Et hät noch immer jot jejange!
...über Erfolge, Fehler, die kölsche Art damit umzugehen. Und warum ich hier genau richtig bin.
Diese Woche machte ich Bekanntschaft mit dem Waffeleisen, einer Horde schüchterner Studenten und meiner neuen Freundin „Verantwortung“. Am Dienstag fand der erste Filmabend unter meiner Organisation und Aufsicht statt. Ich wollte den chinesischen Germanistikstudenten und Deutschlernenden eine Doku zeigen, für sie Waffeln backen und anschließend ein Gespräch anregen, damit sie ihr Deutsch üben können.
Am Tag vor der Veranstaltung musste ich einkaufen gehen und die Zutaten für den Waffelteig vorbereiten. Dabei kam zum ersten Mal ein Bike-to-share in Einsatz. Es erklärte sich mir, wieso alle Fahrradfahrer so gerne die Klingel benutzen, selbst, wenn niemand vor ihnen steht, fährt oder läuft. Wo normalerweise eine Gangschaltung am Lenker sein sollte, ist beim beliebten Bike-to-share (das Sharing läuft über Apps von verschiedenen Anbietern) die Klingel. Mit großem Einsatz entsteht so eine wirklich beeindruckende Geräuschkulisse auf den Straßen.
Zurück vom Supermarkt startete ich in meiner kleinen Küche meinen ersten Backversuch. Mit Erfolg, würde ich sagen. Am nächsten Abend schleppte ich alles in den Veranstaltungsraum und backte- natürlich mit Esstäbchen zur Hand- die Waffeln frisch. Die Studenten freuten sich und aßen sie während des Films „Wacken. Der Film. Louder than hell“, den ich auf einer Leinwand zeigte. Ich freute mich sehr über einige erstaunte Gesichter und Lacher, die der Film den Studenten entlocken konnte. Dass ihre Aufmerksamkeit während der 1,5 Stunden anhielt, machte mich stolz.
Nach dem Film fragte ich sie, wie es ihnen gefallen habe, ob sie zu so einem Festival gehen würden, ob sie Fragen hätten und erzählte von meinen eigenen Festival-Erfahrungen und meinen Gedanken zu dem Film. Leider waren die Studenten wenig gesprächig und trauten sich nicht Deutsch zu sprechen, aus Angst vor Fehlern. Nur zwei Studenten, einer bereits auf sehr gutem Niveau, unterhielten sich ein wenig mit mir. Als ich merkte, dass keiner mehr etwas sagen wollte, schloss ich die Runde. Im Nachhinein riet mir einer der Studenten, die sich getraut hatten etwas zu sagen: Ich solle die Studenten doch zuerst in Kleingruppen sprechen lassen und dann müssten sie ihr Fazit präsentieren.
Für diesen Ratschlag war und bin ich dankbar. Eigentlich wollte ich nicht in diese Lehrerrolle fallen, die einen Arbeitsauftrag an die Teilnehmer richtet. Anscheinend ist das jedoch der besserer Weg, um sie zum Üben und Sprechen zu motivieren. Fürs nächste Mal weiß ich also, welche Rolle ich zu erfüllen habe.
Eine sehr neue Erfahrung machte ich auch am darauf folgenden Tag. Spontan entschied ich mich dazu, die offene Sprechstunde einer Deutschlehrerin mitzugestalten. Mit sechs Germanistikstudenten spielten wir Tabu, Wer bin ich und ein Schreib-/Malspiel. Wir haben viel gelacht, die Studenten hatten die Chance ihr Deutsch zu üben und ihre Hemmungen dabei zu überwinden. Nach 1,5 Stunden wurde die Runde geschlossen und die Sprechstunde wurde etwas ''privater''. Meine Kollegin nahm sich zwei Studenten aus dem 7.Semester an. Ich widmete mich einer Studentin aus dem dritten Semester. Sie war sehr wissbegierig, hatte sich auf kleinen Zetteln Fragen zur deutschen Sprache notiert. Zum Beispiel fragte sie mich nach dem Unterschied zwischen Vorstadt und Stadtrand, zwischen erstaunt, entsetzt, überrascht, erschrocken. Bei unserem zweistündigen Gespräch stieß ich teilweise an meine Grenzen und mir fehlten die richtigen Worte. Trotzdem war es jedes Mal ein tolles Gefühl ihr Lächeln zu sehen, wenn sie etwas verstand. Ich hatte den Eindruck, gerade wirklich sinnvolle Arbeit zu leisten. Ihr direktes Feedback motivierte mich. Deshalb tauschten wir auch unsere Nummern aus und verabredeten uns für nächste Woche.
Durch solche Gelegenheiten lerne ich mich selbst besser kennen. Ich merke, was mich begeistert und motiviert und was mir schwerer fällt. Durch meine Fehler und ehrliches Feedback aus meinem Umfeld kann ich viel lernen. Ein gutes Beispiel für einen klassischen Anfängerfehler: Heute fiel im Büro auf: „Ups, wir haben ja gar keine Fotos vom Filmabend gemacht!“ Dabei ist das eigentlich eine meiner Standardaufgaben, denn bei meinem Abschlussbericht zur Veranstaltung sollen Fotos ergänzt werden...
Mittlerweile bin ich mir sicher: Die Wahl meines Projekts und meines Arbeitsplatzes war richtig. Ich sehe meine Arbeit nicht als Arbeit, sondern als Möglichkeit meine Kreativität auszuleben, tolle Menschen kennenzulernen und ihnen Inspirationen und schöne Stunden zu bescheren. Ich habe großen Freiraum, kriege regelmäßig Feedback und habe Erfolgserlebnisse. Die Atmosphäre im Büro ist sehr angenehm und die meisten Kollegen sind sehr herzlich. Trotz Unterstützung meiner Kollegen produziere ich EIGENSTÄNDIG etwas, auf das ich am Ende zurückblicken und stolz sein kann. Das motiviert ungemein.
Fehler werfen mich manchmal zurück und ärgern mich natürlich. Ich muss im Umgang mit den Studenten noch viel lernen, bis ich sie richtig einschätzen kann. Trotz meiner Startschwierigkeiten und Herausforderungen: Et hät noch immer jot jejange! Also bleib ich am Ball und versuche die Gesprächigkeit aus den Studenten herauszukitzeln.
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