Erfahrungen. Was aber wohl die wertvollste Erfahrung war, was mich schon sehr begeistert hat und womit ich nicht gerechnet hatte, war die große Anzahl an Menschen aus vielen verschiedenen europäischen Nationen auf die ich in meiner EFD-Zeit getroffen bin. Ich denke, damit hatte ich aber auch besonders in meiner Stadt, in Yeovil, viel Glück.
Meine Zeit in England glich einer Reise durch ganz Europa (jedenfalls was die Leute betrifft). Ich habe viele nette und aufgeschlossene Menschen kennen gelernt, bin durch diese Erfahrung viel weltoffener geworden und lernte sehr viel besser die Situation junger Erwachsener mit anderem kulturellen Hintergrund zu verstehen.
Wenn es euch interessiert auf welche Leute ich gestoßen bin, solltet ihr auf jeden Fall weiter lesen.
Es begann mit dem Tag als ich ankam und meine drei Mitbewohner kennen lernte, die wenige Wochen zuvor das Haus, in dem wir sechs Monate leben sollten, eingezogen waren. Rosana kam aus Spanien, Alberto aus Portugal und Aldis aus Lettland. Aldis war zunächst sehr abweisend, sprach kaum mit mir und musterte mich eher misstrauisch. Rosana und Alberto dagegen, fragten mich alles Mögliche und luden mich gleich ein mit ihnen zu essen. Wie auch immer, jedenfalls kamen wir wunderbar in unserem 6-Zimmer Häuschen aus. Wir teilten uns Küche und Bad, aber jeder hatte sein eigenes Zimmer. Wir lebten eben wie in einer WG.
Am nächsten Tag ging es auch schon weiter. Meine Mitbewohner hatten eine Freundin aus Italien eingeladen, die in der Nähe bei einer Familie wohnte und auch einen Europäischen Freiwilligendienst leistete. Sie backt für uns typisch italienische Pizza. Später am Abend trudelten auch noch zwei Slowakinnen, ein Pole, ein Finne und ein Franzose ein. Sie hatten vor einiger Zeit einen EFD absolviert und sie hatte es danach in England gehalten, vor allem deswegen, da sie jemanden gefunden hatten...
Für mich war doch alles sehr neu und ungewohnt (vor allem weil sich der Rest der Gruppe bereits gut kannte) und zunächst saß ich einfach da und ließ mich ausfragen. Aber vielmehr als auf Fragen zu antworten wagte ich nicht. Auf der anderen Seite fand ich es sehr aufregend und fühlte mich zu keinem Zeitpunkt unwohl. Ziemlich schnell wuchs ich dann in diese internationale Clique rein.
Zwei bis drei Wochen nach meiner Ankunft war für mich und meine drei Mitbewohner ein sogenannte "on-arrival training" vorgesehen. Wir reisten mir großen Erwartungen nach Oxford. Die großen Erwartungen deswegen, da wir noch einige Bekanntschaften machen sollten. Diese Bekanntschaften waren 15 weitere an einem EFD teilnehmende Europäer/innen. Fazit: 19 junge Leute aus 9 verschiedenen Ländern: sechs Spanier, drei Österreicher, zwei Ungaren, ein Lette, eine Belgierin, eine Griechin, eine Italienerin, eine Dänin, eine Französin, ein Portugiese und eben ich.
Fünf Tage hatten wir Zeit uns und unsere Nationen kennen zu lernen, Freundschaften zu schließen, uns über Sitten und Bräuche zu informieren um zu sehen, ob Klischees stimmten oder nicht.
Aus losen Bekanntschaften wurden bemerkenswert schnell enge Freundschaften und wir blieben weiter in Kontakt und besuchten uns gegenseitig, so dass wir viele Landstriche Großbritanniens, von der Südküste bis nach Glasgow, sahen. Zudem wohnten in Yeovil noch ein paar Spanier und Portugiesen, die dort arbeiteten und vorübergehend lebten.
Im März erweiterte sich die "Familie" in unserem Haus um einen weiteren Letten und eine Französin, Gregorijs und Fatima. Gregorijs war ein völlig anderer Typ als Aldis, sehr ruhig und zurückgezogen und eher der Theoretiker wogegen Aldis eher praktisch geschickt war und gerne mit Freunden feierte. Das zeigte mir, dass ich Menschen eines Landes nicht alle über einen Kamm scheren sollte, sondern, dass sie sehr unterschiedlich sein können.
Kurz bevor ich meinen EFD beendete, musste ich mich noch einmal auf vollkommen neue Leute einstellen. Rosana, Aldis und Alberto verließen England wenige Wochen bevor ich ging und wurden Igna aus Bulgarien, Franck aus Frankreich und Ana aus Italien ersetzt. Es war sehr spannend erneut völlig andere Charaktere anzutreffen. Auch erinnerten mich meine neuen Mitbewohner stark an mich selbst. Ich konnte sehen wie sie sich in England eingewöhnten und musste daran denken, wie es sechs Monate zuvor für mich gewesen war. Es war aber auch nicht leicht, da ich Rosana, Alberto und Aldis vermisste, die für mich ja zu einer Art Familie geworden waren.
Mittlerweile bin ich seit 2 1/2 Monaten wieder zu Hause und in meinem Zimmer wohnt jetzt Nicholas aus Griechenland.
Ich kann sagen, dass der EFD mir die verschiedenen Nationalitäten und ihre damit verbundenen Kulturen näher gebracht hat. Ich habe natürlich bemerkt, dass es gewisse Unterschiede gibt. Es stimmt zum Beispiel, dass die Spanier, Portugiesen usw., eben typische Südländer, viel lachen, temperamentvoller sind und auch alles viel lockerer sehen (ja, sie sind zum größten Teil fast immer zu spät und nicht nur ein wenig) als die Nordeuropäer, die dann eher mal ihre Ruhe brauchen, nicht ständig unter Menschen sein können und sich an Termine halten.
Zum Abschluss kann ich sagen, dass die Entscheidung, einen EFD zu machen eine gute Entscheidung war. Wer internationale Kontakte knüpfen möchte, dem kann ich den EFD sehr empfehlen. Ich würde ihn auch jederzeit wiederholen. Es war eine wirklich tolle und aufschlussreiche Zeit....
Die Anlage enthält ein Foto auf dem wir ein Barbecue in unserem Garten veranstaltet haben, zu sehen sind ein Teil der Leute mit denen ich meine Zeit in England verbrachte; von rechts nach links: Johannes (Finnland), Ich, Ana(Portugal), Michaela(Slowakei), Rafal(Polen), Ricardo(Portugal), Rosana(Spanien), Gregorijs(Lettland), Juan und Cesar(beide Portugal), Oscar und Carolina (beide Spanien), Vanessa und Alberto(beide Portugal)
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